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Night Beats / Rajan – Vinyl-Review

Night Beats / Rajan – Vinyl-Review

Danny 'Lee Blackwell' Rajan Billingsley ist Texaner und gründete das Projekt Night Beats im Jahre 2009. Ok, Texaner ist nur die halbe Wahrheit, denn seine Mutter ist Inderin und wie wichtig Mütter für die Erziehung und Prägung eines Kindes sind, kann man an der Musik des Protagonisten erkennen, denn das »Land der Gegensätze« atmet schon aus einigen Noten.

Das macht "Rajan" interessant für westliche Ohren, allerdings ist es nicht so, dass die Klänge auf seinem sechsten Album für diese Ohren unbedingt ungewohnt sind. Indien – da hat ein jeder natürlich Ravi Shankar auf dem Schirm. RockTimes-Leser vielleicht auch dessen Tochter Anoushka. Und wenn wir gerade bei Shankar sind, Shenkar aka L. Shankar hat uns mit Bollywood-Weihnachten beschert. Im Regal des Rezensenten stehen noch ein paar Vinylscheiben des Biddu Orchestras, dessen Namensgeber Biddu Appaiah vielen wohl eher als Produzent einiger Gassenhauer bekannt sein dürfte.

Nun aber zum optisch schon mal schönen und limitierten Vinyl, welches in Jade Grün ganz toll auf dem Plattenteller zur Geltung kommt. Wie gesagt ist indisches Flair zu vernehmen, aber in kleinen Dosen und ab und an könnte man beim Blindverkosten am indischen Subkontinent vorbeischippern. So bietet "Hot Ghee", das für mich stärkste Stück, schon etwas Exotik, bewegt sich ansonsten aber hauptsächlich in affenstarken Psychedelic-Gefilden. Die Backings mögen etwas an Biddu erinnern, wenn wir den schon einmal erwähnt haben. Allerdings lebt die Nummer von einer herrlich aufspielenden Gitarre. Und was da so schön flirrt, wird wohl eine Sitar sein.

Danny kann aber auch R&B, oder besser Soul. "Blue" und "9 To 5" atmen den Geist alter, sehr harmonischer 'farbiger' Tanzmusik, wie man sie aus Filmen kennt, in denen Afroamerikaner in 'ihren' Kneipen und zu 'ihrer' Musik zeigen, dass sie sich zur Musik rhythmisch so viel eleganter bewegen, wie ihre nichtfarbigen Nachbarn.

"Motion Picture" ist eigentlich radiotauglich, hat eine herrliche Melodie und schöne Akkordwechsel. Es fällt auf, dass ein indischer, oder exotischer Touch zwar da ist, aber das Gehörte eher nach Holly, denn nach Bolly klingt. Der Track suhlt sich in süßlichem Psychedelic-Pop der 1960er. Und wieder klasse, das Gitarrenspiel. Auch das leicht zurückgenommene "Dusty Jungle" ist tief in 1960er Psychedelic verwurzelt.

Auch ein Psychoschunkler vor dem Herrn ist "Anxious Mind". Mittlerweile fällt auf, dass nicht nur die Gitarre für Wohlbefinden sorgt, auch die Vocals haben ihren Anteil daran, Die erklingen nicht aus der ersten Reihe sondern wehen manchmal direkt sehnsüchtig von 'weiter weg' ins Geschehen. Und ein großes Kompliment für das Songwriting, das an den richtigen Synapsen mit dem richtigen Druck andockt. Bass und Drums weben einen weichen Teppich, der über den Boden der gesamten Schallplatte liegt und auf dem Billingsley seine Geschichten erzählt.

Seine Geschichten … "Rajan" ist seiner Mutter gewidmet und wahrscheinlich ganz besonders "Thank You". Es gibt keinen Vermerk auf der Platte, aber wenn man vom Text absieht, das dürfte ganz klar Bobby Hebbs "Sunny" sein, was da unter "Thank You" firmiert. Hypnotisierend rhythmisch, mit Ambrose Kenny-Smith (King Gizzard & The Lizard Wizard) an Micro und Mundharmonika präsentiert sich "Osaka". Auf den stoischen, gleichbleibenden Rhythmus legt sich schöner und harmonischer Background-Gesang. Das klingt fast wie Mr. Bloe auf Droge.

"Cautionary Tale" ist ein staubtrockener Desert-Rocker und klingt verdammt nach Texas in der Glut der Mittagshitze nach dem Genuss einiger Mescals –  Italo Western-Feeling vom Allerfeinsten. Durch die Sitar bringt der "Morocco Blues" noch mal etwas indischen Bezug, rockt dann im gewohnt gemütlichen und unaufgeregten Stil, erinnert mich aber alsbald und irgendwie an einen Rocksong, auf den ich aber partout nicht kommen will. Muss das Teil also noch öfter hören, was ja nicht weh tut.


Line-up Night Beats:

Danny Lee Blackwell (all lyrics & performance)
Christopher Michael Scott (drums – #3,6)
Ambrose Kenny Smith (vocals, harp – #7)

Tracklist "Rajan":

Seite 1:

  1. Hot Ghee (3:44)
  2. Blue (6:24)
  3. Nightmare (4:21)
  4. Motion Picture (3:14)
  5. Anxious Mind (3:43)
  6. Thank You (3:15)

Seite 2:

  1. Osaka (4:51)
  2. Dusty Jungle (4:06)
  3. Cautionary Tale (3:13)
  4. 9 To 5 (3:57)
  5. Morocco Blues (4:02)

Gesamtspielzeit: 44:50, Erscheinungsjahr: 2023

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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