Wiederhören macht Freude. Und so ist das, was bei mir gerade im CD-Player liegt, eine Rückkehr in besondere Zeiten. Musikalisch waren die späten 1970er, Anfang 1980er Jahre im positiven Sinn bewegte Jahre. Während in England die New Wave of British Heavy Metal heran schwappte, spielte die ungarische Band Omega eine wichtige Rolle in Ost- und Westeuropa. Gerade wegen der eigens zusammengestellten englischsprachigen Veröffentlichungen im Laufe der 1970er Jahre wurde Omega zu einer der beliebtesten Ost-Bands im Westen.
Das Album "ÉLÖ Omega – Kisstadion ’79" (Originaltitel), welches in dieser Zeit entstanden ist, kann man aus Fansicht durchaus unter dem Begriff Kult einordnen. Zumindest ist es ein Meilenstein. Das waren Livealben bei Omega fast immer, weil die Schauplätze stets Besuchermagnete waren. Dazu kommt beim vorliegenden Album die Best Of-Funktion. Vier Jahre später hatte ich die Ungarn im Jenaer Volkshaus das erste Mal live gesehen. Der Funke musste gar nicht erst überspringen. Nein, es war wie Magie, die den Konzertbesucher schon lange zuvor beim Anhören der bekannten Alben verzaubert hatte.
Im konkreten Fall sprechen wir von einer Re-Release aus der erfolgreichsten Schaffensperiode der 1962 in Budapest gegründeten Rockband. Das trifft auf das Livealbum genauso zu wie auf die im Studio produzierte LP "Gammapolis" aus dem Jahr 1978. Im Vergleich zu der Erfolgs-LP "Time Robber" waren die Kompositionen der Gruppe um Sänger János Kóbor ein wenig melancholischer geraten. Das macht sich beispielsweise am siebenminütigen Opener "Dawn In The City" ("Hajnal a város felett"), dem Titelsong "Gammapolis" und "Silver Rain" (Ezüst esö") fest.
Das bereits erwähnte Livealbum steht bis heute in der Fan-Gunst ganz weit oben, wenngleich es vielleicht Tondokumente gibt, die einen besseren Sound vorweisen konnten. Die Songauswahl ist exzellent, die Stimmung im Budapester Kiss-Stadion am 8. und 9. September 1979 war phantastisch. Alles in allem ist daraus im Original ein authentisches Zeitdokument entstanden, das über die Band hinaus seinesgleichen sucht. Nach dem Bestseller "Gammapolis" befanden sich Omega in ihrer Heimat auf dem absoluten Höhepunkt ihrer Popularität. Dieser Funke übertrug sich damals auch zu großen Teilen in den Osten Deutschlands. Weil die Band immer in Richtung Westeuropa ihre Fühler ausgestreckt hatte, waren sie hierzulande musikalisch eine Art Türöffner nach Westeuropa, wenngleich die Musik typisch ungarisch blieb.
Ihre damalige Tour bestritten Omega gemeinsam mit der Hobo Blues Band. Sie hatten damit jeden Abend versierte Musiker im Publikum. Das machten sich die Vorzeige-Rocker aus Ungarn zunutze und holten sich bei "High On The Starway" die Hobo Blues Band-Gitarristen József Törös, Egon Póka und János Szénich auf die Bühne, um ein zwölfminütiges Rock-Feuerwerk abzubrennen. Mit den Produktionen "Gammapolis" und "Live At Kisstadion" endet die vierteilige Erfolgsserie mit den Wiederveröffentlichungen der ungarischen Kultrocker. Der krönende Abschluss der Reihe hat eine Spiellänge von insgesamt 116:38 Minuten und ist wie die bisherigen Ausgaben als 2 CD-Digipack erhältlich.
Bleibt das Livealbum mit den üblichen Einschränkungen verbunden, so ist es doch in der Gesamtwahrnehmung ein Juwel. Für die Fans ist Anhören immer wieder ein Erlebnis und ruft Erinnerungen wach. Wer Omega neu entdeckt, lernt den Geist dieser außergewöhnlichen Band schnell kennen.
Line-up Omega:
János Kóbor (vocals)
György Molnár (guitar)
Tamás Mihály (bass)
László Benko (keyboards)
Ferenc Debreceni (drums)
Tracklist "Gammapolis" und "Live At Kisstadion"
CD 1 – "Gammapolis":
- Dawn In The City
- Lady Of The Summer Night
- Rush Hour
- Start
- Gammapolis
- The Man Without A Face
- Silver Rain
- Gammapolis 2
CD 2 – "Live At Kisstadion"
- Vostok
- Gammapolis
- Help To Find Me
- Russian Winter
- Start
- Time Robber
- Late Night Show
- Silver Rain
- High On The Starway
- Rush Hour
- Metamorphosis II
- Final
- Metamorphosis I
Gesamtspielzeit: 116:38 (CD1: 42:01, CD2: 74:37), Erscheinungsjahr: 2022 (1978/1979)
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