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Øresund Space Collective / Visions Of … – CD-Review

Ist die dreiundzwanzigste Veröffentlichung des Øresund Space Collective (ØSC) wieder eine fantastische Weltreise, oder viel mehr ein intergalaktischer Trip der Sonderklasse?
Das vorliegende Album trägt den Namen "Visions Of …" und enthält vier Stücke, von denen das am Beginn der Scheibe stehende Titelstück wieder einmal förmlich an die Grenzen des Machbaren geht. Mehr als vierzig Minuten zeigt das Zeiteisen, wenn die letzten Töne im Äther der schwerelos-psychedelischen Musik verhallt sind.

Wie fast immer gibt es die vollkommen frei improvisierten Jams in verschiedenen Formaten zu kaufen. In einer Stückzahl von fünfhundert Rundlingen kann man sich für eine Ausgabe im » […] limited full colour CD wallet […]« entscheiden. Als LP kommt "Visions Of …" in schwarzem Vinyl (Auflage: zweihundert Exemplare), als gelbe Scheibe (einhundertneunzig Stück) und orange/blaue Edition (einhundertzehn Ausfertigungen) auf den Markt. Zur Rezension lag RockTimes die digitale Version vor.

Die exorbitante Spielzeit der Nummer "Visions Of …" darf natürlich nicht alleiniges Kriterium der Beurteilung sein.
Dennoch ist das Stück wieder einmal ein Musterbeispiel von treibendem Space Rock par excellence. Hier kommt der geneigte Fan voll auf seine Kosten. Das Kollektiv fackelt auch gar nicht lange und geht, gemessen an der Spielzeit direkt in die Vollen. Das Vorspiel ist schon höchst interessant und wenn sich Alex am Schlagzeug dazu gesellt, ist der Rock bereits in einer orbitalen Umlaufbahn. Die ineinander verflochtenen E-Gitarren geben über die gesamte Laufzeit Anlass zur Freude. Hier wird extrem intensiv gerockt und mit eingeschobenen Phasen der leichten Einkehr verlässt die Band nie den Weg der energetischen Dynamik. Der Hörer kommt quasi aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. ØSC-Space Rock ist einfach so etwas wie das Nonplusultra des Genres. Daran ändert sich auch nichts mit dem Blick durch die verdunkelte Fan-Brille.
Das Titelstück ist eine gigantische Jam mit allen möglichen Stil-Facetten. Die "Visions Of …"-Songs stammen übrigens aus der gleichen Session wie Different Creatures beziehungsweise Ode To A Black Hole. Unglaublich, welch brillantes Material in den Black Tornado Studios aufgezeichnet wurde. Nach zirka fünfundzwanzig Minuten changiert die Atmosphäre. Es hat den Anschein, als ob eine der E-Gitarren mit dem Bottleneck angetrieben wird und bis hier hin ist es schon bewundernswert, wie sehr die Sechssaiter die Szene bestimmen. Mit der Violine verschwindet der Gigant hinter dem Horizont und man darf mit Fug und Recht sagen, dass es der Formation nach einem Longtrack wie "20 Steps Towards The Invisible Door" (45:13 min) abermals gelungen ist, eine zeitlich ausgedehnte Reise auf höchstem Niveau unterhaltend zu gestalten.

Einige ØSC-Veröffentlichungen sind in der Vergangenheit ja schon durch den Player-Schacht gelaufen, aber es fällt einem schwer, sich an Funk Rock mit Fusion-Charakter zu erinnern. Wie dem auch sei … "Above The Corner" beginnt mit einem herrlichen Drum-Groove, der glatt aus Billy Cobhams Küche kommen könnte. Auch der dann einsetzende Bass findet Gefallen am Spiel des einst bei Billy Cobham die dicken Saiten zupfenden Lee Sklar. Nichtsdestotrotz ist das Kollektiv in "Above The Corner" geradezu bodenständig-mainstreamig unterwegs. Der Track ist » […] inspired by mid 72-75s Miles Davis […]« Welch ein Kontrast zum Titelsong "Visions Of …".
"Around The Corner" kommt aus einer ähnlichen Ecke wie "Above The Corner", präsentiert sich aber, wenn die Jam aus der Umkleidekabine kommt, wie wunderschön spaciger Funk Rock, also mit etwas weniger Funken, die hier fliegen, aber dafür natürlich mit der bekannt guten Øresund Space Collective-Klasse und einem tollen Gitarren-Ausflug, der dann auch etwas heftiger ausfallen darf.

Zwischen den beiden "… Corner"-Stücken befindet sich "Piece Of Seven". Alleine schon die im Line-up mit African Drums sowie Percussive Acoustic Guitar angegebene Instrumentierung deutet auf viel feinen Rhythmus hin. So wird dieses Stück unter anderem auch zu einem Fußwippen-Festival der intensiven Art. Dazu flirren einem Synthesizer- und Orgel-Improvisationen nur so um die Ohren. "Piece Of Seven" macht sich zwischen den beiden gerade erwähnten Nummern ganz prächtig. Ist es doch schon wieder so etwas wie ein Kontrast.

Die eingangs gestellte Frage muss nun noch beantwortet werden. Das Øresund Space Collective hat sozusagen wieder einmal ganze Arbeit geleistet und mit "Visions Of …" ein weiteres herausragendes Album in unterschiedlichen Formaten auf den Markt gebracht. Beide Daumen hoch!


Line-up Øresund Space Collective:

Alex (drums – #1 first half)
Hasse (Bass – #1 first half, african drums – #3)
Mattias (guitar, pedal steel – #1 second half)
Jonathan (guitar – #1, violin – #1 second half, theremin – #2,4, bass – #3)
Mats (guitar, percussive acoustic guitar – #3)
Jonas (keyboards, organ, guitar – #3)
KG (synthesizer, keyboards)
Dr. Space (synthesizer, synthesizer – #2,4 second half)

Tracklist "Visions Of …":

  1. Visions Of … (41:43)
  2. Above The Corner (16:17)
  3. Piece Of Seven (11:02)
  4. Around The Corner (8:35)

Gesamtspielzeit: 78:06, Erscheinungsjahr: 2016

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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