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Panopticon / Kentucky – CD-Review

Panopticon Kentucky

"Which Side Are You On?"

1931 liefert sich die Gewerkschaft der United Mine Workes in Harlan County, Kentucky einen harten Arbeitskampf mit den dortigen Minenbesitzern. Um die Arbeiter einzuschüchtern drangen der Sheriff J. H. Blair und seine Männer im Auftrag der Bergbaugesellschaft in das Haus des Gewerkschafters Sam Reece ein. Dieser war im Vorfeld gewarnt worden und geflohen. Seine Frau Florence und ihre Kinder wurden terrorisiert. Als die Männer gegangen waren, schrieb Florence den Text für "Which Side Are You On?" auf den Kalender in der Küche. Dieser Song erlangte Berühmtheit und wurde etliche Male gecovert, unter anderem von Pete Seeger, Billy Bragg und den Dropkick Murphys.
Außerdem wurde die Scheibe "Kentucky" von Panopticon davon inspiriert.

Panopticon

Austin L. Lunn alias A. Lundr gründete die Band 2007.
Panopticon wird in die Cascadian Black Metal-Ecke eingeordnet, einer vor allem in den US vorkommenden Variante des Black Metals, der diesen Stil mit Ökologischen und/oder linken Inhalten verbunden, teilweise daher auch mal 'Green Black Metal' genannt. Auf musikalischer Seite werden rasende schwarzmetallische Sounds mit atmosphärischen Momenten kombiniert, Folk-Elemente stehen dabei für den Bezug zur Natur und die Distanzierung zur (modernen) Gesellschaft.
Austin Lunn bevorzugt die Einsamkeit und spielt häufig alle Instrumente selbst, hat lediglich wechselnde Gastmusiker dabei.
Unter seinen Veröffentlichungen "Panopticon" (2008), "Collapse" (2009), "Social Disservices" (2011), "Kentucky" (2012), "Roads To The North" (2014) und "Autumn Eternal" (2015) will ich die "Kentucky" (2012) herauspicken.

"Kentucky"

Die Scheibe handelt vom Kohleabbau im mittleren Westen. Typisch Cascadian ist das natürlich ein Umweltthema, jedoch noch mehr. Hier geht es zudem um die Geschichte des Bergbaus und das Leben der Arbeiterfamilien. Teile der Einnahmen wurden an 'Kentuckians for the Commonwealth' gespendet, eine Organisation, die sich mit diesen Problemen beschäftigt.
Panopticon greift auch das eingangs erwähnte Gewerkschaftsthema auf und verarbeiten traditionelle Songs wie "Come All Ye Coal Miners", "Which Side Are You On?" und "Black Waters".
Der Opener "Bernheim Forest In Spring" ist ein reines Country-Stück. Erst bei "Bodies Under The Falls" kommt der Black Metal-Anteil zum Vorschein. Immer wieder wechselt "Kentucky" zwischen wilden schwarzmetallischen Elementen, stellenweise vorhandener bombastischer Dramatik, unheimlichen Parts und folkigen Passagen. Instrumente amerikanischer Volksmusik treffen auf metaltypisches, akustisches auf elektrisches, fieses Keifen kommt ebenso vor wie harmonischer Chorgesang. Lagerfeuerstimmung wechselt mit Raserei in kalten, nächtlichen Wäldern. Dazu gibt es immer wieder Sprachsamples.

"Kentucky" ist also variantenreich und mag manchem dadurch ein wenig chaotisch erscheinen.
Ja, Panopticon wagt hier etwas ungewöhnliches, die Kombination zweier unterschiedlicher Stilrichtungen, die für viele Hörer vermutlich unvereinbar erscheinen mögen. Für viele Metaller ist sicherlich zu viel Country und Bluegrass enthalten, während die Scheibe für Anhänger der genannten amerikanischen Genres zu metallisch ist. Wer offen ist, findet jedoch eine ungewöhnliche Symbiose zwischen Black Metal und Bluegrass, Blackgrass genannt, die zudem sehr gut zur inhaltlichen Seite des Werkes passt.

Originell, reizvoll und beeindruckend, jedoch nicht für jeden Geschmack geeignet.

2017 wurde die Scheibe neu aufgelegt bei Bindrune Recordings und ist seitdem in Europa wesentlich leichter zu bekommen als zuvor.


Line-up Panopticon:

A Lunn (everything)

Guest/Session Musician:
John Becker (fiddle)

Tracklist "Kentucky":

  1. Bernheim Forest In Spring (2:54)
  2. Bodies Under The Falls (10:28)
  3. Come All Ye Coal Miners (4:13)
  4. Black Soot And Red Blood (10:11)
  5. Which Side Are You On? (3:00)
  6. Killing The Giants As They Sleep (12:25)
  7. Black Waters (4:57)
  8. Kentucky (3:21)

Gesamtspielzeit: 51:29, Erscheinungsjahr 2012 (Neuauflage 2017)

Über den Autor

Andrea Groh

Hauptgenres: Doom/Death/Black Metal, auch Post/Progressive/Pagan Metal u.a.
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