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Paul Sies / Why Nicht – CD-Review

Paul Sies / Why Nicht – CD-Review

Sein Humor lässt sich nur schwer in eine einzige Richtung definieren: »Im zarten Alter von zwei Jahren hatte Paul Sies bereits seine erste Oper geschrieben, mit Bären gerungen, eine kleine Familie gegründet und die Welt auf dem Einrad umrundet. Danach ist er Schauspieler geworden, hat das Musikmachen ein bisschen ernster genommen«, heißt es bei Facebook über den Schauspieler und Musiker Sies.

Nachdem der heute 28-Jährige 2019 mit "Die echte Welt" sein Debütalbum veröffentlicht hat, folgt nunmehr mit "Why nicht" das zweite Werk. Aufgenommen wurde es mit dem Gitarristen Julian Bitzmann in Berlin.
Die Stücke tragen solche Namen wie "Deutscher Humor", "Das dümmste Lied", "So romantisch, ein Penner zu sein", "Trennungswalzer" und "Maschinenbaugemetzel". Schon dürfte klar sein, dass die Texte nicht unbedingt für Feingeister geschrieben sind. Tatsächlich geht er rein musikalisch dorthin, wo es schmerzt. Auf diese Weise setzt er seine Kunst ein, überschreitet aber nie (Geschmacks-)Grenzen.

Lange Zeit hatte Paul Sies über Studienzeit und Engagements am Theater zu tun. Diese Erfahrungen fließen in seine Texte ein. Die Theatertätigkeit führte ihn an kleine Monologe heran, die oft betont sarkastisch und beißend klingen. Er taucht nicht ohne Grund in der "Gegen den Strom"-Playlist von Spotify auf. Im Pressetext zu "Why Nicht" heißt es programmatisch: »Zwischen Grebe und Grimmigkeit, Politik und Privatem, Humor, Melancholie und Aggression wagt sich Paul Sies mit seinen Songs dorthin, wo es wehtut. Geschont wird man woanders.«
Es verhällt sich also so, wie eingangs bereits beschrieben. Dieser Beschreibung auf der Presseinfo ist nichts hinzuzufügen, die elf Tracks liefern den handfesten Beweis. Paul Sies klingt sehr individuell und abwechslungsreich. Auf dem "Trennungswalzer" ertönen plötzlich kurzzeitig Text und Musik aus "Für immer und Dich" von Rio Reiser. Schon glaubt man, zumindest eine Parallele ausfindig gemacht zu haben. »Von erbarmungslosen Abrechnungen bis hin zu verspieltem Pop voller sprachlicher Finesse und Witz«, lesen wir weiter über Paul Sies. Genau so fühlt sich dessen Musik an, wobei der Komponist und Sänger niemals zynisch wird, was mit Sicherheit ein wichtiges Merkmal und ein Zeichen von Reife ist.

Seine theatralen wie auch kabarettistischen Bühnenauftritte fließen in die Lieder ein. Teils könnte man gesungenes Kabarett dazu sagen. Bei mir bleibt ein gutes Gefühl, weil es hier ein vergleichsweise junger Künstler wagt, seine Stimme gegen eingefahrene Gleise zu erheben. Diese Ehrlichkeit und Offenheit ist alles andere als alltäglich. Paul Sies lotet die Möglichkeiten aus, bleibt aber innerhalb der Norm. Das verdient Anerkennung. Seither stehen bei dem gelernten Schauspieler gesellschaftliche und politische Relevanz im Fokus seiner Arbeit. Mit seinem Auftreten und seiner Musik sichert er sich die notwendige Glaubwürdigkeit als Künstler. Ganz sicher ist er eine Neuentdeckung und sollte mittel- bis langfristig noch für die eine oder andere Überraschung gut sein.
Erhältlich ist das Album "Why Not" als CD und als Vinyl-Platte.


Line-up Paul Sies:

Paul Sies (Gesang)
Julian Bitzmann (Gitarre)
Gidon Carmel (Schlagzeug)

Tracklist "Why Nicht":

  1. Die echte Welt
  2. Nullleben
  3. Die bösen Männer sind tot
  4. Deutscher Humor
  5. Das dümmste Lied, das ich je schrieb
  6. Maschinenbauergemetzel
  7. So romantisch, ein Penner zu sein
  8. Trennungswalzer
  9. Narziss
  10. Das schlagseitene Mädchen
  11. Hallo alter Freund

Gesamtspielzeit: 41:25, Erscheinungsjahr: 2022

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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