Die Amerikanerin Peggy James leistet sich auf ihrem sechsten Album eine kleine Rückschau auf ihr eigenes Werk. 'Kleine Rückschau', weil hier neben sechs neuen Tracks fünf Stücke ihrer bisherigen Alben neu eingespielt wurden. Ob dies nun dem Mangel an genügend neuen Songs, der Unzufriedenheit mit den früheren Versionen oder anderen Gründen geschuldet war, ist nicht überliefert. Den bisher unbedarften Hörer in Sachen Peggy James (wie beispielsweise den Rezensenten) sollte dies jedoch nicht weiter kratzen, schließlich sind für ihn hier elf neue Nummern vertreten, die es zu entdecken gilt. Mit sehr kleinem Line-up (neben der Protagonistin und zwei Gastmusikern wurden sämtliche weitere Instrumente von dem Produzenten Jim Eannelli übernommen) werden hier dennoch ein sehr angenehmer, 'voller' Sound und – sogar noch wichtiger – richtig gute Songs vorgelegt.
Bereits der Opener "I Go With Me" geht mit einem sowohl angenehm warmen, wie auch unaufdringlichen Sound und einer richtig starken Gesangsmelodie ganz hervorragend ins Ohr. Das erinnert etwas an die Country-Stilistiken der späten sechziger und frühen siebziger Jahre, ist jedoch richtig klasse umgesetzt und überzeugt auf ganzer Linie. Sehr zum Gelingen beigetragen hat hier auch die herrlich im Hintergrund klingende Violine von Ana Vafai. Und um gleich bei den Gastauftitten der Violine zu bleiben, startet "Indoor Cat" mit geheimnisvollem Unterton, bevor sich Miss James’s melancholischer Gesang mit Metaphern wie einem in einen schweren Sturm geratenen Schiff sowie dem unbeugsamen Freiheitswillen von Katzen (klingt seltsam, ich weiß) auseinander setzt. Das Streichinstrument taucht letztmalig auf "Crossroad Moment" auf, einer deutlich unbeschwerteren und fröhlicheren Nummer, während Peggy James erneut mit ihrem klaren und sehr angenehmen Gesang überzeugt.
In "Guardian Angel" dominiert ein deutlich modernerer (aber immer noch schmeichelnd erdiger) Sound mit weiter nach vorne gemischten Drums, während sich die Vocals und Gesangsmelodie erneut aller Kritik entziehen. Ein feines Riff auf der Akustischen eröffnet "So Subtle" und es dauert nicht lange, bis die Nummer einen richtig coolen Groove aufbaut, der sie zielsicher in den Refrain führt. Oh, hoppla, Peggy James kann auch rocken, wie sie im Titelsong beweist. Das Stück treibt zügig nach vorne, wobei der Gesang hier dennoch problemlos mithalten bzw. sich behaupten kann. Nicht unerwähnt bleiben darf auch "Joan Of Arc" (nicht der Leonard Cohen-Song!), bei dem Miss James ihr feines Händchen fürs Songwriting einmal mehr in die Runde wirft. Klasse Gitarren-Arbeit von Jim Eannelli, wobei hier kein Techniker, kein 'Flitzefinger' am Start ist, sondern vielmehr einer, der sich die Songs einverleibt hat und diese auch mitlebt.
"The Parade" benötigt nur sehr wenige Durchläufe, bis man die Scheibe in sein Herz geschlossen hat. Dabei stellt einerseits Peggy James unter Beweis, dass sie eine gute Komponistin und klasse Sängerin ist und andererseits lässt Jim Eannelli keinen Zweifel daran, sowohl ein guter Musiker als auch ein starker Produzent zu sein, der das Große und Ganze im Griff sowie das richtige Feeling für die Musik der guten Peggy hat. "The Parade" ist eine feine Alternative Country-/Americana-Platte die zwar die Welt nicht verändern wird, dafür aber über jede Menge gute Songs, Charme und tolle Musiker verfügt. Die Tracks setzen sich nicht nur im Kopf des Hörers fest, sondern erreichen auch dessen Bauch – ein Aspekt, der mindestens genauso wichtig ist. Von daher: Daumen nach oben!
Meine Anspieltipps: "I Go With Me", "Indoor Cat", "So Subtle" sowie der Titeltrack.
Line-up Peggy James:
Peggy James (acoustic guitars, lead & background vocals)
Jim Eannelli (acoustic & electric guitars, keyboards, bass, drums, background vocals)
With:
Ana Vafai (violin – #1,9,10)
John Calarco (drums – #2,5,10)
Tracklist "The Parade":
- I Go With Me
- Willow
- Thousand Reasons
- Guardian Angel
- Hard Times
- Best In Me
- So Subtle
- Joan Of Arc
- Indoor Cat
- Crossroad Moment
- The Parade
Gesamtspielzeit: 46:38, Erscheinungsjahr: 2021 (Digital), 2022 (CD)
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