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Peter Ames Carlin / Paul McCartney – Die Biografie – Buch-Review

Peter Ames Carlin / Paul McCartney - Die Biografie

Vorstellen muss man den 1942 geborenen James Paul McCartney wahrscheinlich nicht. The Beatles, Wings sowie diverse Solo-Projekte machen den Mann mit dem Höfner-Bass zur lebenden Legende. Bis heute ist 'Macca' nicht nur musikalisch aktiv, sondern auch gesellschaftlich engagiert. Ganz aktuell ruft er im Kurzfilm "One Day A Week" gemeinsam mit seinen Töchtern Mary und Stella dazu auf, weniger Fleisch zu essen.

Wer gern mehr über den Arbeitersohn aus Liverpool erfahren möchte, erhält auf den knapp 500 Seiten von Peter Ames Carlins Biografie dazu Gelegenheit. Das Buch ist 2017 in einer aktualisierten Neuauflage im Hannibal-Verlag erschienen, ursprünglich kam es 2009 in der englischen Originalversion "Paul McCartney – A Life" und 2010 in deutscher Übersetzung raus. Und jetzt fall' ich gleich mal mit meinem einzigen Kritikpunkt und der Tür ins Haus: Die Aktualisierung kann mit dem Rest der Biografie nicht mithalten. Da werden die letzten paar Jahre im Stakkato runtergerissen und weitgehend auf eine Auflistung der wichtigsten Fakten beschränkt.

Ganz im Gegensatz zu den ursprünglichen 23 Kapiteln. Die fallen nämlich durch eine sehr liebevolle und intensive Recherche auf. Neben gängigen Quellen in Schriftform hat Peter Ames Carlin auch etliche Interviews dafür geführt. All diese Ergebnisse hat er zu einem lebendig geschriebenen Ganzen zusammengefasst. Es wirkt weitgehend aus einem Guß, auch wenn sicherlich ganz viele Blickwinkel auf Paule und Konsorten zutage traten.

Der ganz große Schwerpunkt dabei liegt auf der Musik; Entstehung von Songs und Alben. Natürlich bleibt Menschliches und Zwischenmenschliches nicht außen vor. Es wird aber nicht reißerisch breitgetreten, sondern sachdienlich geschildert. Die Geschichte der Beatles lässt sich wahrscheinlich gar nicht erzählen, ohne die Pilzköpfe als Menschen zu charakterisieren und zu betrachten. Keiner der Vier wird dabei nur 'gut oder böse' geschildert. Das Augenmerk des Autors liegt darauf, zu verstehen und zu vermitteln, warum sich alles so entwickelt hat, wie es gelaufen ist. Sein Leben wird weitgehend chronologisch, in der Rückblende erzählt. Es beginnt bei McCartneys Kindheit in einer liebevollen Familie in einfachen Verhältnissen. Der frühe Tod seiner Mutter, die an Brustkrebs starb, nimmt Paul stark mit. Erst einige Zeit danach hilft ihm die Musik aus der Erstarrung. Über die Musik und gemeinsame Freunde lernt er John Lennon kennen. Wie aus dieser Freundschaft die Beatles entstehen und aus Liverpooler Jugendlichen diese Legende der Musikgeschichte wird, das wird anschaulich beschrieben. Die Zeit in Hamburg kommt genauso wenig zu kurz wie die ersten (und alle folgenden) eigenen Alben. Die Entwicklung der Beatles zu Weltstars und bis hin zu ihrer allmählichen Auflösung wird in angemessenem Umfang und Ausführlichkeit beschrieben. Angenehm fand ich gerade hier beim Lesen, dass der Autor sich eine gewisse Sachlichkeit bewahrt. Weder John Lennon, George Harrison oder Ringo Starr, noch Yoko Ono oder Linda McCartney werden zu Schuldigen oder gar Bösewichten hochstilisiert. Carlin gelingt es sehr gut, darzustellen, wie sich Menschen in unterschiedliche Richtungen entwickeln und alle ihren Anteil an den Entwicklungen und Resultaten haben.

Ganz am Rande: auch die Entstehung einer der wohl frühesten 'Fake-News', über den angeblichen Tod Paul McCartneys, die von einem College-Studenten ausgedacht und von einem Radio-Moderator aufgegriffen war, hat Platz. Genauso wie der leider nicht gefakte Mord an John Lennon.

Doch auch die Zeit nach den Beatles wird beleuchtet – auch unter musikalischen Aspekten. Die Alben und Tourneen der Wings, auch Pauls Projekte mit Michael Jackson, Elvis Costello und vielen anderen. Gerade auch Lindas Rolle bei den Wings und im Privatleben wird erfreulich differenziert dargestellt. So wie auch Paul wird sie nicht nur schwarz oder weiß dargestellt. Das Familienleben der McCartneys fließt in sinnvollem Umfang in das Werk ein; ihr (tödlicher) Brustkrebs mit den darauf folgenden Auswirkungen auf Paul bleibt nicht außen vor. Lediglich Pauls zweite Frau Heather Mills erntet vom Autor, ob nun berechtigt oder nicht, sehr negatives Feedback. Um all diese menschlichen und musikalischen Aspekte rankt auch immer wieder das mehr oder weniger hässliche Business. Doch auch hier empfinde ich Carlins Darstellungen als relativ sachlich. Das Buch geht über das, was man eh schon zig Mal gelesen hat, hinaus, es versucht einen Zugang zum Musiker und Menschen Paul McCartney zu eröffnen. Ein umfangreiches Quellen-, Song- und Stichwortverzeichnis erleichtert das Nachlesen.

Alles in allem ist diese Biografie ein interessantes und sehr lesenswertes Buch, nicht nur für eingefleischte Beatles-Fans, die vermutlich ohnehin schon die Erstausgabe im Regal stehen haben.


2. Auflage März 2017, 520 Seiten, Taschenbuch
Format: 21 x 14
ISBN 978-3-85445-630-8
19,99 EUR

Über den Autor

Sabine Feickert

Hauptgenres: Rock, Deutschrock, Mittelalter, 'leise Töne'
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Mail: sabine(at)rocktimes.de

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