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Peter Banks’s Harmony In Diversity / The Complete Recordings – CD Box-Review

Peter Banks’s Harmony In Diversity / The Complete Recordings – CD Box-Review

Den am 7. März 2013 verstorbenen Gitarristen Peter Banks kennt man hauptsächlich durch seine Arbeit bei den Prog- und Art-Rockern Yes.

Stationen vor Yes waren The Syn, Neat Change sowie Mabel Greer’s Toy Shop. Aus letztgenannter Band, in der auch Chris Squire, Bill Bruford, Jon Anderson und nach Clive Baileys Ausstieg auch Tony Kaye musizierten, wurde dann Yes. Den Namen Yes schlug Banks vor, aber Banks blieb nicht lange. Bereits 1970 verließ er Yes, da ihm die musikalische Ausrichtung mit Orchester nicht passte. So ersetzten die Geigen viele der Gitarrenparts. Das ging für Peter gar nicht. Für ihn stieß Steve Howe zu Yes. Verwunderlich ist, dass Howe auf dem US-Cover der Platte "Time And A Word" abgebildet ist, obwohl dort Banks noch mit den Geigen konkurrierte.

Wie auch immer, Peters Folgestationen waren Blodwyn Pig, Flash und Empire und schließlich Harmony In Diversity. Er arbeitete außerdem als Studiomusiker, veröffentlichte Soloalben und war recht umtriebig.

Irgendwann wurde er von Nick Cottam und Andrew Booker, die als Bass- & Drum-Duo Pulse Engine unterwegs waren zu einem Gig eingeladen und so entstand dann die Dreierformation, deren über fünfstündiger Output nun remastert zum ersten Mal als 'richtige Veröffentlichung' (Das Label spricht vom »first ever mainstream release«) vorliegt. Anlass der Veröffentlichung ist Peters Todestag, der sich 2018 zum fünften Mal jährt sowie auch das 50-jährige Bandjubiläum von Yes.

Das Booklet, das der Sechser-CD-Box beiliegt, ist als sehr gelungen und informativ zu bezeichnen. Mehr über diese Band wird wohl an anderen Stellen schwerlich zu finden sein. Alle Aufnahmen der Scheiben werden beschrieben und der interessierte Leser erfährt, dass bis auf das reguläre Album "Trying", welches mehr oder weniger auch nur existiert, weil man etwas für den Merchandise-Stand haben wollte, alles von Minidiscs und Tapes stammt. Penibel aufbereitet und in der Tat sind die Aufnahmen geeignet, das heimische Stereoequipment auszureizen. So denn das Umfeld dazu bereit ist, denn einfach ist die Musik nicht unbedingt zu nennen.

Harmony In Diversity ist Improvisation pur –  aber in höchst perfekter Vollendung. Vielfältigkeit darf man der Musik attestieren, denn neben tranceartigen Drum- und Bass-Szenerien ist es auch Peters Gitarre, die sich dem Improvisieren hingibt. Das ist stellenweise auch harmonisch und sogar die eine oder andere schöne Wah Wah-Einlage ist vorhanden. Ansonsten muss man, und das kann man auch spannend nennen, in die Harmonien erst hineinwachsen. Da wird der rote Faden oft nicht in Zentimetern, sondern in Metern gemessen. Andrew Booker, der hauptsächlich für die Liner Notes verantwortlich zeichnet, beschreibt das auch mit einem Zitat, welches Peter Banks vor einem Auftritt in Bilston am 21. Mai 2006 dem Publikum zum Besten gab: »Good evening, we are called Harmony In Diversity, and the reason for that is, with the three piece here, there’s a lot of diversity, often unfortunately not so much harmony, but we’ll let you be the judges about that. And what we’re doing this evening is, we have no rehearsals, we don’t know what we’re going to play …«

Wie bereits erwähnt, lohnt es sich das Booklet zu lesen, um so viel wie möglich über diese Band und deren Musik zu erfahren. Andrew verließ Harmony In Diversity übrigens 2006 und daher ist auf der sechsten CD auch Dave 'Jick' Speight an den Drums zu hören.

Improvisation bedeutet mitnichten Chaos, oder wildes Gejamme. Dazu sind die Protagonisten zu gut und erfahren. Ob nun Peter seine Läufe dem Rhythmus von Bass und Drums angleicht ob die Rhythmiker der Gitarre Fundament geben: Jeder scheint seine Position und vor allem die der anderen zu kennen und so herrscht bei aller Freizügigkeit der Instrumentalisten die gewisse Ordnung, die Professionalität von Dilettantismus unterscheidet. Neben sehr harmonischen, fast sphärischen Momenten, donnern eruptive Basseskapaden urplötzlich aus dem Nichts. Perkussive Salven werden durch oszillierende Saiten zur Räson gerufen und trotzdem darf jeder seinen Spaß haben, wie er mag. Fusion paart sich mit süßen Prog-Landschaften und doch weiß man zu jeder Zeit, dass hier drei Improvisationsmeister zugange sind. Unter dem weiten Progmantel streifen sie Jazz und auf der fünften CD höre ich auch Zitate aus der Klassik.

Viel ist über die beteiligten Musiker neben dem Gitarristen nicht zu erfahren, bzw. mir waren sie namentlich gänzlich unbekannt, aber ein Meister wie Peter Banks, den Danny Baker (BBC Journalist und Radio DJ) »the architect of progressive music« nannte, stellte sich nicht mit Hanseln auf die Bühne. Und die vorliegende CD-Box unterstreicht die Gleichberechtigung der drei deutlich.

Es ist keine Musik für jeden Tag. Mit Sicherheit nicht. Man muss sie konzentriert hören, sich öffnen, weil man ansonsten schnell aus dem Flow kommt. Alle sechs Platten am Stück werden die Wenigsten schaffen, aber das ist auch nicht Sinn dieser Sammlung. Peter Banks ist ja nun nicht mehr, aber seine Nachlassverwalter taten gut daran, diese Box zu veröffentlichen. Ich sinniere, was wohl gewesen wäre, wenn Banks bei Yes geblieben wäre. Seine Spielweise war eine andere, als die Howes. In diesem Leben jedenfalls werden wir das nicht mehr erfahren.


Line-up Peter Banks’s Harmony In Diversity:

Peter Banks (guitar – CD1-6)
Nick Cottam (bass – CD1, 3-6)
Andrew Booker (acoustic drums –CD1, 3, electronic drums – CD1-5, programming – CD1, vocals – CD4)
Dave Speight (electronic drums – CD6)

Tracklist "The Complete Recordings":

CD 1: – Struggled Discontinued
(2005-2006)

  1. The Number Of The Beat
  2. Swing It
  3. On The Sixth Attempt They Trod On It
  4. Inversible Flaw
  5. Last Run For The Empire
  6. Harmogeny A
  7. Dregs Addiction
  8. Harmogeny B
  9. Everything Ends In Nothing

CD 2: – What Is This?
(2005)

  1. Lots And Lots Of Disjoint Dots
  2. Plenty To Hear In Orbit
  3. Each To Their Own Devices
  4. Procyon B

CD 3: – Trying
(2005)

  1. No Harm
  2. After You
  3. Mind The Doors
  4. Swayed By Nothing
  5. The Klincher
  6. Sods At Odds

CD 4: – Try Again
(2005)

  1. Prelusion
  2. Some Things Are Best Left Upside Down
  3. Everything Is Green
  4. Cracking
  5. Almighty Dog
  6. Try Again
  7. Over

CD 5: – Hitting The Fans [Live]
(2005-2006)

  1. Tropical Moon
  2. Out Of The Garage
  3. Forecasting An Indian Summer
  4. Procyon A
  5. Industrial Powder Washing
  6. The Consequence Of Going Nuts
  7. Dystopian Workshop
  8. Gallopsiding
  9. Not Over Yet

CD 6: – Spontaneous Creation
(2006-2007)

  1. Budanopest
  2. One Night In Budapest
  3. Wizz Bang Crash
  4. Sitting On The Buffalo
  5. Bruno
  6. Floating World
  7. Now Now
  8. Do It Now
  9. Where’s Jamie?
  10. Boing
  11. Looking Forward

Gesamtspielzeit: 5:03:10 (CD1: 45:36, CD2: 55:21, CD3: 44:25, CD4: 50:59, CD5: 57:07, CD6: 49:42), Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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