The Black Court hatten mich durch ihr Spiel mit Farben neugierig gemacht. Daher war ich erfreut, als Schlagzeuger Phil (Philipp Strunk) ein Interview vorschlug und ich nahm dieses Angebot gleich an. Im Folgenden geht es um Farben, Kartoffelsuppe, progressive Strukturen in der Musik und natürlich (Melodic) Death Metal …
RockTimes: Hallo Phil bzw. The Black Court. Fangen wir erst einmal allgemein an. Stell doch The Black Court ein wenig vor, was Euch wichtig erscheint, wie es zur Bandgründung kam, ob Ihr vorher schon woanders aktiv wart, was Eure Inspirationen sind (musikalisch, andere Bereiche). Wie Ihr das genau macht, überlasse ich Euch.
Phil: Moin erst einmal und vielen Dank für dein Interesse! Wir haben uns Anfang 2011 in Hannover gegründet, als von der damaligen Besetzung (fast) alle frisch im Studium und damit zum ersten Mal von zu Hause raus waren. Unser Sänger Oskar und unser Gitarrist Sebastian haben die Band initiiert. Ich war dann der Letzte, der zum ursprünglichen Line-up dazukam und die Band komplettiert und damit erstmalig ins Rollen gebracht hat. Lustigerweise suchte ich eigentlich nur einen Proberaum, in den ich mich reinschnorren konnte, um Schlagzeug zu üben. Wir waren dann aber doch alle musikalisch und menschlich ziemlich schnell auf einer Wellenlänge – und wir sahen alle gleichermaßen beschissen aus, was uns unterschwellig vielleicht auch zu einer Art Leidensgemeinschaft zusammengeschweißt hat. Und so wurde daraus dann eben eine mittlerweile achtjährige, nicht nur musikalische Freundschaft.
Bzgl. des Musikgeschmacks sind wir alle heute recht unterschiedlich unterwegs (das bringt das Alter dann wohl mit sich). Die Schnittmenge besteht bei uns allen jedoch nach wie vor in grooviger, harter aber gleichzeitig eingängiger Metal-Musik – und diese versuchen wir eben auf unsere Weise ebenfalls zu kreieren.
RockTimes: Nun etwas konkreter – 2015 schrieb ich: »The Black Court – aus dem Bandnamen Schlüsse auf die Musik ziehen, ist nicht einfach. Progressiv, weil assoziiert mit dem Begriff Court? Black als Hinweis auf Black Metal? Zusammengesetzt als finsterer Doom – das Gericht, das über den drohenden Untergang verhandelt?« Um nicht weiter zu spekulieren, wofür steht denn The Black Court, was hat Euch zu diesem Namen inspiriert?
Phil: Ich greife einfach mal auf, was Oskar vor Kurzem dazu sagte. Wie viele andere Bands auch, befassen wir uns lyrisch eher mit den Schattenseiten des Daseins. Beim Brainstorming kamen wir auf das Thema, dass jeder Mensch für sich seine eigenen Ideen hat, seine Schubladen und seine Vorurteile – und damit selbst bewusst oder unbewusst Urteile über andere fällt. Häufig macht dies das Zusammenleben auf zwischenmenschlicher aber auch auf gesellschaftlicher Ebene sehr schwer. The Black Court passte damit sehr gut zu den damaligen Texten und das tut es auf einer größeren Ebene heute auch immer noch. Motto: 'Ist doch eh alles scheiße!'. Darüber hinaus gefiel uns der Klang und die Vielschichtigkeit des Namens.
RockTimes: Farben scheinen bei Euch eine große Rolle zu spielen, hieß doch die EP, zu der ich die zitierte Aussage damals schrieb: Gray – The Colors Of Fire And Pain. Was soll uns dieser Titel sagen? Wäre nicht eher Rot die Farbe, die mit Feuer assoziiert wird?
Phil: Ganz ehrlich: Der Name der EP klingt zwar sehr tiefgründig, im Endeffekt haben wir aber nur etwas Eingängiges, Dramatisches gesucht. Die Wahl fiel dann auf diese Textzeile aus dem letzten Song der EP, "Words Become Bullets". Der Zusatz "Gray" hat sich eingeschlichen, um dem Ganzen etwas mehr Eigenständigkeit und Wiedererkennungswert zu geben – und da das Cover-Artwork von unserem Freund und Designer Jonas Werner bereits stand, haben wir der Platte den Namen "Gray" gegeben.
RockTimes: Rot kam dann ein paar Jahre später, bei Red – Phantom Delusive. Auch hier möchte ich gerne mehr darüber wissen, was der Titel bedeutet.
Phil: Beim Debüt-Album haben wir uns tatsächlich lange den Kopf über einen Titel mit sowohl passender Bedeutung als auch einer schönen Klangfarbe gemacht. Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, aber auch hier spiegelt der Titel die thematische Schnittmenge der auf dem Album enthaltenen Songs wider. "Phantom Delusive" bezieht sich auf all die Täuschungen, Irrungen und Wirrungen, denen wir im Leben so begegnen und die meist negativen Folgen, die sie mit sich bringen. Rot als farbliches Motto wurde gewählt, weil es gut zu den Entwürfen für das Artwork passte – auch hier also eine größtenteils pragmatische Entscheidung.
RockTimes: Wird es zukünftig farblich bleiben? Ist das ein Konzept, das The Black Court ausmacht? (fände ich klasse, wenn es so wäre). Dürfen wir spekulieren, welche als nächstes dran ist?
Phil: Kurzum: Ja, wird es (vermutlich). Ob es uns definiert bzw. auszeichnet, wird die Zeit zeigen – das müssen andere entscheiden. Spekulationen bzgl. der Farben dürft ihr gerne anstellen. Vielleicht ist das ja Inspiration für uns, denn die Gedanken ans nächste Album sind für uns jetzt gerade noch gefühlte Lichtjahre entfernt 😉
RockTimes: Nun langsam als Übergang von den Farben zur Musik: Bei Farben ist es faszinierend, wie viele Schattierungen und verschiedene Farbtöne es gibt, interessanterweise lässt sich das ebenso über musikalische Töne sagen, es gibt so viele verschiedene Schattierungen. Sind musikalische Töne also das akustische Pendant zu Farbtönen in der Kunst?
Phil: Eine gute Überlegung, über die ich mir noch Gedanken gemacht habe. Ich denke es gibt da schon Parallelen. Auch in der Musik werden mitunter verschiedene Stile gemischt und es ergibt einen neuen Ton – wie eben mit den Farben. Allerdings lässt sich in der Musik wohl immer noch ein wenig besser nachvollziehen, aus welchen Ursprungszutaten der Klang gemischt wurde. Das ist bei Farben ja etwas schwerer, zumindest wenn man keine Farbenlehre studiert hat. Von daher ist Musik vielleicht eher vergleichbar mit ’ner groben Kartoffelsuppe, bei der man die einzelnen Zutaten ja auch noch ziemlich gut erkennen kann, diese sich aber trotzdem zu einem hoffentlich schmackhaften Gericht zusammenfügen.
RockTimes: Ihr schreibt »Ist das nun noch Melodic Death Metal? Oder Epic Death Metal? Einfach nur Death Metal? Oder gar Metalcore?«. Ich finde, da ist auch noch etwas Progressives mit drin (und nein, das liegt nicht daran, dass ich bei Court und Farbe an In The Court Of The Crimson King denke). Was meint ihr dazu?
Phil: Kürzlich war ich auf einem Prog Rock-Festival, auf dem der Gitarrist der Post Rock-Band Sleepmakeswaves einen sehr schönen Kommentar gegeben hat. Sinngemäß sagte er, dass er und seine Bandkollegen sich vor dem Gig darüber unterhalten hätten, was denn Prog nun ausmacht und sie seien zu dem Schluss gekommen, dass so eine Diskussion heutzutage nirgendwo mehr hinführe. Stattdessen seien sie einfach nur glücklich, die Bühne mit so vielen tollen, kreativen Bands teilen zu dürfen.
Das sprach mir ein bisschen aus der Seele. Ich würde uns nie aktiv als proggig bezeichnen. Jedoch ist der Begriff 'progressiv' in Bezug auf Musik heutzutage ja sehr vielseitig konnotiert. Und wenn man ihn dahingehend interpretiert, dass es um vielschichtige, ausladende Songstrukturen geht, die mitunter auch mal sperriger sind – dann haben wir durchaus progressive Anleihen, verglichen mit anderen Bands, die sich in unserer musikalischen Ecke austoben. Wir sitzen da ein wenig zwischen den Stühlen: kurze, knackige und eingängige Brecher sind uns als Kinder des melodischen Death Metals aus Schweden wichtig. Aber gleichzeitig feiern wir auch 'anstrengende' Bands mit musikalischer und thematischer Tiefe. Das schlägt sich dann eben auch bei uns nieder. Wir müssen uns da immer etwas zügeln, nicht alle guten Ideen, die wir haben, zu verwenden. Von daher werden wir mal sehen, ob wir es insgesamt in Zukunft mehr auf den Punkt bringen – natürlich, ohne aus Zwang unsere progressive Ader zu verlieren.
RockTimes: Ohne nun zu sehr auf Schubladen eingehen zu wollen, so habe ich den Eindruck, dass in den 80ern Stilrichtungen (im Metal) entwickelt und definiert wurden, später wurden sie ausgereizt und mittlerweile scheint es der Trend zu sein, genreübergreifend zu agieren, Schubladen aufzubrechen, was ich in den meisten Fällen positiv finde. Ist das ein Zeichen der Zeit (nach 2000) und sind The Black Court damit Kinder des neuen Jahrtausends?
Phil: Man hört ja immer, dass keine neue Musik erfunden werden kann, weil alles schon einmal da war. Das glaube ich zwar nicht, aber es ist nun mal auch so, dass nur der kleinste Teil der Musikschaffenden visionär und fähig genug ist, in gänzlich neuen Bahnen zu denken. Ich denke die Mischung bestehender Stile ist da ein pragmatischer Weg, neue Musik zu schreiben, ohne altbacken zu wirken.
Als Band sind wir denke ich ganz klar musikalisch Kinder des neuen Jahrtausends. Wir sind zu dieser Zeit und mit den dort aktuellen Metaltrends aufgewachsen – das prägt natürlich und schlägt sich in der Musik von The Black Court nieder. Außer bei unserem Gitarristen Alex, der ist musikalisch eher so im Stockholm der frühen und späteren 90er hängengeblieben 😉
RockTimes: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Britta von Cripper bei "The Maze"?
Phil: Britta kommt ja nun auch aus Hannover und in einer mittelgroßen deutschen Stadt laufen sich die Musikschaffenden der Metalszene logischerweise früher oder später mal über den Weg. Es gab vorher bereits diverse Kontakte und Projekte, bei denen man gemeinsam involviert war und sich kennen und schätzen gelernt hat. Und da wir als Band Kollaborationen nicht abgeneigt sind und Britta öfter mal Gastauftritte hat, erschien es konsequent, sie bei "The Maze" auf dem Album zu haben. Dass sie Oskar darüber hinaus dann gleich beim ganzen Vocal-Recording für die Platte unterstützt hat, war natürlich ein Glücksfall und hat uns enorm geholfen. Solchen Enthusiasmus kann man gar nicht mit Geld oder Gold aufwiegen.
RockTimes: So, nun seid Ihr an der Reihe. Wollt Ihr noch etwas loswerden? Welche nicht gestellte Frage würdet Ihr noch gerne beantworten?
Phil: Support your local music scene. Wir wurden die Jahre über von vielen guten Leuten unterstützt. Wir werden zwar alle nicht reich damit, aber am Ende geht’s nur um den Spaß – ist doch sonst eh alles scheiße. Also raus mit euch, Platten kaufen, auf Konzerte gehen und die Szene feiern. Peace, Love, Death Metal.
Hinweis: wir danken Anthalerero Majere von Stormbringer.at für die Erlaubnis, das Foto zu verwenden.
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