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Procol Harum / Procol Harum – LP-Review

Procol Harum - Procol Harum - LP-Review

Die Ursprünge von Procol Harum liegen in der Band The Paramounts, die im Jahr 1964 mal einen mittleren Hit mit "Poison Ivy" hatte. Bereits hier spielten der Pianist und Sänger Gary Brooker, der Gitarrist Robin Trower sowie der Drummer B.J. Wilson zusammen. Nachdem in den folgenden zwei Jahren kein weiterer Charterfolg verbucht werden konnte, fiel die Gruppe auseinander. Brooker gründete in den ersten Monaten 1967 dann Procol Harum und direkt die erste Single "A Whiter Shade Of Pale" wurde bereits zu einem Überflieger. Wie Plattenfirmen nun mal so sind, wurde die Band daraufhin ganz schnell wieder ins Studio geschickt, um ein komplettes Album nachzuschieben. Brooker war jedoch nicht mehr glücklich mit der Bandbesetzung, schickte Ray Royer sowie Bobby Harrison (die im Anschluss die Band Freedom gründeten) in die Wüste und holte dafür Trower und Wilson wieder zurück.

Das gleichnamige Debütalbum der Engländer war zwar damals nur mäßig erfolgreich, nimmt heute jedoch zurecht einen guten Platz im Rock-Olymp ein. Denn hier wurde – mit dem wahrscheinlich besten Line-up der Karriere – bereits ein Meisterwerk bestehend aus Rock, Soul und Klassik abgeliefert, das über sehr viele Stärken, aber kaum Schwächen verfügt. Bereits der Opener "Conquistador" ging als Klassiker in die Bandgeschichte ein. Über dem Track – wie fast auf jedem dieser Scheibe – schwebt eine ’schwere' Melancholie, die durch das klassisch angehauchte Orgelspiel Matthew Fishers und vor allem Brookers soulvolle Vocals kreiert wird. Diese bleibt auch dem durchaus flotteren "She Wandered Through The Garden Fence" erhalten, während der Pianist erneut eine seiner genialen Gesangslinien aus dem Ärmel zaubert. Nachdem das etwas paranoide "Something Following Me" das Qualitätslevel mühelos halten konnte, folgt mit dem fast schon fröhlichen Party-Song "Mabel" der einzige Tintenfleck auf der ansonsten blütend weißen Weste dieses Albums. Das ist beileibe kein schlechter Titel, der ganz sicher auch als Stimmungserheller gebracht wurde, aber genau deshalb fällt er auch etwas aus dem Kontext und will nicht so recht zum restlichen Material passen.

Auch das die erste Seite abschließende "Cerdes (Outside The Gates Of)" ist nicht ganz so stark wie die restlichen Tracks, wobei ich hier schon Jammern auf sehr hohem Niveau betreibe. Mit "A Christmas Camel" hat mich Gary Brooker, seiner abgefahren-coolen Gesangslinie und dem tonnenweisen Feeling in der Stimme, allerdings endgültig unter dem Tisch bzw. auf den Knien. Das ist mit der beste Song des Albums, der auch den großen Single-Hits "A Whiter Shade Of Pale" oder "Homburg" in nichts hinterher steht. Apropos, die gerade erwähnten Singles waren auf dem Originalalbum (in den USA und Deutschland erschienen leicht geänderte Tracklists) überhaupt nicht vertreten. Bis auf ein Stück stammen übrigens alle aus der Feder von Gary Brooker (Musik) und Keith Reid (Texte). Reid war dabei festes Bandmitglied, ohne Musiker oder Sänger zu sein.

Das sehr gute "Salad Days (Are Here Again)" wurde als Soundtrack für einen Kinofilm verwendet, während sowohl das starke "Kaleidoscope" wie auch das locker beschwingte "Good Captain Clack" diese Platte zu einem wahren Schmuckstück werden lassen. Das abschließende Instrumental "Repent Walpurgis" ist die einzige Nummer des Organisten Matthew Fisher, was man ihr aufgrund der Orgellastigkeit auch anhört. Ein wunderschönes Stück mit deutlichen Klassik-Anteilen, wobei sich aber auch der Gitarrist Robin Trower erstklassig einbringen kann. Als netter Bonus ist dem Album noch ein Poster mit dem Covermotiv beigefügt.

Mit ihrem zweiten Album "Shine On Brightly" (1968) sollte Procol Harum noch einen größeren und konsequenteren Schritt in Richtung Progressive machen. Mit dem Debüt war jedoch bereits ein Meilenstein und echter Klassiker gelungen, der vor starken Songs nur so strotzte. Der wunderbar warme Klang dieser nun auf 180g-Vinyl wieder veröffentlichten Mono-Platte (die Original Masterbänder sind bis heute verschollen) tut seinen Teil zum vollen Erfolg dieser Scheibe dazu.

Wer dieses Teil noch nicht kennt oder in der Sammlung hat, dem sei es als ganz dicker Tipp empfohlen!


Line-up Procol Harum:

Gary Brooker (piano, lead vocals)
Robin Trower (guitars)
Matthew Fisher (organ)
David Knights (bass)
B.J. Wilson (drums)
Keith Reid (lyrics)

Tracklist "Procol Harum":

Side 1:

  1. Conquistador
  2. She Wandered Through The Garden Fence
  3. Something Following Me
  4. Mabel
  5. Cerdes (Outside The Gates Of)

Side 2:

  1. A Christmas Camel
  2. Kaleidoscope
  3. Salad Days (Are Here Again)
  4. Good Captain Clack
  5. Repent Walpurgis

Gesamtspielzeit: 17:01 (Side 1), 18:20 (Side 2), Erscheinungsjahr: 2017 (1967)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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