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rad. / Radified – CD-Review

rad. steht für die Musikerin Rose Ann Dimalanta. Sie wurde in Oakland geboren und genoss bereits mit vier Jahren eine Frühförderung am Piano. Nachdem sie ihr Jazzstudium beendet hatte, ging es mit der Musik zügig weiter. Sie spielte mit Leuten wie Orestes Vilato (Santana), David Garibaldi (Tower Of Power), Benny Velarde (unter anderem Grateful Dead, Zero) oder Pete Escovedo (Santana, Billy Cobham, Sheila E) zusammen. Ausreichende Erfahrungen gesammelt, ging es mit ihrem Mann, dem Produzenten Michael Kirsch, 1991 nach Hamburg. Dort begann Rose Ann Dimalanta unter dem Künstlernamen rad. ihre Solokarriere.

Nach der Veröffentlichung ihres Debütalbums "Radified" (1992) sorgte die damalige Wahlhamburgerin stante pede für Aufmerksamkeit. Ihre musikalische Mischung aus Jazz, Funk und Soul traf Anfang der Neunzigerjahre den Nerv der Zeit. Afro- sowie südamerikanische Einflüsse sind allgegenwärtig und derartig rhythmisch aufgeladene Musik gilt als Acid Jazz.

Mit einer feurigen Mischung ging die Amerikanerin an den Start und mit dem Song "Wishy" brachte sie ordentlich Bewegung in die Dancefloor-Szene. rad. macht Musik für Kopf, Herz und Beine. Das Album wurde in Hamburg (White Noise Studio) und London (Attic Sound) aufgenommen. Folglich gab es zwei unterschiedliche Bands für die beiden Sessions. Im Wesentlichen ist die Instrumentierung identisch. Einzige Ausnahme ist, dass Jacko Peake (Paul Weller) neben dem Saxofon auch die Querflöte einsetzt.

Mit seinen energetischen Nummern voller perkussiver Kraft lädt "Radified" zu einem Tanz auf dem Vulkan ein. Ganz gleich, ob die Songs von rad. persönlich oder zusammen mit ihrem Mann Michael Kirsch geschrieben wurden… die Mixtur ist höllisch und beeindruckend. Alleine die Tatsache, mit welcher Selbstverständlichkeit Rose Ann Dimalanta mit den Keyboardsounds spielt, hat Langzeitwirkung.

Der Opener "First Jamm" gibt so ziemlich die Richtung der ersten Platte vor.
Ein cooler Tastensound trifft auf eine messerscharfe Funkgitarre. Die Rhythmusabteilung, inklusive Handtrommlern und anderen Percussion-Elementen steigert sich in einen vielschichtigen Groove. Wenn rad. dann auch noch anfängt zu singen, schmilzt das Eis so schnell, als hätte man es aus Versehen in den Ofen gelegt. Im Schlussspurt übernimmt Birdy Jessel die Führung und treibt den Track mit Stakkato-Klängen zum Höhepunkt.

Andere Keyboards, andere Auslage der gesamten Rhythmusfraktion und der Funk wird mit einer Portion Soul gepaart. Die Gruppe klont keine Muster und Jessel hat ein richtig jazziges Saxofonsolo für den Hörer parat. Nach so viel Dampf müssen die hitzigen Gemüter erst einmal etwas runter gekocht werden. Wenn bei rad. Balladenzeit ist, geht es über den Kanal nach England. Hier präsentiert sich eine ganz starke Sängerin! "Time To Change" hat Charme sowie Feeling und dann diese Querflöte. Ich fasse es nicht.

Trotz vorheriger Dramatik bei den Saxofonen und der E-Gitarre, gewährt sie uns Einlass in ihren "Private Room". Gedämpftes Ambiente, eine bluesige E-Gitarre ist zu hören und rad. haucht die ersten Textzeilen ins Mikrofon. Der Bass sorgt für herrlich tiefe Töne, in aller Zurückhaltung dargeboten, nur um ein einziges Mal aufzuslappen. Hier ist Rose Ann Dimalantas Gesang einfach sexy. Diese Ballade ist die coolste Nummer auf der Platte. Von der Musik getragen, vollbringt sie eine Bestleistung nach der anderen. In einem Atemzug gilt das natürlich auch für die Band.

Bisher hatten wir in nur drei Songs verdammt viel Kurzweile. Konnte es das Saxofon jazzige und hielt sich rad. als Keyboarderin bisher zurück, brechen mit "Veinte Y Dos" alle Latin-Dämme. Wow, die Band umarmt die ganze Welt mit ihrer musikalischen Reise. Der CD-Sound ist richtig gut und passt so sehr zum 'let’s groove…'. Songs voller geballter Energie und hinreißende Balladen: rad. setzte bereits mit dem Erstling Maßstäbe und es macht einen neugierig, wie sich die Musik weiterentwickelt hat, denn die Künstlerin ist so aktiv, wie früher.

Qualität zahlt sich aus, denn rad. war zwischen 2003 und 2004 bei Prince aktiv. Zu dem Zeitpunkt war sie Mitglied der New Power Generation und machte die "Musicology"-Tour mit.

Wir schreiben das Jahr 2017 und "Radified" ist ein knackiges Album, über das man auch heute, ein viertel Jahrundert nach der Veröffentlichung, noch gerne stolpern darf, im Sinne von hören natürlich. Selbst die Gestaltung des Coverbildes ist ungewöhnlich und ich frage mich immer noch, welche LP rad. da in Händen hält. Wer noch mehr rad. im Regal haben möchte: Nach dem Debüt erschienen auf unterschiedlichen Labels unter anderem "Gotta Be" (1994), "Higher Plane" (1997), "Gotta Be Radified" (Compilation/2000) oder "Live In Japan" (2008).


Line-up rad.:

rad. (all keyboards, lead vocals, background vocals)
Corinna Ludzuweit (percussion, background vocals)
Birdy Jessel (tenor saxophone)
Sören Böhme (bass)
Wahwahwaje (guitar)
Matthias Trippner (drums)
Romona Wong (background vocals – #2,8,10)
Matthias Gruber (alto saxophone – #2,8, fute – #4)
Eddie Saunders (vocals – #3,6, background vocals)
Ernie McKone (bass – #3,6)
Crispin Taylor (drums – #3,6)
Mike McEvoy (guitar – #3,6, background vocals)
Jacko Peake (tenor saxophone, flute – #3,6)
Damon Brown (trumpet – #3,6)

Tracklist "Radified":

  1. First Jamm
  2. Wishy
  3. Time To Change (feat. Push)
  4. Veinte Y Dos
  5. I’ve Been Waiting
  6. Soul Society (feat. Push)
  7. Homegirls Cha Cha Network
  8. Bandwagon
  9. Private Room
  10. Get Radified!

Gesamtspielzeit: 45:23, Erscheinungsjahr: 1992

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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