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Raoul Vandetta & Soulfingers / Vabanque – CD-Review

Lang, lang ist es her als auch richtig guter Soul aus Deutschland kam. Raoul Vandetta & Soulfingers, 1982 »[…] in der Nähe von Dortmund […]« gegründet, war die Formation 1988 mit dem Longplayer "Vabanque" am Start.
Es dauerte nicht lange und Raoul Vandetta & Soulfingers waren angesagte Act in den Clubs landauf und landab. Ihre Songs füllten den Äther und im TV waren Sendungen von Alan Bangs, Harald Schmidt und Alfred Biolek Station des Erfolgs.

Auf der vorliegenden Platte sucht man vergeblich irgendwelche Coversongs von zum Beispiel Curtis Mayfield, Otis Clay oder James Brown. Alle Lieder wurden von Vandetta/Gúgú/Kaessens geschrieben.
Um etwas im Ruhrpott-Slang zu bleiben ist bei "Vabanque" Alarm im Schacht angesagt, hier brennt die Schlacke und aus dem Hochofen entweicht weißer Rauch.
Insgesamt zwölf Lieder lassen die vier Wände rund werden und wenn von den Soulfingers die Rede ist, dann steckt dahinter das ganz große Besteck der Instrumentierung. Drei Damen bilden den The Girls-Choir und mit The Jericho Horn Section heizen gleich vier Musiker ein. Diese Leute spielen definitiv keine Nebenrollen in der Musik-Mixtur.

Schwitzen, Schweiß und Stimmung sind in der fast einen Stunde Gesamtspielzeit angesagt. Am Ende der Scheibe gibt es noch drei Songs in alternativen Versionen. "Get On" wird als Dub-Ausgabe, "Do It!" in der Airplay-Version und "Bad Girl" als Girls & Guitar-Ableger serviert.
"Fancy Beat" packt den Hörer am Kragen und zieht ihn in einen von Schwarzlicht durchfluteten Club, in dem die Spiegelkugel zum Spielball der flackernde Scheinwerfer wird. Wer sich hier nicht animiert wird, sich aus dem Sofa zu hebeln, ist kein Musik-Fan.

Als »the master of desaster« singt der Bandleader Raoul Vandetta auch noch umwerfend authentischen Soul. Mit seiner leicht angeraut-flexiblen Stimme ist er außerhalb jeder Kritik. Es ist faszinierend mit welchen Mitteln funkige Klänge erzeugt werden. In "Bad Girl" benutzt Saiten-Hexer Gúgú eine Talkbox für seine Gitarre und das nicht nur als kleine Einlage, sondern als Sound-Begleiter durch das komplette Stück.

Überhaupt sind Bassist Jowe, Wayne Stix (Schlagzeug) sowie Ryan Burman an den Tasten eine verdammt virtuose Combo und obendrein darf man sich, wie in gerade genanntem Track auch über Bläser-Exkurse freuen, die einfach hervorragend sind. So auch das Saxofon-Solo von Pete Sagui. Die Gruppe zeigt einem, was so alles im Soul/Funk untergebracht werden kann. "Vabanque" ist Begeisterung pur. Dieses Album wirkt auch heute noch wie ein immenser Elektromagnet. Party vor den heimlichen Boxen.

Nach drei Nummern gönnt man dem Hörer mit dem Midtempo-Stück "Stop" ein erstes Durchatmen. Aber wenn einem dann "See The Lonely People" unter die Haut krabbelt, hält man schon wieder die Luft an, denn diese Ballade ist echt atemberaubend schön. Ryan Burman kreiert einen herrlichen Klangteppich und ansonsten gibt es, neben toll gesetzten Gitarren-Läufen nicht viel mehr instrumentale Begleitung. Oh, dieser Raoul Vandetta kann mit seiner Stimme auch richtig sanft sein.
"Real Lover" ist der Soul-Stadion-Rocker und die drei bereits erwähnten Song-Alternativen sind alle für sich etwas Besonderes. In der "Get On"-Dub-Ausgabe werden Pink Floyd-Klänge gefördert und die Radio-Version von "Do It!" ist noch ein Stück perkussiver. Mit "Vabanque" haben Raoul Vandetta & Soulfingers alles auf eine Karte gesetzt und den Hauptgewinn abgesahnt.

Die Band ist immer noch aktiv »[…] wenn es darum geht die Soulmusik zu den Menschen zu bringen.« Unter dem Namen Theo erschien Ende Oktober 2016 "Heart Of Soul". Ein Album mit echten Größen des Musik-Business: Tony Braunagel, Mike Finnigen, Johnny Lee Schell oder Percussion-Mann Lenny Castro.


Line-up Raoul Vandetta & Soulfingers:

Raoul Vandetta (vocals)
Jowe (bass)
Wayne Stix (drums)
Ryan Burman (drums)
The Girl-Choir:
Nana Hendrakes (backing vocals)
Sissy Van Dyk (backing vocals)
Tina Colada (backing vocals)
The Jericho Horn Section:
Pete Sagui (saxophone)
Carlos Groon (trumpet)
Ole Kruger (trumpet)
Lois Al G. (trombone)

Tracklist "Vabanque":

  1. Fancy Beat (5:39)
  2. Bad Girl (4:18)
  3. S.O.S. [Save Our Soul] (4:41)
  4. Stop (4:21)
  5. See The Lonely People (4:25)
  6. Do It! (6:54)
  7. Why Don’t You Love Me Anymore (4:54)
  8. Get On (5:08)
  9. Real Lover (5:41)
  10. Get On [Dub] (5:02)
  11. Do It! [Airplayversion] (3:44)
  12. Bad Girl [Girls & Guitarversion] (4:18)

Gesamtspielzeit: 59:52, Erscheinungsjahr: 1988

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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