«

»

Ray Wilson / Time & Distance – CD-Review

Ob Ray Wilson reich ist, entzieht sich wohl der Kenntnis vieler Personen, aber definitiv ist er reich an Live-Veröffentlichungen. Ganz allgemein darf man wohl davon ausgehen, dass bei allen Alben aus dieser Kategorie der Daumen irgendwie nach oben zeigt.
Randvoll mit Musik ist der Doppeldecker "Time & Distance". Fünfundzwanzig Lieder stehen vor dem Hörer wie eine Musiker-Geschichte, die bewegend ist und durch Ray Wilson in Bewegung gehalten wird. Da darf es ruhig ein Doppelalbum mit Rückspiegel-Charakter sein.
Neben seiner Karriere unter eigenem Namen stehen auch Bands wie Genesis und Stiltskin auf seiner Visitenkarte.

Legt man die Songs der vorliegenden Platte an eine Zeitleiste, ist retro angesagt.
Musikalisch erscheint hier alles frisch, modern, gekrönt von der markanten Stimme eines Künstlers, der wohl die unzähligen Locations, in denen er spielt in gewisser Weise als seine zweiten Wohnzimmer ansehen kann.

Die erste CD ist voll von fast nur Genesis-Songs und wer kann es dem Protagonisten übel nehmen, wenn das Album mit dem Titelsong der Scheibe beginnt, auf der Ray Wilson Sänger der Progressive -/Art Rock-Band war. Die elf Kompositionen auf "… Calling All Stations …" waren das letzte Tonträger-Lebenszeichen der in Frühzeiten richtungsweisenden Band.
So wird der Doppeldecker mit "Calling All Stations" quasi standesgemäß rockend eröffnet und der Hörer darf sich im zeitlich ausufernden, aber exzellent arrangieren und gefüllten "The Dividing Line" über ein vom Lawie MacMillan-Bass gestütztes Schlagzeug-Solo von Mario Koszel freuen. Über neun Minuten ist die Luft in den vier Wänden gefüllt mit good Vibrations, auch weil der rockende Ali Ferguson seine Fretboard-Visitenkarte an den Mann und die Frau bringen kann.

"Time & Distance" bietet viel von Genesis. Ray Wilson und hat sich für diese Abteilung des Albums auch einen Titel von Peter Gabriel ausgesucht. Die Wahl fiel auf "In Your Eyes" von der Veröffentlichung So. Akustisch inszeniert, gewinnt der Track deutlich an Intensität und das Querflöten-Solo von Marcin Kajper am Ende der Nummer ist das Sahnehäubchen.
Gleich danach folgt "Another Day In Paradise", im Original von Phil Collins. Mit Pianobegleitung kommt dieses Lied phasenweise fast orchestral daher. Eine klasse Interpretation eines Hits, der doch so sehr in den Ohren verblieben ist.
Nach "Mama" und der Band-Vorstellung gibt es einen grandiosen "Congo"-Abschluss der ersten CD. So ergeben sich als Buchstützen quasi zwei Songs von Genesis' "… Calling All Stations …"-Album.
Die Tracks wurden in der Hamburger Markthalle, Cultuurpodium Boerderij, Boxmeer (NL) und Parkstad Limburg Theatre, Heelren (NL) mitgeschnitten.

Die zweite Platte stellt den Künstler Ray Wilson prominent in den Vordergrund. Dabei sind wenige Lieder, die er auch mit Stiltskin veröffentlicht hat.
Sehr persönlich gehalten ist der Opener "Alone", der melodisch-melancholisch daher kommt. Insgesamt verfügen die zwölf Nummern auf CD 2 über ein ruhigeres, aber nicht minder intensives Ambiente. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel. So rockt zum Beispiel der "Propaganda Man" mit einem Überflieger-E-Gitarren-Solo von Ali Ferguson.

Ohne die Qualitäten der Begleitmusiker in Zweifel zu ziehen, punktet "Time & Distance" besonders durch Macin Kajper, Steffi Hoelk sowie Agnieszka Kowalcyk. Sie verpassen einigen Liedern eine großformatige Stimmung. Die Streicherklänge sind immer wohl gesetzt und wirken zu keinem Zeitpunkt überfrachtet.
Über Highlights zu schreiben, erübrigt sich fast, denn sie entwickeln sich zu einer sehr persönlichen Auslese. Die Genesis-Songs erleben wir abseits der ausgetretenen Pfade und auf der zweiten CD sind aus meiner Sicht unter anderem "Song For A Friend" mit herrlicher Percussion-Begleitung und das gigantische Breitband-Drama "Makes Me Think Of Home" zu nennen.

Auch wenn es unter unterschiedlichen Gesichtspunkten schon so einige Live-Veröffentlichungen von Ray Wilson gibt, hat "Time & Distance" dennoch einen eigenen Charme und darf an den Leser als Kaufempfehlung weitergereicht werden.


Line-up Ray Wislon:

Ray Wilson (lead vocals, electric guitar, acoustic guitar)
Steve Wilson (electric  guitar, acoustic 12-string guitar, acoustic 6-string guitar, backing vocals)
Ali Ferguson (lead guitar, acoustic 12-string guitar, acoustic 6-string guitar, backing vocals)
Kool Lyczek (piano, keyboards)
Lawie MacMillan (bass, backing vocals)
Mario Koszel (drums, percussion)
Marcin Kajper (saxophone, flute, shewee)
Uwe Metzler (acoustic guitar)
Steffi Hoelk (violin)
Agnieszka Kowalczyk (cello)

Tracklist "Time & Distance":

Disc One:

  1. Calling All Stations
  2. The Dividing Line
  3. Home By The Sea
  4. Carpet Crawlers
  5. Entangled
  6. Ripples
  7. Follow You Follow Me
  8. Not About Us
  9. In Your Eyes
  10. Another Day In Paradise
  11. Another Cup Of Coffee
  12. Mama
  13. Congo

Disc Two:

  1. Alone
  2. Propaganda Man
  3. Calvin And Hobbes
  4. Take It Slow
  5. Ought To Be Resting
  6. Old Book On The Shelf
  7. Song For A Friend
  8. Not Long Till Springtime
  9. Another Day
  10. Makes Me Think Of Home
  11. Bless Me
  12. First Day Of Change

Gesamtspielzeit: 72:56 (CD 1), 75:09 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
Über mich
Meine Seite Im Archiv
Mail: joachim(at)rocktimes.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>