Anfang des Jahres 2019 durften wir euch die Debütscheibe Rückbau von Rezzo’s Komplott vorstellen, eine Platte, die in gerade mal einer Nacht live im Studio aufgenommen wurde. Und damit gar nicht mal schlecht weg kam, wenn ich mir das Review nochmal durchlese. Nur wenig mehr als zwölf Monate später schlug die Pandemie zu, die die Leben sehr vieler Menschen sowohl aus sozialer, als auch – und gerade hier sind Musiker ganz besonders hart getroffen – finanzieller Sicht extrem beeinträchtigte. Betroffen davon war auch der gute Rezzo, der neben seinem eigenen Projekt noch als Frontmann der Bands Acoustical South sowie Sourmash tätig ist. Keine Gigs … für viel zu lange Zeit war es nicht mal möglich, sich als Band im Proberaum zu treffen. Was bleibt? Genau, ein neues Album aufnehmen! Diesmal nicht nur in einer Nacht und zwangsweise auch mal in verschiedenen Räumlichkeiten (Proberaum, Küche, Wohnzimmer), dennoch konnten die Arbeiten an der neuen Platte "Vollmondnacht" abgeschlossen werden.
Die Musik von Rezzo’s Komplott hat jedenfalls nichts von ihrer Spontaneität, ihrer Rauheit und ihrem sehr puristischen (und dadurch guten) Ansatz verloren. Hier ist man mittendrin, hier erzählt das Leben. Nach dem relativ kurzen und gemäßigten "Intro" geht es dann direkt mit "Morgen sind wir tot" und einem geilen Rock-Riff der alten Schule in die Vollen. Extrem gelungen kommt nicht nur das Arrangement, sondern auch die Ausführung der Background Vocals von Stephanie Wiesehöfer. Sehr geiles Stück, von dem man nicht genug bekommen kann. Platz zum Luftholen gibt es allerdings kaum, da "Riot Baby" erneut den Rock’n’Roll zelebriert und damit punktgenau auf die Zwölf trifft. Wow, das sitzt. Okay, mit dem Titeltrack wird dann ein Gang zurück geschaltet und hier geht es sehr bluesrockig zur Sache. Genauso gekonnt, wie die Tracks zuvor und auch hier mit jeder Menge Ecken und Kanten sowie Dreck unter den Fingernägeln versehen, die diese Tracks so authentisch machen.
Immer wieder fühlt man sich bei den Gitarrenriffs an die guten alten Rolling Stones erinnert, aber an einer Stelle von "Barzahlung" tauchen auch mal AC/DC vor dem geistigen Auge des Hörers auf. Ist aber gar nicht schlimm, da selbst diese Querverweise sehr positiv in den Gesamtsound einfließen und sich Rezzo’s Komplott jederzeit ihre eigene Identität bewahren. In der Mitte der Scheibe befindet sich ein kleiner Durchhänger, der mit "Endstation" dann aber wieder eiskalt ausgekontert wird. Die absolute, aber durchaus gelungene Überraschung ist dann die Nummer "Du glaubst mir nicht" in einer Reggae-Version!! Schon wieder sehr cool. Zu den Texten nur soviel, dass hier oft kritische und nachdenkliche Themen verarbeitet werden, was gegen Ende des Albums in dem schwermütigen "Trinkverbot" seinen Höhepunkt findet. Beim abschließenden hoffnungsvollen, aber auch mit (gefühlt) ironischem Unterton gebrachten "Oh wie schön" wurde dann sogar auf das Schlagzeug verzichtet. Guter Schlusspunkt!
Über die doch sehr persönlich wirkenden Texte möchte ich mich nicht weiter auslassen, die darf jeder für sich selbst entdecken. Ansonsten ist der Verfasser dieser Zeilen von "Vollmondnacht" sehr positiv überrascht und empfindet das Album ein gutes Stück stärker als "Rückbau", was in erster Linie mit dem Songwriting an sich, der Einspielung und der – je nachdem wie man es sehen will – rohen, unfertigen und dennoch so coolen Produktion zu tun hat. In der Kurzfassung: Geiler Rock’n’Roll, deutsche Texte, sehr gutes Songwriting und – durch die oben beschriebenen Umstände – sehr eigene Atmosphäre. Meine Anspieltipps sind "Morgen sind wir tot", "Endstation", der Titeltrack sowie "Du glaubst mir nicht".
Line-up Rezzo’s Komplott:
Rezzo (guitars, ukulele, lead vocals)
Rossi (lead guitars, background vocals)
Franky (bass)
Felix (drums, background vocals)
Mit:
Michael Aule (trombone – #9)
Stephanie Wiesehöfer (background vocals – #2)
Frederick, Sebastian, Katharina, Elisa, Joshua und Jakob (background vocals – #5)
Tracklist "Vollmondnacht":
- Intro
- Morgen sind wir tot
- Riot Baby
- Vollmondnacht
- Barzahlung
- Sorgenkinder
- Irgendwann
- Endstation
- Du glaubst mir nicht
- Trinkverbot
- Oh wie schön
Gesamtspielzeit: 35:55, Erscheinungsjahr: 2021
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