«

»

Rob Tognoni / Rebel – CD-Review

Rob Tognoni / Rebel

Tasmanischer Teufel tanzt etwas unter Wert

Seit dem Album The Ironyard aus dem Jahre 2006 und somit noch aus der Anfangszeit unseres Magazins stammend, ist Rob Tognoni wie wohl kein Zweiter Stammgast in den Bereichen Album- und Konzertreviews.
Was Wunder, blickt der auf der Insel und Bundesstaat Tasmanien geborene Australier doch seit 1995 auf insgesamt 20 Albumveröffentlichungen (Studio, Live & Compilation) zurück. Die jüngste soll an dieser Stelle Gegenstand der Betrachtung sein.

"Rebel" ist nach dem 2020er Catfish die zweite Veröffentlichung auf dem Hannoveraner Indie-Label MIG (Made In Germany) und erneut zusammen mit seinen derzeitigen Mitstreitern Slawek Semenuik und Mirko Kirch eingespielt, zumindest bis zum David Bowie-Cover "Rebel, Rebel", welches etwas überraschend eher John Mellencamp-Vibes versprüht und geschickt die textliche Klammer zum Einstiegssong "Rebel And A Gamble" schließt. Rob Tognoni scheint ob der Weltereignisse mit Recht immer noch aufgewühlt, lautete doch ein Titel vom Vorgängeralbum "Fat Orange Man" und die Welt muss sich immer noch mit diesem Psychopathen auseinandersetzen, womöglich weit über die Aktualität von "Rebel" hinaus … und beileibe nicht nur mit ihm.

Da darf es niemanden wundern, dass Rob Tognoni hörbar nicht kuschelig zumute ist und Chuck Berry, der einst schon von Landsmann Angus Young einer Frischzellenkur unterzogen wurde, eine zusätzliche Schredder-Dimension verpasst bekommt. Dass dabei auch mal herzlich ein lakonisches "Fuck Of(f)" gerappt (!) wird, passt wunderbar zur Grundstimmung des Albums, so wie auch das nette Gimmick, dass uns Lemmy Kilmister selig von der Coverrückseite grimmig frontet. Musikalisch sollte sich aber niemand verwirren lassen, wir sind hier immer noch im rolligen Blues Rock. Haben wir allerdings in diesem Zusammenhang eine weitere Cover-Version von "Whisky In The Jar" gebraucht?
Ist also selbiges eher überflüssig, darf der plötzliche melodische Fluss im Mittelteil des Albums als willkommene Kontrastierung gelten, was gar in eine Art Ballade in Gestalt von "Orion" mündet und damit drei der besten Eigenbauten des Albums zeitigt.

Das letzte Drittel des Albums ist eine Bonus-Sektion, ohne dass diese als solche ausgewiesen wäre. Es ist leider allgemein ein Manko des Labels MIG, dass deren Veröffentlichungen es an Informationsgehalt missen lassen. In diesem Fall fehlen nicht nur sämtliche Songtexte, es gibt auch keinerlei Hinweise darauf, wo, wann und in welchem Zusammenhang die Tracks außerhalb der Stamm-Rhythmusfraktion entstanden sind.
"Lands Of Cirrus" und "Lil' Melody" sind Live-Aufnahmen, "Victim Of Circumstance" ist eine feurige Neuinterpretation vom 1989er Ten Years After-Album "About Time", in der Alvin Lee mal eben zu Angus Young transformiert wird, "Life" eine ebenso gelungene Coverversion vom Animals & Friends-Album "Instinct" (2004) inklusive Originalinterpret Peter Barton und "Assholes And Opinions" stammt vom Tribute-Album "The English Project" (2018), bei welchem die schwedische Hard Rock-Combo Spearfish mit verschiedenen Gästen dem 2016 verstorbenen Musiker, Sänger, Songwriter und Schauspieler Jon English -1949 geborener Londoner, 1961 nach Australien immigriert – ihre Ehre erweist, den sie 2013 beim Sweden Rock Festival begleitet hatten und zwei Jahre später mit ihm dessen neues Soloalbum aufnehmen wollten.
Zwischendrin befindet sich mit "2050" noch das zweite Instrumental in diesem letzten Drittel, welches offenbar mit Tognonis Stammleuten eingespielt ist und durch die Reminiszenz an "You Really Got Me" (Kinks) wenigstens etwas spannender ausfällt als das laue "Weed".

Fazit:
Durch die offenbar zu unterschiedlichen Zeitpunkten, an unterschiedlichen Orten und mit unterschiedlichen Musikern entstandenen Aufnahmen ergibt sich nicht nur musikalisch, sondern auch klanglich ein inkohärentes Bild. Rein vom Songmaterial her ist auffallend, dass die Fremdvorlagen mit der erwähnten Ausnahme durch die Bank stärker sind als Tognonis Originale, während die Klangqualität in Folge übermäßiger Kompression (Kappung der Lautstärkespitzen bei gleichzeitiger Pegelmaximierung der leisen Anteile) unrettbar verloren ist.
Damit schlägt sich unser Dauergast im Gesamtergebnis leider etwas unter Wert, wird das aber bestimmt bei seiner aktuellen Clubtour wett machen können.


Line-up Rob Tognoni:

Rob Tognoni (guitars, vocals, backing vocals)
Slawek Semenuik (bass)
Mirko Kirch (drums)
Heidi Manu (percussion)

Additional musicians:
Paul Sticca (rhythm guitar #12)
Brendan Lodi (bass #12)
Steve Sampson (drums #12)
Gerry Reynders (drums #13,14)
Peter Lundin (rhythm guitar #16)
Pontus Lundin (lead guitar #16)
Thomas Thulin (bass, acoustic guitar, rhythm guitar, backing vocals #16)
Marcus Höher (drums #16)
Mark Taylor (keyboards #16)
Eric Oblander (harmonica #16)
Peter Barton (rhythm guitar, acoustic guitar #17)
Ian Jennings (bass #17)
Mike Hellier (drums #17)
Stevie Watts (keyboards #17)

Tracklist "Rebel":

  1. Rebel And A Gamble (3:37)
  2. Eyes Wide Open (3:42)
  3. Primeval Baby [Tribal] (2:53)
  4. Whisky In The Jar (4:46)
  5. Move Along (3:03)
  6. Here To Stay (3:32)
  7. Little Things (3:40)
  8. A Mystery Man (4:25)
  9. Orion (4:39)
  10. Weed (2:41)
  11. Rebel, Rebel (3:25)
  12. Victim Of Circumstance (4:32)
  13. Lands Of Cirrus [Live] (3:06)
  14. Lil' Melody [Live] (4:08)
  15. 2050 (3:22)
  16. Assholes And Opinions (5:10)
  17. Life (4:01)

Gesamtspielzeit: 64:44, Erscheinungsjahr: 2024

Über den Autor

Olaf 'Olli' Oetken

Beiträge im Archiv
Hauptgenres (Hard Rock, Southern Rock, Country Rock, AOR, Progressive Rock)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>