Leben, Sterben und Gitarre Spielen mit den Doors
Nachdem die beiden Doors-Mitglieder Ray Manzarek († 20.05.2013) im Jahr 1999 und daraufhin John Densmore 2017 ihre Memoiren veröffentlichten, hat nun auch Robby Krieger sein Schweigen gebrochen und legt ein 424-seitiges Werk vor, in dem er dem Leser seine Sicht der Dinge näher bringen möchte mit dem Ziel, Fakten und Fiktionen voneinander zu trennen.
Natürlich ist auch sein Rückblick eher subjektiv einzuordnen da teilweise von Drogenmissbrauch geprägt. Deshalb stellt sich mir schon die Frage, ob die geschilderten Erinnerungen an die Konzerte sowie viele andere Begebenheiten und Einzelheiten – gerade auch im Zusammenhang mit Jim Morrison – tatsächlich immer im richtigen Zusammenhang dargestellt wurden. Dazu kommt, dass immerhin gut 50 Jahre seit Morrisons Tod vergangen sind. Da kann es gut und gerne passieren, dass man sich nicht mehr an alle Details erinnern kann, was verzeihlich ist.
In den meisten Büchern, die ich über die Doors gelesen habe, stand natürlich der charismatische Frontman Jim Morrison – dessen Leben, Wirken und sein mysteriöser Tod – stets im Mittelpunkt und auch von den Fans wurde die Band in erster Linie mit Morrison assoziiert. Er galt als der Dichter und Poet der Band, er lieferte also die Texte. Interessant ist es deshalb zu erfahren, dass die Songs hauptsächlich in Gemeinschaftsarbeit entstanden und von allen gemeinsam geschrieben wurden. Es gab aber auch sogenannte 'Soloausflüge', Robbie Krieger steuerte zum Beispiel "Light My Fire", "Touch Me" oder "Runnin' Blue" bei. Diese Art der Zusammenarbeit führte dazu, dass grundsätzlich auch bei den Credits alle vier Bandmitglieder aufgeführt und die gesamten Einnahmen gerecht aufgeteilt wurden.
Robbie Krieger erzählt in dem Buch von seiner ersten Gitarre, die aus einem Pfandhaus stammte, von den Zusammenkünften der Doors-Mitglieder im Wohnzimmer seiner Eltern (zu denen er übrigens ein sehr liebevolles Verhältnis hatte) um Songs zu schreiben und von den ersten – eher peinlichen Auftritten in kleinen, fast leeren Clubs bis hin zum großartigen Erfolg der Doors.
Er schildert sehr ausführlich die Entstehungsgeschichte der erfolgreichsten Platten und Songs, schreibt im Kapitel "Den Drachen jagen" sehr ehrlich über seine und die Drogenprobleme seiner Frau, mit der er übrigens nach wie vor noch verheiratet ist. Er geht auch auf den von Regisseur Oliver Stone gedrehten Film "The Doors" ein (in welchem Val Kilmer die Hauptfigur spielt) und zu dem er seine ganz eigene Meinung hat: »Oliver erzählte nicht die Geschichte der Doors; er erzählte seine eigene Geschichte, basierend auf der Interpretation, wie die Doors in seiner Vorstellung waren.[…]«
Auch seinem toten Zwillingsbruder Ronny widmet er ein komplettes Kapitel und setzt sich mit dessen psychischer Erkrankung auseinander.
Sehr lesenswert finde ich gleichfalls die Kapitel, in denen der Autor und Musiker über die Zeit nach Jims Tod eingeht. Obwohl die verbliebenen Doors-Mitglieder Densmore, Krieger und Manzarek hervorragende und sehr anerkannte Musiker sind, war der Neustart für alle drei nicht so einfach. Zumal es auch interne Zwistigkeiten zwischen den Bandmitgliedern gab. In eine der Auseinandersetzungen waren die Familien Morrison und Courson ebenfalls involviert und endete vor Gericht. Nachzulesen unter "Der andere Prozess".
In der Folgezeit gab es Reunions-Konzerte, Zusammenschlüsse zwischen Krieger und Manzarek als Band und Soloprojekte. Krieger versuchte Anfangs vehement, 'das Hemd' der Doors abzustreifen, um im Laufe der Jahre festzustellen, dass es nicht nur Fluch, sondern auch Segen ist, ein Mitglied der Doors gewesen zu sein. Mittlerweile hat er seinen Frieden gemacht und tritt nach eigener Aussage gern mal mit Doors-Tribute-Bands gemeinsam auf oder spielt Doors-Songs bei seinen Solo-Auftritten.
Das umfangreiche Werk beinhaltet jede Menge Schwarz-Weiß-Fotos, Bildnachweise, eine Danksagung sowie ein Register und einen kurzen Hinweis zu den Autoren Krieger und Alulis.
Störend finde ich lediglich, dass es vor offensichtlichen Rechtschreibfehlern nur so wimmelt.
Wer nicht nur Informationen zu Jim Morrison, sondern auch über das Leben und Wirken der Band als Gesamtheit erfahren möchte, ist mit diesem umfangreichen Werk bestens bedient.
Kapitel:
- Das Henry Hudson Hotel
- Die schlimmste Frisur im Rock’n’Roll
- Bewahre The Stare That Threatens All Mankind
- Wicked Go The Doors
- Send My Credentials To The House Of Detention
- Das Wohnzimmer
- Das Krawall-Konzert
- Guitarras Ramírez
- Drei Wörter
- Zwischen Clark und Hilldale
- Unbekannte Soldaten
- Auf der Suche nach Erleuchtung: Teil I
- Ronny
- Auf der Suche nach Erleuchtung: Teil II
- Elf Minuten, einundvierzig Sekunden
- Schmerz ist etwas, das man mit sich trägt, wie ein Radio
- Das erste Album
- Ich und Willie
- Love Street
- 1967
- Let’s Feed Ice Cream To The Rats
- Die Teenage Awards Music International Show
- Strange Days
- Lynn
- Das Lebenswerk
- Pam
- Ein sehr großer Schuh
- Carry Me, Caravan, Take Me Away
- Das Fest der Auferstehung
- Waiting For The Sun
- Ship Of Fools
- Time To Aim Your Arrows At The Sun
- Keep Your Eyes On The Road, Your Hands Upon The Wheel
- Der Vorfall
- Der 27er-Club
- Den Drachen jagen
- Waylon
- The Soft Parade
- Das Veilchen
- Die Flügel des Wahnsinns
- Der Prozess
- One Froggy Evening
- Daraus kann man einen Film machen
- Morrison Hotel
- Blaue Jacarandas
- Unmoralischer Natur
- The New Creatures
- Der andere Prozess
- L.A. Woman
- In Anerkennung
- Other Voices und Full Circle
- Der King
- This Is The End
- Das besste Par-3-Loch in America
- An American Prayer
- Beruf: Musiker, Organist
- Nirvana
Angaben zum Buch:
Verlag: Heel; 1. Edition (26. Mai 2022)
Sprache: Deutsch
Hardcover, 424 Seiten, Schwarz-Weiß-Fotos
Abmessungen: 16.1 x 4.7 x 24.1 cm
ISBN-10: 3966643863
ISBN-13: 978-3966643863
Preis: 39,95 €
2 Kommentare
Peter Trägner
16. September 2022 um 15:22 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Danke für die Rezension, aber ich werde mir das Buch wohl nicht kaufen. 40 € für eine Biografie, dann noch, wie du anmerkst, voller Rechtschreibfehler.
Ehrlich, ich finde das mittlerweile unverschämt, was da für Mondpreise auf dem Büchermarkt aufgerufen werden.
Bleibt die Hoffnung, dass es demnächst als Mängelexemplar auf dem Wühltisch landet.
Viele Grüße
Peter T.
Ilka Heiser
16. September 2022 um 18:44 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Hallo Peter, ja es ist leider nicht zu leugnen, dass in Bezug auf Korrekturen nicht sehr gewissenhaft gearbeitet wurde, was sehr schade ist. Das stört zwar nicht den Lesefluss, tut aber dem Auge weh.
Was die Preise anbetrifft, ich denke, dass in dieser Hinsicht die allgemeine Situation (steigende Energiepreise, Papierknappheit – was tatsächlich der Fall ist und teilweis schon zu Verzögerungen bei den Buchveröffentlichungen geführt hat) eine große Rolle spielt. Da kann man dem Verlag keinen Vorwurf machen.
Viele Grüße
Ilka