"Brich aus" heißt die zweite CD von Robert Gläser. Dem mit "Robert Gläser" überschirebenen Debütalbum aus dem Jahr 2016 folgt eine Produktion, die eindeutig im Rock angesiedelt ist. Der Wahlberliner präsentiert mit "Brich aus" ein erfrischend abwechslungsreiches Album, das bereits mit dem ersten Höreindruck zündet.
Es sind vor allem die rockigen Stücke, mit denen der Bassist und Sänger punktet. Doch er zeigt, dass er die ruhigeren Töne ebenfalls beherrscht, ohne dass dies in Schnulzen oder Belanglosigkeit abgleitet.
Als guter Anspieltipp taugt der Titelsong mit seinen punkigen Anleihen. "Brich aus" erinnert mich in der Melodie ein wenig an "Schrei nach Liebe" von den Ärzten. Auch "Friss oder stirb" rockt melodisch zwischen Punk und Britpop.
Die gleichnamige, Anfang der 1990er Jahre in Großbritannien entstandene Musikbewegung mit ihrer gitarrenlastigen Rock- und Popmusik steht für eine komplexe Vielfalt, die auch Robert Gläser auf diesem Album an den Tag legt. Ein weiteres Beispiel dafür ist der Opener "Niemals zu Ende". Schon mit diesem Titel ist das Eis gebrochen und man spürt, welch Rockerherz hier schlägt.
Das folgende, emotionale Stück "Immer wenn ich denke" ist eine verträumte Rockballade mit einer wunderbar bildhaften Sprache. Und schon hier erkennt der Hörer, dass der Interpret Robert Gläser, Jahrgang 1972, eine facettenreiche Klangfarbe hat.
Auch in der Folge wechseln sich Rockiges ("Alte Zeiten") und Ruhigeres ("Sag kein Wort") ab, wobei bei letzterem Titel die treibenden Gitarren den Unterschied zu einem biederen Liebeslied ausmachen. Der Popsong "Kopf hoch" wirkt wie eine kurze Verschnaufpause zwischendurch. Man kann sich das Stück gut als ein Beitrag in ausgewählten Radioformaten vorstellen.
" Egal was jetzt noch kommt" ist in der Einheit von Text und Musik ein wunderbar poetischer Song, dem "Weißt Du was Du bist" textlich noch einen draufsetzt. Kleiner Auszug gefällig?
»Im Schatten lieg ich, er wartet im Licht.
Die Ehrlichkeit ist Deine Schwester nicht.
Du hast nur spekuliert, gerechnet und taktiert,
Mein Herz ist ausgebrannt.
Und auch mein Verstand«.
Diese Zeilen stammen von Rainer Thielmann, einem 1965 in Hagen geborenen Künstler und Dichter. Die Gesamtheit der Texte liefern mehrere Autoren, bei einigen Liedern ist Gläser selbst Co-Texter.
"Himmel voller Geigen" überrascht mit einem Intro der Marke Jimi Hendrix. Auch hier geht der Refrain schnell ins Ohr.
"Verzeihung" ist ein ruhiges Liebeslied, bei dem allein der Name Programm ist.
Mit einem Augenzwinkern hat Robert Gläser das abschließende Stück "Bonus: Nööö" überschrieben. Der gemütliche Rausschmeißer ist gleichzeitig der Song, der stimmlich und melodisch am ehesten an seinen prominenten Vater erinnert. Der Leipziger Peter 'Cäsar' Gläser (1949 – 2008) war Musiker bei der Klaus Renft Combo, Karussell sowie Cäsars Rockband und für viele Menschen in der DDR ein musikalisches Idol. Das gilt auch für die Zeit bis nach seinem frühen Tod vor elf Jahren. Von ihm bekam Robert Gläser die Begeisterung für die Musik in die Wiege gelegt. Daran besteht kein Zweifel.
So lernte er Bass, Gitarre und Schlagzeug spielen und gründete bereits im Alter von zwölf (!) Jahren seine erste eigene Band. Später trommelte er bei der Leipziger Punk-Combo L’Attentat. In Cäsars letzter DDR-Band zupfte Sohn Robert den Bass.
Doch der Produzent, Arrangeur und Songschreiber (für City, Dirk Zöllner, Dirk Michaelis, Thomas Anders, Bell, Book & Candle) stand künstlerisch schnell auf eigenen Füßen und entwickelte somit seine eigene Handschrift, die ihn und sein aktuelles Album auszeichnet.
Seit 2015 ist er zusammen mit Bruder Moritz für das Cäsar-Revival-Projekt Apfeltraum unterwegs. Parallel wirkte Robert Gläser zwischen 1992 und 2017 als Kreativmotor der brandenburgischen Rockband SIX.
Neben bekannten Musikern aus der Berliner Rock-Szene wird Robert Gläser auf "Brich aus" von Bruder Moritz Gläser unterstützt, der für verschiedene Songs das Programming der Sounds beisteuerte. Produziert wurde das Album von Robert Gläser selbst sowie Simon Allert und Marcus Gorstein.
Robert Gläser beweist mit seinem neuen Album, dass er ein Händchen für geschmeidige Songs hat. Im Kern ein Stücken Liedermacherqualität, doch in erster Linie ein Rockmusiker.
Deshalb ist zu hoffen, dass es neben den geplanten Auftritten des Projekts 'Apfeltraum – 70 Jahre Cäsar Tour' vielleicht mittelfristig eine Albumtour mit Robert Gläser und Band zu erleben gibt. Das Zeug dazu haben die Titel allemal.
Line-up Robert Gläser:
Robert Gläser (Gesang, Bass)
Ryan Hoyle (Schlagzeug)
Felix Lehrmann (Schlagzeug #2,4,5,7,13)
Jörg Weisselberg (Gitarre #1,3,6,8,9,10,12)
Stefan Henning (Gitarre #2,4,5)
Uwe Fischer (Gitarre #7,13)
Claus Fischer (Bass #13)
Marcus Gorstein (Keyboard, Percussion, Backing Vocals)
Daniel Hassbecker (Cello, Keyboards, Hammondorgel, Piano)
Matthias Klünder (Piano #2)
Simon Anke (Piano #8)
Christoph Falkner (Piano, Programmings)
Moritz Gläser (Programming)
Marco Göpel (Additional Synths)
Tracklist "Brich aus":
- Niemals zu Ende (3:53)
- Immer wenn ich denke (3:47)
- Alte Zeiten (3:22)
- Sag kein Wort (3:48)
- Kopf hoch (3:52)
- Brich aus (3:07)
- Egal was jetzt noch kommt (3:53)
- Himmel voller Geigen (3:35)
- Weißt Du was Du bist (4:18)
- Friss oder stirb! (3:42)
- Verzeihung (2:59)
- Auf verbrannter Erde (3:27)
- Verloren im dichten Nebel (3:45)
- Bonus: Nööö (2:48)
Gesamtspielzeit: 50 Minuten Erscheinungsjahr: 2019
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