
Zwei einflussreiche Musiker trafen sich am 8.Juni 1978 im WDR-Studio-L in Köln, um im Rahmen der Reihe "Live At Rockpalast" ein Konzert zu geben. Zum einen war das Robert Gordon (Robert Ira Gordon), der 1947 in Washington geborene Sänger und zum anderen der Gitarrist Link Wray (Fred Lincoln 'Link' Wray Jr.), geboren 1929 in North Carolina).
Gordon war mitverantwortlich für den Neo-Rockabilly-Trend der Siebziger und frühen Achtziger, doch bereits vorher war er aktiv in der Rock’n’Roll-Szene und später gar im Punk mit der Band Tuff Darts. Wray setzte bereits in den Fünfzigern wichtige Zeichen, hier ist sein wegweisendes Instrumental "Rumble" aus 1958 besonders hervorzuheben. Mit seiner Band Link Wray & His Wray Men konnte er mit dem Stück Platz 16 in den Billboard Hot 100 erreichen. Durch seinen rauen Gitarrenstil beeinflusste er auch Bands wie The Who und The Yardbirds.
Die beiden Musiker, Gordon und Wray kamen zusammen, als sie gemeinsam auf Tournee gingen und schließlich 1977 eine erste gemeinsame Platte einspielten. Man präsentierte zum Beispiel viele Coverversionen alter Songs von Billy 'The Kid' Emerson ("Red Hot", bekannt geworden durch Billy Riley) oder Eddie Cochran ("Twenty Flight Rock") und die Platte galt als wegweisend für dieses Rockabilly-Revival. Ende 1978 trennten sich die musikalischen Wege Beider dann wieder. Zuvor spielte man jedoch gemeinsam noch einmal für diese Rockpalast-Aufnahmen und somit ist das ein gutes Dokument.
Auch bei diesem Konzert griff man auf einige 'gute Bekannte' zurück, gleich zu Beginn auf den Klassiker von Johnny Burnette, "Rock Therapy". Hier fällt mir sogleich das sehr prägnante und druckvolle Spiel des Bassisten Rob Stoner auf. Seine Rhythmik geht durch das Konzert wie am Schnürchen, und gemeinsam mit Drummer Anton Fig bietet er ein starkes Rückgrat für die beiden Haupt-Performer. Nun könnte man darüber streiten, wer der Wichtigere der Beiden ist. Klar, Sänger Gordon steht zunächst im Fokus durch seinen typischen Gesang im Rockabilly-Style und einem gelegentlichen Hauch von Elvis, doch ist es eigentlich Link Wray, der hier die wesentlichen Akzente setzt durch seinen stets präsenten und durchdringenden Gitarrensound. So hat er die Regler seiner Gitarre immer fein auf hohem Niveau und bringt diesen satten Drive und kraftvollen Stil klar in den Vordergrund.
Hiervon kann man sich dann auch durch die zum Set gehörige DVD überzeugen, denn während Gordon doch relativ ruhig und gelassen bleibt mit recht 'cooler' Präsenz, wirbelt Wray im Lederoutfit doch ständig hin und her und spielt seine Gitarre ganz locker und lässig, bis dann sein Hit "Rumble" erscheint, dann ist er nicht mehr zu halten und lässt die Sau raus! Mitunter meint man, Hendrix wäre auferstanden, solche Kaskaden schießt der Mann hier ab. Mit lang gezogenen Powerchords und brillanten Einwürfen ist er hier offensichtlich der Star der Show! Doch Gordon griff schließlich auch zur Gitarre für "Wild Wild Women" und ein dicker Gitarrenteppich breitet sich nun aus. Zu den beiden Stars hat sich, und das ist auf der Verpackung abgedruckt, Bob Dylan im Jahre 1978 wie folgt geäußert: »These days, nobody does real rock’n’roll anymore – except Robert Gordon and Link Wray.«
Noch einmal kurz zur Setlist, hier sind es vor Allem "Mystery Train", einst von Presley interpretiert, "Baby, What You Want Me To Do" von Jimmy Reed (hier singt im Übrigen Wray), "Fire" von Bruce Springsteen, "Sea Cruise" von Frankie Ford oder "Red Hot" von Billy 'The Kid' Emerson, denen durch diese Interpretationen neues frisches Leben eingehaucht wird. Und ständig wird Volldampf gespielt, das Publikum dürfte bestens unterhalten worden zu sein. Dem relativ mager wirkenden Applaus nach scheinen wohl nicht Allzuviele anwesend gewesen zu sein, so richtig scheint der Funke wohl auch nicht übergesprungen zu sein zwischen Band und Publikum, diesen Eindruck habe ich jedenfalls gewinnen können. Und schwenkt die Kamera ins Publikum, bemerkt man auch den mageren Besuch. Die Bildqualität der DVD ist übrigens nicht unbedingt erste Sahne, ein wenig unscharf ist es. Letztlich werden jedoch auch so die Kraft und Leidenschaft der Performance sehr gut ins Bild gerückt.
Die letzten vier Songs der CD sind Rehearsal-Versionen der später beim Konzert dargebotenen Stücke. Und auf eine Ungereimtheit möchte ich an dieser Stelle noch abschließend hinweisen, nämlich auf den Titel meines Rezensions-Exemplares: "Live At Rockpalast 1979", denn schließlich fand das Konzert doch im Juni 1978 statt. War hier der Druckfehlerteufel am Werk oder handelt es sich um eine Art Übermittlungsfehler??? Halte ich nun eine wertvolle Rarität in den Händen?
Line-up Robert Gordon , Link Wray & The Wildcats:
Robert Gordon (vocals)
Link Wray (guitar)
Rob Stoner (bass, backing vocals)
Anton Fig (drums)
Tracklist "Live At Rockpalast 1978" (CD/DVD):
- Rock Therapy (2:51)
- The Way I Walk (2:41)
- Mystery Train (2:53)
- Lonesome Train (On A Lonesome Track) (1:59)
- I Sure Miss You (3:31)
- Rumble (4:42)
- Baby, What You Want Me To Do (5:41)
- Hot Dog! That Made Her Mad (2:52)
- Fire (2:57)
- (You’re So Square) Baby I Don`t Care (2:01)
- The Fool (2:26)
- Wild Wild Women (3:45)
- Baby Let`s Play House (1:43)
- I Got A Woman (2:41)
- Sea Cruise (1:29)
- Red Hot (2:18)
- Hot Dog! That Made Her Mad (2:50) Bonus [rehearsal version]
- Sea Cruise (1:34) Bonus [rehearsal version]
- Flyin' Saucer Rock`n`Roll [take 1] (1:54) Bonus [rehearsal version]
- Flyin' Saucer Rock`n`Roll [take 2] (1:53) Bonus [rehearsal version]
Gesamtspielzeit: 54:41 (CD) 48:49 (DVD) Erscheinungsjahr: 2024 (1978)
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