«

»

Roger Matura / Roter Mohn – CD-Review

Ui, die letzte Besprechung des Roger Matura-Albums World Gone Wrong ist schon eine ganze Weile her.
"Roter Mohn" enthält ausschließlich »[…] Cover-Versionen […]«.
Wie kam es dazu? Roger Matura erklärt:
»[…] Im Hintergrund eines Films lief das Stück "Holocene" von Bon Iver […] Eine tolle Stimme, ein ganz eigener Stil, dieser Klangteppich … Ich musste herausfinden, wer das war und habe mir sofort das Album besorgt. […]«
Gesagt, getan.

Aus der Pressemitteilung vom Label Songways/Ozella Music:
»[…] Doch direkt nach der Euphorie setzte Ernüchterung ein. Da Matura sich nicht von einem fremden Produzenten eine klangliche Schablone aufdrücken lassen wollte, musste er sich die für seine Vorstellungen notwendige Studiotechnik aneignen. Eine zwei Jahre lange Phase "haarzerraufender, nervenzersplitternder, hin und wieder völlig frustrierender Produktionsarbeit" begann, deren Erfolg niemals gewiss war. […]«
Was lange währt wird endlich gut?
Aus den Anstrengungen sind gleich drei Alben entstanden. Nach den sehr kurz hintereinander liegenden Veröffentlichungsterminen dürfte es sich neben "Roter Mohn" wohl noch um "Take On The Giants" sowie "Time On Earth" handeln.

Vorweg sei geschrieben, dass alle zehn Lieder in der Hand von Roger Matura sehr eigenwillig, ausgefallen, paradox und skurril-abenteuerlich sind.
Person, die die Originale von zum Beispiel T. Rex ("Get It On"), Jimi Hendrix ("The Wind Cries Mary"), John Lennon ("Jealous Guy"), The Ronettes ("Baby I Love You"), Cole Porter ("Night And Day") oder Franz Schubert ("Leise flehen meine Lieder") kennen, werden ihr erwachendes Wunder erleben.

Roger Matura hat die Bausteine der Originale eingerissen, die Songs auf links gedreht, quasi entkernt und nach sehr individuellen Ideen wieder zusammengesetzt.
Der größte Teil der Klassiker liegt so verwandt im Ohr. Roger Matura macht es einem fast nicht möglich, mitzusingen, denn er knusperte auch an den Tempi der Lieder. Okay, bei "Jealous Guy" pfeift auch er. Kann so stehen lassen.
Armin Dahm ist der Mitmusiker des Protagonisten und trägt natürlich einen nicht unwichtigen Teil zum Album bei.
Bei all den eingesetzten Instrumenten, darf man Roger Maturas raue, phasenweise filigran-zerbrechliche, dahingehauchte Stimme dazu zählen.

Die beiden Musiker kreieren ein Ambiente, dass einen – zu mindest am Anfang – hin und her gerissen zurück lässt.
Ist "Roter Mohn" nun von Genialität oder Wahnsinn geprägt?
Wahnsinn benutzt man ja durchaus auch in einem positiven Zusammenhang. Es braucht schon mehrere Durchgänge, um die Album-Knospe zu einer Blüte zu entwickeln. Dann eröffnet sich der Duft der Platte und man ist in der Lage, Freude zu zeigen. Begeisterung kommt dann später zur Entfaltung. "Get It On" ist eine verwegene Interpretation. So etwas muss man erst einmal hinbekommen. Bis auf den Text befindet sich das Original irgendwo am Horizont.

Bei allen Herausforderungen darf man sich auch noch mit "Somewhere Over The Rainbow" beschäftigen. Toll, hier kann man mitwirken, denn zumindest die Refrain-Zeile des Songtitels hat uns Roger Matura gelassen. Wunderschön ist hier das fantasievolle Piano. Highlight! Genau dieses Lied gibt es am Schluss nochmals als Piano Version. Ebenfalls sehr schön!
Bis kurz vor die Zerbrechlichkeit sowie knapp am Stillstand vorbei bringt man "The Wind Cries Mary" als eine elektrisierende Ballade an die Leute vor den Lautsprechern. Lautsprecher? Alleine dieser Begriff konterkariert das auch relaxt-jazzige Ambiente. So etwas muss man gehört haben.
Bei den Liedern kommt man zu der Sichtweise, dass selbst die künstlich erzeugten Sounds – zeitweise im Streicher-Milieu unterwegs – ihren berechtigten Platz einnehmen.

Zunächst völlig von den Socken, nicht wissend, was man mit dem Album anfangen soll, entwickelt sich Schritt für Schritt eine Beziehung zu den Songs.
"Roter Mohn" ist ein Skandal und am Ende doch so genial.
Trotzdem muss jede Person für sich entscheiden, ob "Roter Mohn" ein Teil der Plattensammlung werden wird.
Hier gibt es keine wie auch immer geartete Empfehlung.
Nach vielen Durchgängen erzeugte dieses Album irgendwo im dunklen Abseits einen Regenbogen.
Das »[…] 6-page Digisleeve […]« braucht kein Booklet.
Man hat mit der Musik ausreichend Beschäftigung.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für besondere Musik.


Line-up Roger Matura:

Roger Matura (vocals, grand piano, e-piano, guitars, keyboards, orchestration, drum, sound programming)
Armin Dahm (keyboards, e-piano, bass, drum, sound programming)

Tracklist "Roter Mohn":

  1. Roter Mohn (3:40)
  2. Jealous Guy (3:56)
  3. Night And Day (3:33)
  4. Get It On (4:01)
  5. Baby I Love You (3:05)
  6. Leise flehen meine Lieder (5:00)
  7. Somewhere Over The Rainbow (2:56)
  8. The Wind Cries Mary (6:44)
  9. Stand By Me (3:53)
  10. Somewhre Over The Rainbow [Piano Version] (2:09)

Gesamtspielzeit: 39:21, Erscheinungsjahr: 2021

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
Über mich
Meine Seite Im Archiv
Mail: joachim(at)rocktimes.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>