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Roland Bühlmann / Emnalóc – CD-Review

Roland Bühlmann / Emnalóc

Der Gitarrist, Multiinstrumentalist, Komponist und Produzent Roland Bühlmann aus der Schweiz hat ein neues Album vorgelegt, sein fünftes, genannt "Emnalóc". Vor zwei Jahren rezensierte ich seine Platte Crucial und Kollege Joe beschäftigte sich im letzten Jahr mit Dubnos.

War "Crucial" noch ein reines Soloalbum, so erweiterte Bühlmann für "Dubnos" um drei Mitspieler*innen. Hierbei war sicher wesentlich, dass der von King Crimson bekannte Violinist David Cross und die Koto-Spielerin Yukiko Matsuyama dabei waren, allerdings leider nur auf einem bzw. zwei Songs.

Sein nach eigenen Angaben so bezeichneter Stil, eine »Mischung aus Progrock, Fusion und wasauchimmer«: erfährt auch auf "Emnalóc" noch einmal eine Erweiterung. Erneut ist es David Cross und hinzu kommen ein Drummer, ein Trompetenspieler, es gibt eine zusätzliche akustische Gitarre zu hören und ein Carnyx. Das ist ein Blasinstrument der eisenzeitlichen Kelten, etwa von 300 v.Chr. bis 200 n.Chr. in Gebrauch, und nun erklingt es auch heute wieder. Wann welches Instrument gespielt wird, ergibt sich aus dem Line-up im Einzelnen nicht, so dass man es sich beim Hören erschließen muss.

Im Eröffnungssong, "Umiion", scheint das Carnyx wohl schon im Einsatz zu sein, ganz zu Beginn klingt es jedenfalls so, wie der Sound eines Schiffshorns aus unserem naheliegenden Hafen. Plötzlich legt es aber los, allerdings mit einer knapp dreißig Sekunden dauernden Unterbrechung satt abgehenden Rocks mit Jazz Rock-Anstrich. Bühlmann legt mit einem druckvollen Gitarrensound die Richtung fest und dieser Auftakt ist einer nach Maß! Die gut siebeneinhalb Minuten werden ausführlich genutzt für eine Zurschaustellung äußerst abwechslungsreicher Musik, die sich aus verschiedenen Einflüssen speist, hier sind es Jazz Rock und Prog Rock in erster Linie, verwoben mit ätherischen Soundscapes.

Aber auch der Einsatz diverser Synthesizer ist von sehr wesentlicher Natur, und Bühlmanns Spiel am Bass nimmt ebenfalls eine wichtige Stellung ein bei der rhythmischen Unterstützung, zusammen mit Drummer Terl Bryant. Mitunter mag sich der Fluss der Musik verlieren in reichlichen Spielereien, wie zum Beispiel bei "Assailen", doch ist das letztlich der abwechslungsreichen Gestaltung geschuldet. Das Verlassen von Strukturen ist einerseits zwar förderlich, andererseits hätte ich mir das gern ausufernder und mit mehr Improvisationselementen gewünscht.

Wie es der Songtitel "Sevamção" vermuten lassen könnte, haben einige Latin-Elemente Einzug gehalten und bringen einen dezent lasziven Charakter ein, und als sehr gelungen halte ich das plötzliche Einbringen eines Trompetensolos. Es ist zwar recht gedämpft im Hintergrund und verhallt, doch halte ich es für einen gelungenen Effekt. Luca Calabrese erscheint dann mit seinem Instrument noch einmal auf "Yndrun", ich halte das für eine gelungene Erweiterung, die man auf zukünftigen Produktion gern ausbauen sollte!

Auf "Letarladoth" halte ich die Einleitung für sehr lang, vielmehr fließt es eigentlich zu stark dahin, ohne dass sich eine Richtung ergäbe, ein für mich nicht so starker Track, was gleichfalls auch für "Berithlan" gilt. So habe ich den Eindruck, dass die erste Hälfte der acht Nummern frischer, einfallsreicher und spritziger ist.
Doch – halt! Es gibt ja noch den Titelsong, das letzte Stück, mit knapp zwölfeinhalb Minuten auch das längste. Hier kann man den Aufbau gut nachvollziehen und genießen, mit diesem sphärisch wabernden Sound, untermalt vom brummelnden Bass, bis sich dann die Trompete sanft zu Worte meldet. Bühlmann setzt zum ruhigen Sound einen Gegenpol mit flirrenden Gitarren und diversen elektronischen Soundscapes, und dazu die akustische Gitarren von Angelo Lebrato. Ich erfahre einen Song, der ruhig dahinfließt, Stimmungen auf dem Weg aufliest und mitschweben läßt. Gut zwölf Minuten Entspannung!

Was mir konkret verborgen blieb, ist der genaue Einsatz von David Cross, weil ganz viele Passagen sowohl von ihm als auch von Synthies hätten gespielt werden können.


Line-up Roland Bühlmann:

Roland Bühlmann (electric guitar, bass, Aeon Sustainer, synthesizers, voice, branches, cooking pots, oil tank, udu)
Terl Bryant (drums)
Luca Calabrese (trumpet)
David Cross (violin)
Ondřej Glogar (carnyx)
Angelo Lebrato (acoustic guitar)

Tracklist "Emnalóc":

  1. Umiion (7:36)
  2. Assailen (9:22)
  3. Sevamção (5:58)
  4. Rithnál (10:45)
  5. Yndrun (9:50)
  6. Letarladoth (7:15)
  7. Berithlan (7:29)
  8. Emnalóc (12:22)

Gesamtspielzeit: 70:39, Erscheinungsjahr: 2022

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
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Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

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