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Roman Bunka / Dein Kopf ist ein schlafendes Auto – CD-Review

oman Bunka - Dein Kopf ist ein schlafendes Auto / Dein Kopf ist ein schlafendes Auto - CD-Review

Und wieder einmal hat sich das Label Sireena einer Platte angenommen, die wohl niemals den Weg in meine Ohren gefunden hätte. Und es ist ein Album, welches es erst einmal nicht leicht hat … in meinen Ohren. Oder umgekehrt. Schon der Bandname Dein Kopf ist ein schlafendes Auto ist eigentlich wenig geeignet, soviel Interesse zu wecken, damit es sich für die Band monetär lohnt.

Ich denke, das war auch nicht vordergründig das Ziel um die drei Musiker Roman Bunka, Gerald Luciano Hartwig und Freddy Setz (†). Ende der Siebziger gab es NDW, Punk und New Wave, doch die drei Musiker hatten anderes im Kopf. Zumal die Vita der Drei auch Bands wie etwa die Jazzrocker Aera, Karthagao, Embryo, Guru Guru, Uli Trepte, Kraan, Xhol Caravan oder Missus Beastly beinhaltet.

Allerdings sollte Dein Kopf ist ein schlafendes Auto ein sehr kurzes Projekt bleiben und alleine aus diesem Grund ist es wichtig, dass Sireena sich diesem Album angenommen hat. Dabei erfuhr das Projekt seinerzeit durchaus mediale Aufmerksamkeit, denn die Story um das Album wurde vom ZDF verfilmt und ausgestrahlt. Bis heute ist der Hauptprotagonist Bunka in der Welt nordafrikanischer Musik unterwegs, schreibt daneben Filmmusik, ist auf kulturellen Festivals präsent und erfährt Beachtung auch im afrikanischen Fernsehen.

Begonnen hatte seine Liebe zu den Skalen arabischer Musik und Kultur bereits in frühen Jahren bei Embryo. Er wollte dann aber mehr, als ’normale' Gitarre und andere Tonsysteme spielen und das passende Instrument war die Oud, »eine zu den Schalenhalslauten gehörende Kurzhalslaute aus dem Vorderen Orient«, auch als »Mutter der Gitarre« bezeichnet. Mittlerweile darf man Roman Bunka sicherlich als den deutschen Meister der Oud bezeichnen.

Auf "Dein Kopf ist ein schlafendes Auto" muss man sich einlassen. Das zeigt bereits der erste Track "Si Ca Ni Wa Ta", dessen Grundausrichtung eine jazzige Fusion aus furiosen Drums, synthesizerartigem Keyboardspiel und eingestreuten Vocals ist. Die arabische Welt ist da noch ein gutes Stück um die Ecke, aber die Intention der Band ist erkennbar, es wird das und so gespielt, wie die Musiker es wollen, Verkaufsabsichten sind nicht erkennbar, zumindest nicht auf dem Massenmarkt. "No More Jogging" haut fast in die gleiche unkonventionelle Kerbe, begeistert mit einem akzentuierten Bass, mit einem Synthie, der wohl zu den allerersten gehört oder zumindest klingt, als ob man mit ihm die ersten "Flash Gordon"-Filme musikalisch untermalt hätte. Und dass man nicht mehr Joggen will, wird repetitiv ins Geschehen ergossen.

"Frag mich nicht …" ist da die reinste Meditation, was an den beruhigenden Turmuhrschlägen, der Sitar sowie der Oud liegt. Der Fokus ist indisch, wobei sich im Verlauf Afrika dazugesellt. Allerdings in einer Art und Weise, die europäischen Ohren keine allzu große Umstellung abverlangt. Das ändert sich mit "The Heat", nun sind Tonfolgen und Rhythmus geeignet, sich mitten auf einem orientalischen Basar zu wähnen. Dazu passen auch die, neben den auf Englisch gesungenen Lyrics, eingestreuten textlosen Vokalpassagen. Erstaunlich, wie weit europäische Musiker ins Arabische vordringen können.

Tief drin im Exotischen sind wir dann bei "Glowin". Im ersten Teil des Tracks geht es relativ ruhig und entspannt zur Sache, bis das Stück rhythmisch eine Schippe auflegt, sich jazzige Fusion einbringt, ohne aber den musikalischen Kaftan zu verlassen. "Heartbeat" darf von der elektrischen Gitarre eröffnet werden und nun sind wir am melodischsten Part des Albums angelangt. Die Gitarre begeistert und erinnert uns, dass da eigentlich drei Rockmusiker mit Meriten am Muszieren sind. Die Band jammt sich ein, lässt aber durch harten Gesang und einen rockjazzigen Duktus keinen Zweifel aufkommen, es mit Undergroundmusik zu tun zu haben. Bis plötzlich in einen elektrischen Blues gewechselt wird. Die afrikanische Küste ist nun weit weg und ich muss gestehen, das hier ist 'mein "Heartbeat"'.

Die ersten sechs Stücke wurden im Schweizer Sunrise Studio aufgenommen. Die siebente Nummer "What I Can Do, You Can Do, Too / On The Corner" dagegen ist live gespielt und zwar 1980 im Münchner Milbertshofener Zentrum. Diese Nummer ist ein Bonustrack und auf der Original-LP nicht vorhanden. Hier gibt das Trio einen Beweis großer Livetauglichkeit und lässt erahnen, wie perfekt das Zusammenspiel selbst fernab eines Studios war. Auch diese Bonusnummer ist größtenteils Underground Fusion mit stellenweise leicht funkigem Touch, exzessiven vokalen Ergüssen und vielen Passagen, in denen Gitarre, Bass und Schlagzeug ihre Momente haben.

Auch wenn "Dein Kopf ist ein schlafendes Auto" draufsteht, drinnen geht die Post ab. Erneut ein klasse Beispiel, wie facettenreich der Backkatalog mit deutschen Bands doch ist. Und mit diesem Album hat das Label mal wieder eine Perle aus der Versenkung geholt.


Line-up Roman Bunka:

Gerald Luciano Hartwig (bass, sitar)
Freddy Setz (drums, piano)
Roman Bunka (guitar, vocals, oud, keyboards)

Sun Ä Yoon & Chili Baba (vocals – #1)

Tracklist "Dein Kopf ist ein schlafendes Auto":

  1. Si Ca Ni Wa Ta
  2. No More Jogging
  3. Frag mich nicht …
  4. The Heat
  5. Glowin'
  6. Heartbeat
  7. What I Can Do, You Can Do, Too / On The Corner

Gesamtspielzeit: 54:23, Erscheinungsjahr: 2020 (1980)

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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