Rory Gallagher / Check Shirt Wizard – Live In ’77 – Do-CD-Review

Ob man ihn nun auf Platz 1, 8, 17, 24 oder welchem auch immer auf seiner persönlichen Favoritenliste platziert hat, eines ist dem irischen Gitarristen und Sänger Rory Gallagher gemein: Ich habe bisher noch keinen einzigen Rockfan sagen hören oder irgendeinen Journalisten lesen dürfen, der jemals ein schlechtes Wort über ihn verloren hat. Ganz klar ein Ausnahme in der mittlerweile fast (naja, ein bisschen ist es noch hin) hundertjährigen Geschichte der Rockmusik. Und für den Verfasser dieser Zeilen, dessen Lieblings-Studioalbum schon immer "Calling Card" war und ist, ist die neue Live-Scheibe "Check Shirt Wizard – Live In ’77" eine besondere Freude. Denn diese Live-Aufnahmen stammen aus vier Konzerten, die der gute Rory mit Band im Januar sowie Februar 1977 in England spielte, also nur wenige Monate nach der Veröffentlichung des erwähnten Studioalbums. Mit Ausnahme von "I’ll Admit You’re Gone" werden hier sämtliche Stücke auf der Bühne zelebriert, der Rest der Tracklist besteht aus Titeln der Platten "Deuce" ("Used To Be"), "Blueprint" ("Walk On Hot Coals"), "Tattoo" ("Million Miles Away" und "Tattoo’d Lady") sowie vier Stücken aus "Against The Grain" plus ein paar Covers.

Die erste CD startet auch mit dem Eröffnungssong von "Calling Card", nämlich "Do You Read Me", sehr bluesig. Rod De’Ath legt den Groove und die komplette Band ist von der ersten Sekunde an voll da. Wer auf diesen Aufnahmen neben dem allseists dominanten Gallagher besonders stark zur Geltung kommt, ist der Tastenmann Lou Martin, dessen Spiel die einzelnen Tracks sogar noch ein gutes Stück mehr bereichert, als dies bei den Studioaufnahmen der Fall war. Darüber hinaus klingen die Songs wirklich live, also auch nicht im Studio nachbearbeitet. Allein dieser Aspekt bringt eine tolle und authentische Atmosphäre in dieses Album. Auch kann man hier und da mal kleine Spielfehler heraushören, was dem Ganzen allerdings nicht schadet, sondern es nur noch sympathischer macht. Dem Opener wird der damals ebenfalls noch neue Track "Moonchild" hinterher geschoben, der dann von dem aus dem Album "Against The Grain" schon bekannteren "Bought And Sold" gefolgt wird.

Mit "Secret Agent" sowie "Calling Card" wurde dann zunächst mal weiterhin das neue Album vorgestellt, bevor die Klassiker "Tattoo’d Lady", "A Million Miles Away" und "Walk On Hot Coals" nachgeschoben wurden. Ein fester Bestandteil von Gallaghers Konzerten war immer der akustische Teil der Show, der auf diesem neuen Werk in Form von "Out On The Western Plain", "Barley & Grape Rag", dem "Pistol Slapper Blues" sowie "Too Much Alcohol" zelebriert wird. Dass der Ire erst auf der Bühne so richtig aufblühte, ist schon lange kein Geheimnis mehr und genau diesen Fakt kann man auch bei diesen Aufnahmen ganz hervorragend heraushören. Nach der klassischen Überleitung "Going To My Hometown" (mit Rory an der Mandoline) geht es wieder elektrisch weiter. Zunächst mit dem wunderschönen "Edged In Blue" (sein Label drängte den Iren damals ohne Erfolg, dieses Stück als Single zu veröffentlichen), das von dem erneut sehr bluesigen "Jack-Knife Beat" gefolgt wird.

Beim Einbiegen in die Zielgerade wird dann in Form von "Souped-Up Ford" aber wieder ganz kräftig aufs Gaspedal gedrückt. Bei den Soli glänzt hier neben Gallagher einmal mehr Lou Martin am Piano, der die Tasten so richtig zum Glühen gebracht haben muss. Keine Erholungsphase, denn anschließend wird mit dem "Bullfrog Blues" (bei dem auch der Bassist Gerry McAvoy solistisch die Kuh fliegen lässt) weiterhin ganz kräftig Alarm gemacht. Am weitesten zurück in die Vergangenheit (1971) geht es mit der sehr starken (ersten) Zugabe "Used To Be", die noch einmal die erste Phase aus Rorys Solokarriere in Erinnerung bringt. Dass am Ende eines Gigs dieser Formation nicht viel mehr als verbrannte Asche auf der Bühne zurück blieb glaubt man sofort, wenn das furiose und abschließende "Country Mile" aus den Boxen über einen hinweg fegt. Grandioses Finale … jetzt erstmal Luft holen und die Blickrichtung am besten gleich wieder in Richtung Repeat-Taste lenken.

Bereits zu seinen Lebzeiten wurde Rory Gallaghers Karrier auf der Bühne mit erschienenen Live-Alben wie beispielsweise "Live! In Europe" (1972), Irish Tour (1974), "Stage Struck" (1980) – und nicht zu vergessen den legendären Rockpalast-Auftritten, die alle auf DVD erhältlich sind – fast lückenlos abgedeckt. Mit "Check Shirt Wizard" ist nun allerdings noch ein sehr starkes fehlendes Puzzle-Teil hinzu gekommen, das sich aufgrund seiner Qualität, der schieren Spielfreude der Band sowie der bärenstarken Songs kein Rockfan entgehen lassen sollte. Fantastisch!

Line-up Rory Gallagher:

Rory Gallagher (guitar, mandolin, vocals)
Gerry McAvoy (bass)
Lou Martin (piano, organ)
Rod De’Ath (drums)

Tracklist "Check Shirt Wizard – Live In ’77":

Gesamtspielzeit: 60:00 (CD 1), 61:25 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2020