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Rose Tattoo / Rose Tattoo – CD-Review

CD-Review-Rose Tattoo-Rose Tattoo

Wieviele Bands lernt man bereits sehr früh kennen und lieben, die einen dann für den Rest seines Leben begleiten? Selten eine Handvoll, würde ich mal schätzen. Viele Favoriten kommen neu dazu, andere lässt man nach ein paar Jahren einfach mal so unter den Tisch fallen, bis man sie vielleicht irgendwann wieder für sich entdeckt. Als ich ca. 1981/82 zum ersten Mal die australische Band Rose Tattoo in meinem noch relativ jungen Leben hörte, da haute sie mich regelrecht vom Hocker. Was für eine Power, was für geile Songs! Die Art, wie sich die Band präsentierte bzw. die Authentizität des Lebens auf der Straße, die Ecken und Kanten, die Rohheit und dennoch überragende Melodiösität… da kam für mich einzig und allein nur noch Motörhead als ernsthafte Konkurrenz in Frage. Und so ist es auch heute noch…

Gegründet wurden die Rocker im Jahr 1976 von dem Ex-Buffalo-Bassisten Pete Wells (R.I.P.), der mittlerweile auf die Slide-Gitarre umgestiegen war. Sehr schnell kamen der Rhythmus-Gitarrist Michael 'Mick' Cocks (R.I.P.) und dann der kleine Sänger (mit der Riesenstimme) Angry Anderson (Ex-Buster Brown) hinzu. Dallas 'Digger' Royall (R.I.P.) sowie nach ein paar Monaten Geordie Leach (ebenfalls Ex-Buster Brown) am Bass vervollständigten das wohl beste Tatts-Line-up, das es je gab. 1977 erschien die erste Single ("Bad Boy For Love" b/w "Snow Queen") und bereits hier wurde eine nicht zu ignorierende Duftmarke gesetzt, die sogar Spuren in den australischen Charts hinterließ.

Was dann 1978 mit dem gleichnamigen Debütalbum auf die Menschheit losgelassen wurde ist nicht nur ein Testament des 'dreckigen' und dennoch qualitativ hochwertigen Rock’n’Roll, sondern schlichtweg ein Vermächtnis, das sogar die bis dahin erschienenen Alben AC/DCs (die ebenfalls Fans waren und den Tatts den Plattenvertrag 'besorgten') in Schutt und Asche legten. Hammergeile Rocknummern wie "Rock’n’Roll Outlaw" (ein paar Jahre später von Helen Schneider als "Rock’n’Roll Gypsy" verwaschen und in die Charts gebracht), das unwiderstehliche "One Of The Boys", das bereits erwähnte "Bad Boy For Love" oder "Nice Boys" (Ende der Achtziger von Guns N' Roses auf deren Debüt-EP gecovert) zeugen von der schieren Power, gepaart mit jeder Menge Melodiösität.

Das Einzigartige an der Band war die unwahrscheinlich tighte Rhytmussektion mit Cocks/Leach/Royall, die hinsichtlich solcher Musik vollkommen untypische Slide-Gitarre von Wells und dieses mordsmäßige Organ des gerade mal +/- 1,55 m großen Angry Anderson, der seinen Vornamen ganz sicher nicht zu Unrecht trug. Aber apropos Slide: Diese fünf Jungs hatten (wenn auch nicht puristisch) den Blues genauso drauf. Wunderbar nachzuhören bei den beiden ruhigeren Stücken "The Butcher And Fast Eddy" (über den tödlichen Ausgang eines Kampfes zweier rivalisierender Anführer von Straßengangs) sowie "Stuck On You".

Und selbst wenn das Letztgenannte eher ein Liebeslied ist, so muss man hinsichtlich des Textes doch amüsiert feststellen, dass der gute Angry damals mit den Feinheiten der Romantik noch nicht wirklich allzu viel zu tun hatte. Macht aber nichts, das kommt rau, ehrlich, authentisch… und wunderschön melodisch. Schließlich sind da auch noch die Dampfhammer-Rocker "Remedy", "Tramp", "Astra Wally" sowie "T.V.", die zwar sehr schnell sind, sich von der puren Rock-Musik aber nie wirklich abwenden bzw. zu weit entfernen.

Auf der 1990er CD-Ausgabe dieses Albums (ebenfalls von Repertoire Records) befanden sich acht Bonus Tracks, von denen hier immerhin vier vertreten sind. Aus dem Jahr 1979 sind Liveversionen von "Rock’n’Roll Outlaw" sowie "Bad Boy For Love" zu finden, dazu die B-Seite der ersten Single ("Snow Queen") und auch "I Had You First", eigentlich die Single-B-Seite zu "Rock’n’Roll Is King" vom zweiten Album der Tatts. Alles hochwertiges Material, kein Qualitätsabfall erkennbar und dazu soundmäßig noch einmal auf den neuesten Stand gebracht.

Wenn man "Rose Tattoo" eines nicht absprechen kann, dann dass es ein absoluter Klassiker der Rockmusik ist! Ich höre mir diese Scheibe in unregelmäßigen Abständen seit nunmehr strammen 35 Jahren an und bin jedes Mal wieder begeistert von diesen Tracks, von dieser Performance, dieser alles niederwalzenden Power und dem dennoch allgegenwärtigen, deutlich hörbaren Feeling. Egal, wie langsam oder schnell die jeweilige Nummer auch ist.

Wer diese Scheibe noch nicht kennt und seinen Rock etwas räudiger mag, der sollte jetzt unbedingt zuschlagen. Eine Platte für die Ewigkeit!


Line-up Rose Tattoo:

Angry Anderson (lead vocals)
Pete Wells (slide guitars, background vocals)
Michael Cocks (lead & rhythm guitars)
Geordie Leach (bass)
Dallas 'Digger' Royall (drums)

Tracklist "Rose Tattoo":

  1. Rock’n’Roll Outlaw
  2. Nice Boys
  3. The Butcher And Fast Eddy
  4. One Of The Boys
  5. Remedy
  6. Bad Boy For Love
  7. T.V.
  8. Stuck On You
  9. Tramp
  10. Astra Wally
  11. Snow Queen (mono version, single-b-side, 1977)
  12. I Had You First (single-b-side, 1981)
  13. Bad Boy For Love (Live 1979)
  14. Rock’n’Roll Outlaw (Live 1979)

Spielzeit: 51:25, Erscheinungsjahr: 2016 (1978)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

2 Kommentare

  1. Rainer Hellstern

    Hi Flemm,

    die Seite ist jetzt spitzenklasse!!!! Gruß an Sabine!!!

    Und gleich ein super Einstieg mit Rose Tattoo.
    Da hast Du mir mal einen Sampler gemacht.
    Schön war das damals, Mann oh Mann.

    Grüße von
    Rainy

    1. Markus

      Hey Mister Rain,

      das mit dem Sampler wundert mich aber nicht im geringsten :-)) Musst du unbedingt mal wieder rauskramen, oder dir gleich diese Reissues besorgen!

      Und vielen Dank für das Lob bzgl. der neuen Seite!

      Markus (aka Flemm)

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