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Rose Tattoo / Scarred For Life-CD-Review

CD-Review-Rose Tattoo-Scarred For Life

Aha, interessant… im Booklet zum dritten Rose Tattoo-Album "Scarred For Life" widerspricht der für die Liner Notes zuständige Malcolm Dome plötzlich wieder seiner Story zur Bandgeschichte im Booklet des Vorgängers Assault & Battery. Der Gitarrist Mick Cocks war also doch während der Aufnahmen zu dem (ach nee, dann doch…) ominösen zweiten Album (das aber in der Schublade liegen blieb) ausgestiegen, bevor ihn der Rest wieder zurück- und zum bereits oben erwähnten zweiten Geniestreich ausholte. Was aber leider nicht sehr lange gutging, die Spannungen wieder auftauchten und Cocks die Band für lange, lange Zeit endgültig verließ.

Als Ersatz fand das verbliebene Quartett schließlich 'Rockin' Rob Riley, der sich allerdings nahtlos in die Band einfügte. Vom Äußeren passte er ohnehin dazu wie die Faust aufs Auge und musikalisch war er Cocks ebenfalls ähnlich. Die Tatts waren mittlerweile von Australien nach London umgesiedelt und "Assault & Battery" lief erfreulich gut. Logischerweise wollten die Musiker da  recht zeitnah noch einen drauflegen, was sich aber wegen des ständigen Tourens als nicht unbedingt einfach erwies. Aber da war ja noch das zwei Jahre zuvor begonnene und nie fertiggestellte Album, auf das die Australier nun zurückgreifen konnten.

Mit schöner Regelmäßigkeit kann man immer wieder auch lesen, dass das komplette Werk "Scarred For Life" bereits 1980 aufgenommen wurde, was aber so nicht stimmt. Alleine die vier Co-Credits für Neuzugang Rob Riley hinsichtlich des Songwritings schließen das schon aus. Und apropos: Der gute Mann führte sich mit dem hammergeilen Titelsong schon mal ganz glänzend ein, wenn er spielerisch – wie erwartet – auch ’nur' die Rhythmus-Gitarre übernahm. An der Slide und für die musikalischen Feinheiten war natürlich nach wie vor Bandgründer Pete Wells zuständig.

Der bereits erwähnte Titelsong strotzt durch einen sehr starken Text, ein fett rockendes Riff und den so rauen wie melodiösen Gesang nur so vor Power und Feeling. Eine Nummer für die Ewigkeit. Anschließend kommt mit Rileys zweitem Streich schon gleich die zweite Hymne der Scheibe, nämlich das unwiderstehliche "We Can’t Be Beaten". Klar, es geht um Straßengangs, um eher rohere Sitten beim Umsetzen seiner Ziele, aber auch darum sein Herz am rechten (keinesfalls politisch gemeint) Fleck zu haben. Ein absoluter Hammerbeginn also, bevor anschließend beim ersten Pete Wells-Track etwas auf die Bremse getreten wird. Allerdings nur minimal und was an Geschwindigkeit weggenommen wird, wird durch einen gnadenlos coolen Groove ersetzt. Angry Anderson beweist hier bezüglich der Lyrics, dass er durchaus auch eine Menge Humor hat.

Es wird nicht schwächer, selbst wenn Wells' "Who’s Got The Cash" in etwa in dieselbe Kerbe haut, wie sein Song zuvor. Das groovt wie die Hölle, geht dermaßen gnadenlos in die Beine und ist schon nach wenigen Durchläufen wunderbar mitsingbar. "Branded" ist eines von Angrys 'Knastbruder-will-wieder-zurück-in-die-Gesellschaft, die-ihn-aber-gnadenlos-auflaufen-lässt'-Epen, von denen er so einige auf Lager hatte. Eine sehr melodische Nummer und somit zwangsläufig auch eine Single-Auskopplung, selbst wenn sie nicht zu meinen Favoriten auf "Scarred For Life" gehört.

Die zweite Seite der damaligen Vinyl-Scheibe kann die Qualität der ersten zwar nicht ganz halten, bleibt mit den Rockern "It’s Gonna Work Itself Out", "Dead Set" und "Revenge" sowie dem sich irgendwie nach einer Jam-Session mit Gesang anhörenden "Texas" aber immer noch auf sehr hohem Niveau. Besonders herausheben möchte ich noch den Track "Sydney Girls", der die beinharten Tatts-Fans als lupenreiner Reggae damals eher etwas blass im Gesicht werden ließ. Dem Rezensenten gefällt diese Nummer allerdings besonders gut, da sie erneut (zum zweiten Mal auf dieser Platte) die lockere, die witzige Seite der Band auf den Plan bringt. Love it!!!

Auf dieser neuen Ausgabe von "Scarred For Life" sind insgesamt drei Bonus Tracks vertreten. Auf die gekürzte Single-Version von "Branded" hätte man meiner bescheidenen Meinung nach getrost verzichten können, dafür ist allerdings die bärenstarke Single-B-Seite "Fightin' Sons" vertreten. Ein eher langsameres Stück, fast schon die Ballade eines Mannes, der nach einem Kriegseinsatz die unter diesen üblen Umständen entstandene unbedingte Freundschaft und Nähe zu zwei seiner Leidensgenossen für den Rest seines Lebens vermisst. Mit "Never Too Loud" gibt es eine weitere Single-B-Seite. Ebenfalls sehr gut, aber etwas aus dem Kontext gerissen, da der Titel eigentlich aus den Sessions zum Folgealbum "Southern Stars" stammt.

"Scarred For Life" ist zwar nicht mehr ganz so stark wie das Debüt und "Assault & Battery" (die beide waschechte Klassiker sind), aber nach wie vor ein sehr starkes Album, das den Test der Zeit mühelos gemeistert hat. Der Sound ist insgesamt etwas glatter, aber nach wie vor eine echte Harke sowie ein Schmuckstück in jeder (Hard-) Rock-Sammlung.

Leider standen die Zeichen der Zeit schon sehr bald danach auf Sturm und Rose Tattoo fiel (fast) komplett auseinander. Aber dazu mehr in Kürze im Review zum (vorübergehenden) Schwanengesang "Southern Stars".


Line-up Rose Tattoo:

Angry Anderson (lead vocals)
Pete Wells (guitars, slide guitar, background vocals)
Robin Riley (guitars, background vocals)
Geordie Leach (bass, background vocals)
Dallas 'Digger' Royall (drums)

Tracklist "Scarred For Life":

  1. Scarred For Life
  2. We Can’t Be Beaten
  3. Juice On The Loose
  4. Who’s Got The Cash
  5. Branded
  6. Texas
  7. It’s Gonna Work Itself Out
  8. Sydney Girls
  9. Dead Set
  10. Revenge
  11. Fightin' Sons (single-b-side, 1982)
  12. Branded (single-a-side, 1982)
  13. Never Too Loud (single-b-side, 1984)

Gesamtspielzeit: 50:18, Erscheinungsjahr: 2016 (1982)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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