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Rose Tattoo / Southern Stars-CD-Review

CD-Review-Rose Tattoo-Southern Stars

Als Rose Tattoo im Jahr 1983 (vom Management genötigt und eher widerwillig) auf eine US-Tour ging, hatte die Band mit ihrem Debüt, Assault & Battery sowie Scarred For Life bereits drei starke bis bärenstarke Alben vorgelegt. Genau an dieser Stelle war es jedoch soweit, dass es wegen den berühmten und weit verbreiteten 'musikalischen Differenzen' zum großen Bruch kam. Sowohl der Bandgründer Pete Wells, der zweite Gitarrist Rob Riley als auch der Schlagzeuger Dallas 'Digger' Royall schmissen die Brocken hin, was den Frontmann Angry Anderson und Bassisten Geordie Leach (der aber erstmal mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln überredet werden musste) allein auf weiter Flur ließ.

Eigentlich wäre dies das Ende der Band gewesen, aber die Tatts waren vertraglich verpflichtet, noch ein weiteres Studioalbum abzuliefern. So wurden dann mit den Gitarristen Greg Jordan und John Meyer sowie dem Schlagzeuger Scott Johnston neue Musiker verpflichtet. Für die vierte Scheibe ging die Band dann auch zum vierten Mal mit dem Produzenten-Team Vanda & Young (u. a. auch AC/DC) ins Studio. Was bei dem Unterfangen "Southern Stars" am Ende heraus kam, war für den Fan der ursprünglichen Band allerdings schlichtweg eine Katastrophe.

Und das hatte gleich mehrere Gründe: Der schwerwiegendste war der Sound, der nun wirklich überhaupt nichts mehr mit den ersten (drei, geschweige denn zwei) Platten zu tun hatte. Verwässert, verwaschen, verhallt… typisch Achtziger im Prinzip, was an sich schon schlimm genug wäre. Was hier passierte war aber schlichtweg, dass diese einst so starke Band damit ihrer Identität beraubt wurde und sich plötzlich wie eine 08/15-Kapelle von Irgendwo-/Überallher anhörte. Selbst Angry Andersons Gesang war keine 'Waffe' mehr, nachdem man seine Vocals ohne Rücksicht auf Verluste mit Hilfe von Effektgeräten gnadenlos zum Faktotum degradiert hatte. Hört man genauer zu, dann ist der Gute nach wie vor wütend, singt und schreit wie gewohnt… Schade und rückblickend eine Bankrotterklärung der Produzenten!

Bezüglich der Musik ist zu sagen, dass man einen Pete Wells, einen Mick Cocks , einen 'Digger' Royall und auch einen Rob Riley (der seine Sache ebenfalls fantastisch gemacht hat) natürlich nicht ersetzen kann. Diese Authentizität, dieser Anschlag und auch diese Art des Songwritings ist auf "Southern Stars" natürlich nicht vorhanden und kann von der Qualität nicht mal ansatzweise mithalten. Jahrzehnte später fällt meine Einschätzung hinsichtlich der Tracks jedoch etwas milder aus als noch damals. Zugegebenermaßen ist mit "I Wish" eine Nummer vertreten, die ich immer schon mochte, ganz neutral betrachtet kann ich heute aber auch "The Radio Said Rock’n’Roll Is Dead", dem Titeltrack, "Saturday’s Rage" oder "Death Or Glory" durchaus etwas abgewinnen. "Freedom’s Flame" ist die Ballade des Albums, nicht schlecht, aber auch kein wirklicher Evergreen. Eher unter Par ausgefallen sind dagegen "Let Us Live", "The Pirate Song" (nach "Sydney Girls" vom Vorgängeralbum erneut ein Reggae, aber lange nicht so gut), "You’ve Been Told" und das unsägliche "No Secrets".

Beschlossen wird die Neuauflage dieser Scheibe mit zwei Bonus Tracks. Zum einen mit der Single-Version von "Freedom’s Flame" und zum anderen mit der Single-B-Seite "Wild One" aus denselben Sessions. Dieser Track ist sogar stärker als so manch anderer, der auf dem Album gelandet ist.

Letzten Endes ist "Southern Stars" also doch ein gutes Stück besser, als ich es in Erinnerung hatte. Aber, und diesbezüglich wiederhole ich mich gern: Diese Scheibe hat mit der ursprünglichen Band und ihrem ursprünglichen Sound nicht mehr viel am Hut.

Rose Tattoo tourte in wechselnden Besetzungen noch ein paar Jahre, bevor dann erstmal Schluss war. Erst 1993 kam die Originalband (minus dem leider zuvor verstorbenen Drummer 'Digger' Royall) wieder zusammen, um sporadische Konzerte zu spielen. Im Jahr 2002 erschien mit Pete Wells und Rob Riley an den Gitarren das Album "Pain", gefolgt von Blood Brothers (an den Gitarren: Mick Cocks und Dai Pritchard) fünf Jahre später. Leider sind mittlerweile auch die Gitarristen Pete Wells und Mick Cocks verstorben, aber immerhin geisterte in diesem Jahr die Nachricht durch den Blätterwald, dass die Band (aus wem diese heute neben Angry Anderson auch immer bestehen wird) einen neuen Plattenvertrag unterschrieben hat und ebenfalls noch in diesem Jahr ein neues Studioalbum erscheinen soll.

Lassen wir uns überraschen.


Line-up Rose Tattoo:

Angry Anderson (lead vocals)
Greg Jordan (slide & rhythm guitars)
John Meyer (lead & rhythm guitars)
Geordie Leach (bass)
Scott Johnston (drums)

Tracklist "Southern Stars":

  1. Southern Stars
  2. Let Us Live
  3. Freedom’s Flame
  4. I Wish
  5. Saturday’s Rage
  6. Death Or Glory
  7. The Pirate Song
  8. You’ve Been Told
  9. No Secrets
  10. The Radio Said Rock’n’Roll Is Dead
  11. Freedom’s Flame (single version)
  12. Wild One (single-b-side, 1984)

Gesamtspielzeit: 49:20, Erscheinungsjahr: 2016 (1984)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Mail: markus(at)rocktimes.de

2 Kommentare

  1. TIMO ECKHARDT

    Dieses remaster ging vollends in die Hose! Alles zu laut und übersteuert die Gitarre und der Gesang quäken wie durch eine babysprechanlage! Bloß nicht kaufen! Es klingt schrecklich. Die alte Version klingt sauber und erdig.

    1. Markus Kerren

      Hi Timo,

      schönen Dank für deine Meinung. Aber wenn wir ganz ehrlich sind, klang schon das Original nicht wirklich besonders toll, oder? Ist aber okay, denn über Geschmack lässt sich schließlich (nicht) streiten.

      Gruß,
      Markus

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