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Running Wild / Black Hand Inn + Masquerade (Re-Releases) – CD-Reviews

Running Wild - Black Hand Inn

Noise-Wiederveröffentlichungen: Running Wild, Teil 8: "Black Hand Inn"

"Black Hand Inn" wurde ursprünglich im März 1994 veröffentlicht und gehört zweifellos zu den Klassikern des Stils. Viele Fans würden mir zustimmen (und vielleicht genauso viele nicht), wenn ich sage, es war eines der besten Alben der Band – wenn nicht das beste – und damals komischerweise doch ein ziemlich schlecht verkauftes. Allerdings eine Platte, mit der die Vorgänger verglichen wurden.

Um die Story des Konzeptes nochmal in Erinnerung zu rufen bzw. für eventuell nicht eingeweihte Fans zur Erläuterung: John Xenir wurde von der Inquisition als Hexer angeklagt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Da von dem jungen Mann nichts weiter als eine verkohlte Hand übrig blieb, erhielt der Ort ab jenem Zeitpunkt den Namen Black Hand Hill. Später errichtete hier ein Freibeuter – der über hellseherische Fähigkeiten verfügte – das Black Hand Inn, wo dann der Geist von John erscheint. Da werden dann um den Tisch herum Geschichten erzählt, über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und jeder Song des Albums repräsentiert eine dieser Stories. Das Konzept zeigt sich auch auf dem Cover, wo Kasparek die Idee hatte, selbst als Modell zu dienen, im gegenwärtigen Alter, als Junge und als älterer Mann. Die Vorstellung  wurde von Andreas Marschall auf dem Coverartwork genial verwirklicht.

Das Album hat eigentlich alles, was zum guten Piraten-Metal gehört: ein interessantes Konzept, eine fesselnde Geschichte, niveauvolle Songtexte, kraftvolle Musik – prima geschrieben und gespielt. Highlights hervorzuheben wäre hier schwierig, denn die Scheibe strotzt vor Volltreffern. Angefangen mit dem Intro "The Curse", der mit dem Spoken Word-Teil die düstere Stimmung begründet, gefolgt von den Stampfern "Black Hand Inn" und "Mr. Deadhead", über meinen persönlichen Favoriten "The Privateer" und dem schwindelhaft schnellen "The Phantom Of Black Hand Hill", gekrönt mit dem 15 Minuten langen Epos "Genesis (The Making And The Fall Of Man)". Nicht umsonst widmete 'Kapitän' Kasparek diesem Song insgesamt achtzehn Monate. Am Beginn wieder das mystisch wirkende Spoken Word-Segment, danch verschmelzen die meisterhaft wechselnden instrumentalen und gesungenen Abschnitte zu einem vollkommen harmonischen Lied und dies erzählt so ganz ’nebenbei' eine alternative Schöpfungsgeschichte. Abgerundet genug wäre mir das Album mit diesem als Abschlusstrack gewesen, da haben wir aber noch zwei rockige Stücke geschenkt bekommen. Schön, aber ohne würde es auch gehen.

Bei dem rasenden Tempo des ganzen Silberlings hat die Langeweile keine Chance, die Nackenmuskeln werden aber auch ordentlich in Anspruch genommen. Selbst wenn man die Leistung der einzelnen Musiker unter die Lupe nimmt, ist niemandem was vorzuwerfen. Dieses Line-up war wirklich gut, auch wenn es hier noch nicht ganz als Einheit funktionierte, was man aber dank der großartigen Studioarbeit gar nicht merkt. Die Scheibe ist nicht nur von der Form her rund. Wenn ich irgendwann mal Lust habe, Running Wild zu hören, fällt meine Wahl höchstwahrscheinlich auf diese Platte.


Line-up Running Wild:

Rolf 'Rock’n’Rolf' Kasparek (vocals, guitar)
Thilo Hermann (guitar)
Thomas 'Bodo' Smuszynski (bass)
Jörg Michael (drums)

Tracklist "Black Hand Inn":

  1. The Curse
  2. Black Hand Inn
  3. Mr. Deadhead
  4. Soulless
  5. The Privateer
  6. Fight The Fire Of Hate
  7. The Phantom Of Black Hand Hill
  8. Freewind Rider
  9. Powder & Iron
  10. Dragonmen
  11. Genesis (The Making And The Fall Of Man)

Bonustracks:

  1. Dancing On A Minefield
  2. Poisoned Blood

Gesamtspielzeit: 74:34, Erscheinungsjahr: 2017 (1994)


Noise-Wiederveröffentlichungen: Running Wild, Teil 9: "Masquerade"

Running Wild - MasqueradeOriginal released im Oktober 1995 ist es das letzte Album, das via Noise erschien und der erste Teil der locker zusammenhängenden Trilogie, welche ihre Fortsetzung in "The Rivalry" (1998) und "Victory" (2000) findet und den Kampf zwischen Gut und Böse thematisiert.
Auf dem Cover – auch diesmal wieder von Andreas Marschall gestaltet – erschaffen ein Politiker, ein Geistlicher und ein Offizier ein humanoides Wesen  und verbergen dabei ihre Gesichter hinter Masken, dem Titel entsprechend. Geschrieben und aufgenommen wurde "Masquerade" äußerst schnell, alles wurde insgesamt in dreieinhalb Monaten geschafft. Das lag eventuell auch daran, dass das Quartett – erstaunlicherweise mit der gleichen Besetzung wie beim vorigen Album – hier schon wirklich eine Einheit bildete. Die Band war sehr zufrieden mit der Platte und beim Publikum kam diese ebenfalls ganz gut an. Die damaligen Bonustracks  "Iron Heads" und "Bones To Ashes", die aus früheren Zeiten stammen, wurden jetzt gegen die beiden Neuaufnahmen "Lions Of The Sea" und "Black Soul" ausgetauscht, da diese hier eher passen, meinte Rolf Kasparek.

Aus meiner Sicht gehört auch "Masquerade" zu den stärksten Scheiben der Band, selbst wenn ich auch schon zigmal das Gegenteil gehört habe. Immer mit der Begründung, dass Rock’n’Rolf nichts Neues aufzeigen kann und die Platten ständig gleich klingen – das würde ich nun überhaupt nicht sagen. Wie schon mal geschrieben, mir bereitet es kein Problem, wenn eine Band ihrem Stil treu geblieben ist und bleibt, solange das der Qualität nicht schadet. Die  neunte Running Wild-Scheibe entfernt sich sogar in der Thematik von der Piraterie, bis auf "Lions Of The Sea". Irgendwas muss ja als Metapher für die Freiheit dienen und wer sollte es sonst sein, wenn nicht die guten alten Piraten?

Bewusst will ich keinen Vergleich ziehen, daher sag ich einfach nur: Hier wird unverfälschter Speed Metal gespielt. Höllisches Tempo, wahnsinnige Gitarrenmelodien, hämmerndes Trommelspiel, riesiger Elan und beachtenswertes Storytelling beherrschen den Silberling. Vom Anfang an ist Headbangen und Luftgitarre spielen angesagt und das wird nur für kürzere Pausen unterbrochen, ganz bis zum zusammenfassenden Abschlusstrack. Bei fast allen Stücken könnte man über rockige Riffs, pfeilschnelle Soli, die tolle Leistung der Rhytmussektion, den Gesang mit Kaspareks passend-roher Stimme sprechen. Alles sitzt, wo es hingehört. Wenn aber unbedingt was kritisiert werden muss, tja, die Chöre könnten schon mal stärker sein, das entnimmt dem Gesamtbild aber nichts Bedeutendes.

Jetzt im Moment, in welchem ich mir diese Platte gerade anhöre – nämlich genau an dem Punkt, wo sich unsere Welt gerade befindet – scheint sie mir noch aktueller zu sein, als zum Zeitpunkt ihrer Entstehung und genau auch deswegen gibt sie ein positives (Wieder-) Hörerlebnis.


Line-up Running Wild:

Rolf 'Rock’n’Rolf' Kasparek (vocals, guitar)
Thilo Hermann (guitar)
Thomas 'Bodo' Smuszynski (bass)
Jörg Michael (drums)

Tracklist "Masquerade":

  1. The Contract/ The Crypts Of Hades
  2. Masquerade
  3. Demonized
  4. Black Soul
  5. Lions Of The Sea
  6. Rebel At Heart
  7. Wheel Of Doom
  8. Metalhead
  9. Soleil Royal
  10. Men In Black
  11. Underworld

Bonustracks:

  1. Lions Of The Sea (2003 re-worked version)
  2. Black Soul (2003 re-worked version)

Gesamtspielzeit: 64:20, Erscheinungsjahr: 2017 (1995)

Über den Autor

Hajnalka Tamás

Genres: Heavy Metal, Power Metal, Classic Rock, Stoner Rock

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