
Wenn eine Band bereits seit über vierzig Jahren aktiv ist, mindestens ein halbes Dutzend richtig großartige Alben veröffentlicht hat und außderdem noch zu den Heroen der New Wave of British Heavy Metal gehört, dann stellt sich immer die Frage, was man zu (in diesem Fall) Saxon noch schreiben kann, was es nicht bereits massenhaft an anderen Stellen zu lesen gab. Seit Ende letzten Jahres gibt es zumindest eine neue Compilation mit dem Namen "Decade Of The Eagle…", die sich mit den ersten zehn Jahren der Band als albumveröffentlichende Gemeinschaft befasst. Verteilt auf zwei Silberlinge (oder wahlweise vier Vinyl-Alben) werden die Scheiben vom noch etwas verhaltenen gleichnamigen Debüt bis hin zum von vielen Fans als einzige Katastrophe angesehenen Destiny noch einmal gewürdigt. Und das sogar fast einheitlich mit jeweils vier Tracks, wenn es auch ein paar wenige Abweichungen gibt.
So sind vom 1979 erschienenen "Saxon" gleich vier Nummern am Start, die zwar noch nicht ganz an spätere Großtaten heran reichen, die den angesteuerten Weg der Band aber durchaus schon andeuten. Die tighte Rhythmus-Abteilung (bestehend aus Steve Dawson am Bass sowie Pete Gill an den Drums), die prächtig harmonierenden Gitarren des Duos Graham Oliver/Paul Quinn und nicht zu vergessen die doch recht einzigartige, zumindest aber mit hohem Wiedererkennungswert gesegnete, Stimme eines gewissen Peter 'Biff' Byford zauberten schon früh mit Stücken wie "Big Teaser" oder "Backs To The Wall" kleine Perlen aus den Hemdsärmeln. Ab 1980 ging es dann aber erst so richtig los und die Band veröffentlichte ein Hammeralbum nach dem anderen. Wheels Of Steel, Strong Arm Of The Law sowie "Denim And Leather" gelten heute nach wie vor (und das zu Recht) als echte Klassiker des Genres.
Warum? Dafür dürften als Argumente alleine schon das Aufzählen der Titelsongs zu den oben genannten Alben, dazu "Princess Of The Night", "747 (Strangers In The Night)", "Motorcycle Man", "Heavy Metal Thunder" oder "Dallas 1PM" (um nur mal ein paar wenige zu nennen) genügen. Wer diese Tracks kennt und auch nur ansatzweise etwas für Heavy Metal übrig hat, wird mir zustimmen. Und alle, die sie noch nicht kennen, sollten das schleunigst nachholen. "Power And The Glory" aus dem Jahr 1983 war irgendwie nie mein Lieblingsalbum, obwohl auch darauf starke Tracks vertreten waren. "Crusader" aus dem Folgejahr hatte ich damals schon gar nicht mehr wirklich auf dem Schirm, wenn die beiden (tatsächlich nur zwei) daraus hier vertretenen Songs auch durch eine andere, fast etwas düstere Atmosphäre überraschen und gefallen. Mich bzw. meinen persönlichen Geschmack verlassen hatte Saxon mit dem 1985 erschienenen Innocence Is No Excuse, mit dem die Musiker doch einiges von ihrem so ganz eigenen Sound aufgaben. Heute kann ich "Broken Heroes" allerdings einiges abgewinnen und auch "Northern Lady" von Rock The Nations (aus dem Jahr 1986) geht mir heute verdammt gut und sehr viel besser als damals ins Ohr. Und "Destiny" (1988)…? Dass ein Coversong von Christopher Cross ("Ride Like The Wind") die Scheibe eröffnete sprach bereits Bände und setzte den Ton für das gesamte Album.
Anschließend kam Saxon nach einer kleinen Denkpause im Jahr 1991 jedoch mit der starken Platte "Solid Ball Of Rock" zurück, dem die Musiker im Folgejahr mit "Forever Free" ein weiteres Highlight folgen ließen. Soweit der kurze Abriss zur weiteren Bandgeschichte, der damit enden soll. Nur eines noch: Im kommenden Februar 2018 erscheint das brandneue, mittlerweile 22. Studioalbum der Band, von der mit Biff Byford und Paul Quinn immerhin noch zwei Gründungsmitglieder am Start sind (und durchgängig waren).
Unter Fans und auch in unserer Redaktion wurde vor der Veröffentlichung dieses Doppeldeckers darüber diskutiert, wer eigentlich die gefühlt ungefähr 53. 'Best of' von Saxon überhaupt noch braucht? Und logischerweise muss darauf jeder Fan seine eigene Antwort finden. Wer sämtliche Scheiben bereits im Regal stehen hat, wird wahrscheinlich müde abwinken, die Sammler brauchen logischerweise alles und dann gibt es ja auch noch solche Leute wie den Rezensenten, der seine damalige (kleinere) Saxon-Sammlung unvorsichtigerweise mal in die falschen Hände gab und nie wieder zurückbekam. Somit ein Freudenfest der Wiederentdeckung und ein Prachstück in meinem CD-Regal. Die Songauswahl ist richtig gut, und sehr schön sowie sorgfältig aufgemacht ist auch das Booklet, das diese Veröffentlichung hervorragend abrundet.
Line-up Saxon:
Biff Byford (bass – CD 2 – #11-14, lead vocals)
Graham Oliver (guitars)
Paul Quinn (guitars)
Steve Dawson (bass – CD 1, CD 2 – #1-10)
Paul Johnson (bass – CD 2 – #15,16)
Pete Gill (drums – CD 1 – #1-7, 9,10, 12-15)
Nigel Glockler (drums – CD 1 – #8,11,16,18, CD 2 – #1-14)
Nigel Durham (drums – CD 2 – #15,16)
Tracklist "Decade Of The Eagle…":
- Stallions Of The Highway
- Big Teaser
- Backs To The Wall
- Milita Guard
- Wheels Of Steel
- 747 (Strangers In The Night)
- Suzie Hold On
- Motorcycle Man (Live)
- Strong Arm Of The Law
- Heavy Metal Thunder
- 20,000 Ft (Live)
- Dallas 1PM
- And The Band Played On
- Never Surrender
- Denim And Leather
- Fire In The Sky (Live)
- Princess Of The Night
- Power And The Glory
- This Town Rocks
- The Eagle Has Landed
- Midas Touch
- Sailing To America
- Crusader
- Devil Rides Out
- Back On The Streets
- Rockin' Again
- Rock’n’Roll Gypsy
- Broken Heroes
- Waiting For The Night
- Rock The Nations
- Northern Lady
- Battle Cry
- Ride Like The Wind
- Red Alert
Gesamtspielzeit: 78:45 (CD 1), 79:06 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2017 (1979 – 1988)
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