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Saxon / More Inspirations – CD-Review

Saxon / More Inspirations

Es ist wie der Blick durchs Schlüsselloch, Teil 2. Mal sehen, was die Anderen zu bieten haben. Der Blick über den eigenen Tellerrand. So lässt sich "More Inspirations", das zweite Coveralbum von Saxon, am besten auf den Punkt bringen. Schon der Name verdeutlicht: Hier geht es um den Spaßfaktor, um einmal das tun zu dürfen, worauf man als Musiker schon immer Lust hatte, abseits der eigenen Studio- und Livepfade. Es scheint, dass Corona für die Umsetzung ein geeigneter Zeitpunkt gewesen ist. Saxon haben diese Gelegenheit genutzt.

Woher auch immer die Mär stammt, Coveralben seien etwas für ideenlose Musiker, der mag solche Produktionen wie die entsprechenden Alben von Saxon und Deep Purple nicht kennen. Die Kompositionen passen zwar weniger in die eigene Setlist; doch der eingangs erwähnte Spaßfaktor kommt meistens schon beim ersten Hören. Dieses kollektive Erlebnis betrifft Interpreten und Publikum gleichermaßen.

Auf "More Inspiration" gibt es mit Saxons Version von "We’ve Gotta Get Out Of This Place" von den Animals einen dramaturgisch reizvollen Auftakt: Mit einem Basslauf wie aus dem Lehrbuch, dem sich die beiden Gitarren anschließen. Fertig ist der stimmungsvolle Rock’n’Roll, der druckvoll daher kommt und in Ohrwurm-Garantie gute Laune verbreitet. Es ist nicht unbedingt der klassische Saxon-Sound, aber darum geht es nicht bei "More Inspiration" mit zehn Kompositionen. Die Band folgt keinem starren Schema, gespielt wird, was Spaß macht. Das erfolgt in überzeugender Weise.
Als zweite Nummer folgt "The Faith Healer" der The Sensational Alex Harvey Band. Es ist das längste Stück mit einer Spieldauer von 6:30 Minuten und steht stellvertretend für die Auswahl, die man als Überraschungswerk einer Band bezeichnen darf, die in ihrer abwechslungsreichen Karriere keinesfalls genug hat.

Insofern sollte man Saxon keinesfalls nur als reine New Wave of British Heavy Metal-Band einstufen. Das geht eindeutig tiefer. Vor und während dieser Ära gab es Wegbegleiter, deren Musik heute im Original zu Hause oder im Tourbus erklingt. Wobei wir wieder beim Schlüsselloch-Effekt sind. Der Blick dahinter öffnet sich mit diesem Album für uns als Hörer. Mit der Auswahl der Interpreten sollten viele Musikfans etwas anzufangen wissen. Für mich einer der Höhepunkte ist das mit einem fetten Groove angereicherte "Gypsy" von Uriah Heep. Unverkennbar Uriah Heep und gut aufgehoben bei Sänger Biff Byford und seinen Mannen.

"From The Inside" von Alice Cooper oder "Detroit Rock City" von Kiss darf man gerne mit einem Klassiker-Status einstufen und beide finden Gefallen. "Chevrolet" von ZZ Top erblickte sogar schon 1972 das Licht der Öffentlichkeit – und damit vier Jahre vor der eigenen Bandgründung bei Saxon. Mit "Man On The Silver Mountain" hören wir eine Komposition, die schon oft gecovert worden ist. Das Lied stammt vom Album "Ritchie Blackmore’s Rainbow". Es ist das im September 1975 erschienene Debüt von Rainbow mit dem Gitarristen und Bandgründer Ritchie Blackmore und dem unvergessenen Sänger Ronnie James Dio. Daraus ist "Man On The Silver Mountain" die erste Single. Saxon vermitteln den Geist dieses zeitlosen Klassikers in einer würdigen Form.

Die Auswahl auf "More Inspiration" ist erlesen. Mehr covern geht nicht. Es sind immer wieder die Überraschungseffekte, die solch ein Album ausmachen. Es sind alle Zutaten für ein solches Album enthalten. Es ist eine Freude beim Hören. Da die Titel gewöhnlich nicht die Tacklist auf einer Tour füllen, ist es gute Kost für zu Hause. Lieder, die garantiert ins Ohr gehen, aber auf neue Weise interpretiert werden.


Line-up Saxon:

Biff Byford (vocals)
Paul Quinn (guitar)
Doug Scarratt (guitar)
Nibbs Carter (bass)
Nigel Glockler (drums)

Tracklist "More Inspirations":

  1. We’ve Gotta Get Out Of This Place
  2. The Faith Healer
  3. From The Inside
  4. Chevrolet
  5. Substitute
  6. Gypsy
  7. Man On The Silver Mountain
  8. Detroit Rock City
  9. Razamanaz
  10. Tales Of Brave Ulysses

Gesamtspielzeit: 40:16, Erscheinungsjahr: 2023

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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