Der Wunsch vieler Kunstrocker scheint wohl im Nobilitierungsanspruch ihrer Hirn-entwischenen Machwerke zu suchen, ein explosives Destillat welches einst mit aneinandergereihten Liedersammlungen wie Sgt. Pepper zündelte und sich aus uneitlen Musikkulturen erhob.
So verbreitete sich über die Jahrzehnte insbesondere in den progressiven Rock-Szenerien, auch hierzulande, das steigende Bestreben nach konzeptionellen Verdichtungen ihrer teils kunstvoll sowie wortreich aufbereiteten Kompositionen.
Religiös gesellschaftliche Themata mit dem für klerikale Kritiker gleichbedeutenden Beelzebub aller Musen, den sündigen Rhythmen rockistischer Ausgeburten zusammen zu bringen, glichen schon von jeher einem Drahtseilakt, eine mit Glaubensfanatismus durchzogene Familientragödie mit musikalisch Komplexes hingegen als nahezu vertontes dazu schwerverdauliche Reclam-Belletristik.
Somit vermag die dialogreiche neue, sozusagen fortgesetzte Saga einer Trilogie der sächsischen Seven Steps To The Green Door, bekannterweise unter Marek Arnolds Schirmherrschaft, allenfalls die Synapsen Literatur-Geneigter mehr oder weniger anreizen, die Kunstrock-konsumierenden Aficionados das Ertönende.
Nun, einmal abgesehen vom einerseits immergrünen Entwurf zerfressender Volkskrankheiten mit religiösen Hintergrund, anderseits die psychopathologische Seifenoper sippschaftlicher Glaubenskrisen, welche hierbei zur lauen Pflichtübung eines Theaterzirkels verkommen, reizen musikalisch rundes wie eckiges Handwerk die Neuronen.
Die zweifelsohne stimmlich sowie instrumental auf der Stufe heutiger Höransprüche befindlichen Protagonisten bedienen sich hierbei erwartungsgemäß aus jener altbewährten Schöpfquelle Vario-rockistischer Ursuppe und drapieren ihr singspielgleiches Dramödchen irgendwo an der Sollbruchstelle Prog-sinfonischer Wohlfühl-Milieus samt Extras und Riff-testosteronem gleichsam mathematisch kalkuliertem Kopfnicker-Metal.
Stehen die Eignungen für solch ambitionierten Größenwahn auch außer Frage, so lassen sich dessen ungeachtet dramaturgisch-ausbremsende Unzulänglichkeiten im Nacheifern Morsescher Kernkompetenzen vernehmen, schalten die teils zahlreich strebsamen, dazu emotionsentladenen Textdestilate alle musikalischen Großartigkeiten in den Hintergrundmodus.
Spätestens im Fall des zweigeteilten "A Dream That Strayed" obsiegt nichtsdestotrotz des Hörers Zuversicht, dass sich mit geschlechtsheterogenen Vokal-Innigkeiten, Saiten-majestätischen Energien und Jazz-Klassik-viralen Progrock-Tugenden alle musischen Charakteristika von Seven Steps To The Green Doors Göttergaben erheben.
Abgesehen von US-Autor George Andrades songgebührend aufbereiteten Rollenspielen, der von Thoralf Koß handgeschöpften, gleichsam ethisch-religiös verschatteter Gegenwartsprosa und deren gehäuft bleicher, ferner kreuzbravem Gestus im verkopften Werks-Gebilde, sind die in höchsten Ansprüchen ebenso Prog-Zeremonien erstarrenden Garantieleistungen des Ensembles dementgegen indiskutabel.
Dergestalt dürften ausschweifende sowie dem stilkolorierten Kunstrock befeuernde Kompositionen samt homöopathisch überdosiertem Gehabe wie "Hear My Voice Tonight" oder "Come To Yo Father" am Ende pures Öl auf manch Traditionalistens entflammtes Gemütchen gießen.
Die Summe aus der schlicht aufdringlichen, wenngleich unheilvollen, Sprengkraft dieser kohärenten Darbietung plus musikalisch streckenweise zu hemdsärmlig gepflegten Fußnote, bemerke man wohlwollend ein zur Schau getragenes Selbstbewusstsein, das sich in der zweiten Halbzeit, dank stattlicher dem Kunstrock-zollender, uns Genre-Konsumenten liebgewonnener Mysterien, zu rehabilitieren vermag.
Sachsens Zentralorgan des rockistischen Fortschritts entsiedeln ihre Nische so nicht wirklich, sondern tapezieren diese geflissentlich mit Raufaser, wogegen schlussendlich Musen-Köstler mit ausgeprägter Geschmackssicherheit ihren privaten Ambitionen ob dieser Cyrils parallel schöpferisch leichtere, andernfalls eben jene heftigere Progression aus Marek Arnolds Stallung, auf den Zahn fühlen sollten.
Line-up Seven Steps To The Green Door:
Ulf Reinhardt (drums)
Marek Arnold (piano, organ, saxophone, keyboards, clarinet, seaboard, venova)
Luke Machin (main electric guitars)
Michael Schetter (main basses)
Stephan Pankow (electric guitars)
Andreas 'Eddy' Gemeinhardt (electric & acoustic guitars, bass)
Denis Strassburg (bass)
Steve Unruh (violin solo)
Jason Melidonie (guitar solo)
Susan Kammler (oboe)
Gerd Albers (acoustic guitar)
Vocalists/Characters:
Lars Köhler (as Samuel)
Peter Jones (as Father)
Jana-Christina Pöche (as Mother)
Anne Trautmann (as Samuels girlfriend)
Sören Flechsig (as Noah)
Annemarie Schmidt (vocal adds)
Amelie Hofmann (vocal adds)
Tracklist "The?Lie (The?Book Part 2)":
- A? – I
- Salvation
- A Price To Pray – I
- A Dream That Strayed – I
- A Price To Pray – II
- A Dream To Strayed – II
- A? – II
- Heaven
- The World Made Flesh
- Hear My Voice Tonight
- Come To Your Father
Gesamtspielzeit: 53:22 , Erscheinungsjahr: 2019
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