Mit dem Keyboarder, Saxofonist und Komponist Werner Nadolny hat am 22. Mai 2023 ein weiteres Mitglied der Anfangs-Formation der Hannoveraner Band Jane diese Erde verlassen. Zusammen mit der gerade erwähnten Combo schrieb er mit den Alben "Together" (1972), "Here We Are" (1973) sowie "Fire, Water, Earth & Air" (1975) deutsche Rock-Geschichte und war darüber hinaus in vielen weiteren Projekten sowohl im Studio, als auch bis 2015 auf der Bühne aktiv.
Nadolny kam aus einer Musiker-Familie und studierte dieses bzw. ein Teil-Fach davon in den sechziger Jahren, gehörte aber als Saxofonist auch bereits einer Combo namens The J.P.’s an, die in allererster Linie auf der Bühne aktiv war, aber immerhin auch eine Single veröffentlichte, bis sie 1969 aufgelöst wurde. Bei den J.P.’s waren damals unter anderem auch der Sänger Peter Panka und der Bassist Klaus Hess tätig, die beide noch große bzw. größere Rollen in Werners Leben spielen sollten. 1970 kamen die drei Musiker wieder zusammen, beschlossen die Instrumente zu tauschen und mit Nadolny als Keyboarder, Panka als Schlagzeuger und Hess als Gitarrist die Band Jane zu gründen. Als erste weitere Verstärkung kam Charly Maucher am Bass dazu, der sich mit Klaus Hess auch die Lead Vocals teilte. Nachdem der Produzent Günter Körber Ende 1970 ein Konzert des Quartetts gesehen hatte, sprach er die heute noch legendären Worte »Wenn ihr euch einen ordentlichen Sänger besorgt, besorge ich euch einen Plattenvertrag!« Nicht unbedingt eine Streicheleinheit für die Egos von Hess und Maucher, stellte der Spruch dennoch eine zu große Versuchung dar, um ihr zu widerstehen.
So wurde der Sänger und Frontmann Bernd Pulst (R.I.P.) an Bord genommen, die Sachen gepackt und nach Hamburg ins Aufnahmestudio aufgebrochen. Das Ergebnis dieser Reise war das Debütalbum "Together", das mit ca. 100 000 verkauften Einheiten nicht nur einen großen Überraschungs-Erfolg darstellte, sondern als unsterblicher Klassiker in die deutsche Musik-Historie eingegangen ist und darüber hinaus bis zum heutigen Tag als eine meiner fünf Insel-Platten durchs Ziel geht. Und daran hat neben den anderen Bandmitgliedern auch Nadolnys Tasten-Arbeit einen entscheidenden Anteil, der neben teilweise filigranem Spiel auch immer einen 'warmen', 'erdigen' Sound-Teppich für die einzelnen Nummern zauberte. Dass es im Bandlager zwischenmenschlich aber immer wieder Probleme geben sollte, deutete sich bereits in dieser Frühphase der Band an. Nach dem Debüt waren plötzlich sowohl Bernd Pulst, als auch Charly Maucher von Bord gegangen. Unser Protagonist hielt noch bis zum zweiten (ebenfalls unverzichtbaren) Album "Here We Are" durch, bis auch er – je nachdem, welchen Zeitzeugen man fragt – entweder gefeuert wurde oder die Formation aus eigenem Antrieb verließ.
Von Jane erschienen darauf die weiteren Alben "III" (1974) sowie "(Wishdream) Lady" (1975), bevor sich der gute Werner plötzlich doch wieder neben Klaus Hess und Peter Panka, dazu dem aktuellen Bassist Martin Hesse, in der Band Jane befand. Mit "Fire, Water, Earth & Air" entstand in dieser Besetzung ein weiterer Meilenstein, bevor sich die Wege Nadolnys und des verbliebenen Trios wieder trennten. Nadolny gründete darauf hin die Band Lady (der in der ersten Phase auch der spätere Scorpions-Gitarrist Matthias Jabs angehörte) und ergatterte dazu das Engagement, den Soundtrack bzw. die Musik-Beiträge für die in den siebziger Jahren populäre TV-Sendung "Schüler Express" beizusteuern. Mit seiner Band Lady veröffentlichte Werner 1976 (bereits ohne Jabs) ein gleichnamiges Album, bis die Combo wieder auseinander driftete. Bereits davor und auch anschließend folgten viele unterschiedliche Projekte und Band-Ideen, die aber nie wirklich zur Zufriedenheit des Hannoveraners verliefen oder gar zu Aufnahmen führten. Nadolny hatte immer freundschaftlichen Kontakt zu Peter Panka gehalten und war auf dem 1980 erschienenen Album "Jane" (Maske) mit Saxofon-Beiträgen als Gast vertreten und somit wieder im Jane-Kosmos gelandet.
Nachdem der Plattenvertrag von Jane nach dem 1982 erschienenen Album "Germania" ausgelaufen war, wurde die Band von dem englischen Musiker Jon Symon für dessen Rockballet Warlock engagiert und Werner Nadolny saß plötzlich wieder fest im Boot. Besagtes Rockballet entwickelte sich zu einem riesengroßen Erfolg und hielt die Band noch eine ganze Weile bei Laune und Einkommen. Mitte der Achtziger war es erneut Günter Körber, der Jane einen Plattendeal anbot. Das Problem:Der als Gallions-Figur und Haupt-Komponist agierende Klaus Hess war zu Anfang der "Warlock"-Zeit von Symon gefeuert worden und weder Panka, noch Nadolny wollten ihn zurückhaben. Was aber mit neuen Songs? Nun gut, Nadolny war selbst Komponist, dazu war Klaus Henatsch in der Band und für die sechs Saiten wurde Kai Reuter engagiert.
Um es kurz zu machen, lief es für Peter Panka’s Jane (nach einem Gerichts-Urteil um die Namensrechte) ab Mitte der Achtziger und die kompletten Neunziger hindurch eher sehr schlecht als recht und auch die beiden in diesem Zeitraum erschienenen Alben "Beautiful Lady" (1985) sowie "Ressurection" (1996) sind nicht nur in Fan-Kreisen umstritten, sondern gehören nüchtern betrachtet auch ganz sicher nicht zu den besten Alben der Jane-Geschichte. Ca. 2000 war das Interesse am sogenannten Krautrock und seinen frühen Vorreitern allerdings plötzlich wieder vorhanden und auch Peter Panka’s Jane hatten mit Peter Panka (drums, vocals), Werner Nadolny (keyboards), Charly Maucher (bass, vocals) sowie dem ehemaligen Epitaph-Gitarristen Klaus Walz (der bereits seit den Achtzigern – mit Unterbrechungen – dabei war) wieder eine feste und funktionierende Besetzung gefunden. Die Band startete wieder durch, veröffentlichte mit "Genuine" (2002), "Shine On" (2004) sowie Voices (2006) weitere Alben, bis Peter Panka am 28. Juli 2007 seinem Krebsleiden erlag. Nicht sehr viel später setzte sich auch Nadolny von der Formation ab, um mit Werner Nadolny’s Jane seinen eigenen Ableger zu gründen.
Auch mit dieser Formation (mit ebenfalls fluktuierenden Line-ups) folgten neue Scheiben wie unter anderem Proceed With Memories oder Eternity sowie viele Live-Konzerte, bevor dem bereits seit Jahren an Mulitple Sklerose leidenden Norddeutschen seine Krankheit immer mehr zu schaffen machte und er schließlich 2015 seinen Abschied von der Bühne verkünden musste. Es gibt ganz sicher noch ganz viele andere erzählenswerte Geschichten aus dem Leben dieses Musikers, die den Rahmen dieses Nachrufs jedoch sprengen würden. Daher kann sich der interessierte Leser vielleicht sogar noch besser in Form des von Nadolny für RockTimes gegebenen Interviews aus dem Jahr 2009 bzw. unserem Gespräch mit ihm von 2010 informieren.
Nun haben wir Werner Nadolny bzw. seine sterbliche Hülle in diesem Mai 2023 für immer verloren, wodurch Klaus Hess und Wolfgang Krantz als die einzigen noch lebenden Jane-Musiker aus der ersten Hälfte der Siebziger verblieben sind. Was immer bleiben wird, ist seine Musik, mit der er sich unsterblich gemacht hat. Wie bereits zu Beginn dieses Nachrufs erwähnt, sind zumindest die Jane-Alben "Together", "Here We Are" sowie "Fire, Water, Earth & Air" Scheiben für die Ewigkeit und ein fester und unverrückbarer Teil der deutschen Rock-Geschichte.
Rest in peace, Werner, wir werden dich nie vergessen!
2 Kommentare
Eva - M Dunkel
3. April 2024 um 12:42 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Happy birthday, Werner… Wo immer du gerade bist
Heiko Kamann
27. Mai 2023 um 19:43 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Sehr schön und würdevoll geschrieben.