Shock Therapy / Back From Hell – CD-Review

Schock-Therapie … Elektro-Schock-Therapie? … Shock Therapy! Wenn man sich im weltweiten Netz informiert und ein bisschen durch die Gegend liest, scheint das ganze Leben des Gregory John McCormick alias 'Itchy' ein einziges Drama gewesen zu sein. Zumindest gründete er aber seine oben genannte Band, mit der er – wenn vielleicht auch nicht immer finanziell – beachtliche Erfolge in der Szene und bei den Kritikern einfahren konnte. Und das bereits mit dem 1985 erschienenen gleichnamigen Debütalbum, auf dem Hardcore mit melodiösen synthetischen Sounds kombiniert und somit eigentlich schon ein neues Genre kreiert wurde. Die Band ließ sich von den ersten Meriten jedoch überhaupt nicht beeindrucken und veränderte ihren Sound mit jeder weiteren Scheibe immer wieder, immer auf der Suche, immer einen Schritt voraus und immer näher an die Sonne. Öffentlich zelebrierter Drogenkonsum wie auch weitere illegale Machenschaften führten schließlich im Jahr 2000 zur Verhaftung 'Itchys', der die nächsten sieben Jahre erstmal hinter Gittern verbrachte.

Im Sommer 2007, kaum wieder auf freiem Fuß, stürzte sich der Musiker jedoch umgehend wieder in die Arbeit, was zunächst das Album "The Moon & The Sun" hervor brachte, dessen Veröffentlichung McCormick allerdings schon nicht mehr erlebte. Nun kam im vergangenen Mai mit "Back From Hell" eine Platte auf den Markt, die die letzten aufgenommenen Songs des in Detroit lebenden Amerikaners (mit starkem Hang zu Deutschland) beinhalten soll. Zu den Aufnahmen gibt es widersprüchliche Aussagen. Einerseits ist zu lesen, dass 'Itchy' sämtliche Instrumente selbst eingespielt und die Tracks natürlich auch eingesungen hat. Andererseits ist festgehalten, dass die Aufnahmen noch gar nicht zu 100 % im Kasten waren und schließlich von dem Tour-Keyboarder Per Anders Kurenbach fertiggestellt wurden, während im Booklet wieder etwas anderes aufgeführt ist. Bei unserer Angabe des Line-ups haben wir uns für die letztgenannte Variante entschieden. Aber wie dem auch sei, mit diesem neuen Shock Therapy-Werk gibt es nochmal zwölf Tracks Electronic Rock auf die Ohren.

Tatsächlich sind eine E-Gitarre und sehr viele Keyboards und Synthesizer als Hauptinstrumente am Start. Das hat mit Hardcore natürlich gar nichts mehr zu tun und dient – wenn musikalisch auch nicht wirklich aufregend oder berauschend – als optimaler Sound-Teppich für die textlichen Ausführungen eines offensichtlich emotional angegriffenen oder sogar verstörten Individuums. Hass auf andere Menschen spielt eine große Rolle, was alleine schon Songtitel wie etwa "I Hate People" oder "Don’t You Know I Hate You" suggerieren, darüber hinaus fällt bereits beim Betrachten des Covers auf, wie viele Songtitel mit dem Wort 'Ich' beginnen. Sehr zerbrechlich wirkt der Protagonist dagegen bei "I Am Losing You", wo er einmal einen ganz anderen Blick in seine Seele zulässt. Und obwohl der Gesang bei sämtlichen Titeln relativ ’normal', also nicht gebrüllt oder in anderer extremer Form gebracht wird, strahlen diese Stücke eine allgegenwärtige (und für meinen Geschmack zeitweise sogar unangenehme) Aggressivität aus. Das kann man – einfach als eine Form des künstlerischen Ausdrucks – mögen, muss man aber nicht. Eine echte Überraschung ist dann noch die Coverversion des alten The Platters-Hits "Only You".

Gregory John 'Itchy' McCormick wurde am 15. November 2008 im Alter von 44 Jahren leblos auf einem Ackerfeld unweit des Hauses seines Vaters gefunden. Die angenommene (offiziell nicht bestätigte) Todesursache ist nach wie vor exzessiver Alkoholismus.

Line-up Shock Therapy:

'Itchy' (synthesizers, programming, guitars, bass, ethnic drumset, vocals)
Onyx Lustro (additional instruments)

With:
Per Anders Kurenbach (additional keyboards, bass & percussion)
Cliff Hill (drums, ethnic percussion)
Wes Beech (electric guitar)

Tracklist "Back From Hell":

1. Can You Feel My Purity?
2. This Is Not What I Deserve
3. I Never Learn
4. I Hate People
5. I Am Losing You
6. God, Sex
7. I Could Lose Myself In You
8. Don’t You Know I Hate You
9. Swelling
10. You Were The Moon, I Was The Sun
11. Only You
12. The Beginning And The End

Gesamtspielzeit: 53:07, Erscheinungsjahr: 2020