Siggi Schwarz / 50 Years Of Rock’n’Roll – Live & Rare – 3CD-Review

Ah ja, die große Fünfzig! Eine Zahl, die – wenn sie ein halbes Jahrhundert bedeutet – immer wieder gerne gefeiert wird. Manchmal wehmütig, aber oft doch auch mit einem ganzen Batzen Stolz dahinter. Letzteres trifft definitiv im Fall Sigi Schwarz zu, der im Oktober 2023 ein pralles 3CD-Set mit dem Namen "50 Years Of Rock’n’Roll – Live & Rare" veröffentlicht hat, um sein rundes Bühnenjubiläum mal so richtig zu feiern. Dabei war der Heidenheimer bei weitem nicht nur als Musiker unterwegs, sondern zusätzlich als Produzent und auch in anderen Funktionen tätig. Vereint auf dieser Box hat der gute Siggi rare und bisher unveröffentlichte Aufnahmen aus den Jahren 2003 bis 2019 und die Namen seiner Mitmusiker können sich definitiv sehen lassen. Um nur mal die bekanntesten Sänger aufzuführen, waren hier unter anderem Chris Thompson (Ex-Manfred Mann), Bobby Kimball (Ex-Toto), Chris Norman (Ex-Smokie) oder Pete Haycock (Ex-Climax Blues Band) und um nur mal die bekanntesten Gitarristen zu nennen, Michael Schenker (Ex-UFO), Frank Diez, Geoff Whitehorn (Ex-Procol Harum, Ex-Roger Chapman), Steve Lukather (Toto), Alex Conti (u. a. Ex-Lake) oder Laurie Wisefield (Ex-Wishbone Ash) am Start.

Im ersten Block, sprich den ersten zehn Tracks steht Chris Thompson vor dem Mikro und auf der Bühne, um zunächst Stücken wie etwa "With A Little Help From My Friends", "Black Magic Woman", "Tobacco Road" oder "Summertime Blues" seine Stimme zu leihen. Das kommt alles, auch wenn man diese Nummern gefühlt schon über-hört hat, sehr gut und stimmig. So richtig dreht Thompson dann allerdings bei den Manfred Mann-Klassikern "Davy’s On The Road Again", "Mighty Quinn" und "Blinded By The Light" auf, selbstverständlich auch bei seinem eigenen Stück "You’re The Voice", bei dem er immer bereut hat, es in den Achtzigern nicht selbst veröffentlicht, sondern an John Farnham abgegeben zu haben, der damit einen Riesen-Hit feierte. Bei den nächsten drei Tracks ist der Gitarrist Geoff Whitehorn mit auf der Bühne, der 1976 bei der Formation (Back Street) Crawler den verstorbenen Paul Kossoff ersetzte und anschließend für Roger Chapman tätigt war. Auch hier gibt es mit "Woodstock" sowie "Fire" zwei immer wieder gern gehörte Songs.

Irgendwann – bzw. eher früher als später – wird dem Hörer dann klar, dass Siggi Schwarz hier keine Übersicht über seinen eigenen Backkatalog geben, sondern vielmehr den Rock’n’Roll und seine Lieblings-Songs abfeiern möchte. Was auch gelingt, unter anderem mit Pete Haycock, mit dem (plus voller Band) er unter anderem den "Roadhouse Blues", "Messin' With The Kid", "Born Under A Bad Sign" oder "Rocky Mountain Way" in starken Versionen auf die Bretter legte. Ein Highlight für den Rezensenten sind dann die hier enthaltenen vier Tracks, für die einer seiner deutschen Lieblings-Gitarristen in Person von Frank Diez mit auf der Bühne war. Zum einen ist da das sehr gefühlvolle "Ain’t No Sunshine When She’s Gone", gefolgt von dem Slow Blues "How Many". Und weil’s so schön war, verweilt die Band mit Big Bill Broonzys "Just A Dream" noch weitere knapp fünf Minuten im gleichen Genre. Laut und schnell wird es dann aber nochmal mit der Version des Steamhammer-Stücks "Junior’s Wailing", das die zweite CD auf hohem Niveau beschließt.

Auf CD 3 wird der Tatort dann zunächst mal weg von der Bühne und hinein ins Studio verlegt. Fünf bisher unveröffentlichte Stücke von Schwarz zusammen mit Geoff Whitehorn, Chris Thompson sowie dem ehemaligen Spencer Davis Group-Drummer Pete York (auch Ex-Hardin & York) stehen auf dem Plan. Gutes Zeug! Es folgen ein paar weitere Stücke von früheren Schwarz-Alben mit den beteiligten Bobby Kimball, Steve Lukather, Laurie Wisefield, Neil Murray, Alex Conti sowie Chris Norman, bevor es abschließend nochmal zurück auf die Bühne geht. Und das mit keinem geringeren als Michael Schenker. Dabei handelt es sich um sechs im Jahr 2004 gezockte Stücke, die mit den Bad Company– bzw. Free-Songs "Can’t Get Enough" bzw. "Wishing Well" eingeleitet werden, bevor Schenker mit den UFO-Klassikern "Too Hot To Handle", "Only You Can Rock Me", "Doctor, Doctor" sowie "Rock Bottom" die Halle ganz zum Beben brachte. Und hier ist nochmal ein ganz anderes Feuer im Spiel, das einmal mehr die absolute Sonderstellung eines Michael Schenker zeigt, dessen gitarristische Klasse immer noch unter Wert gehandelt wird. Ein würdiger und sehr gelungener Abschluss dieser 3CD-Box.

Insgesamt gesehen also ein cooler knapp vierstündiger Streifzug durch so einige Jahrzehnte der Rock-Musik, gebracht von starken und erfahrenen Musikern. Die natürlich auch alle keine Zwanzig mehr sind, weshalb die eine oder andere Version dieser Klassiker mal etwas gediegen bzw. mit dem Adrenalin von etwas betagteren Musikern statt jungen Hitzköpfen wirkt. Was den einzelnen Tracks aber nichts von ihrer Klasse und sehr guten Umsetzung nimmt. Früher in diesem Jahr hat Siggi Schwarz übrigens auch sein autobiographisches Buch "Rock’n’Roll Road" herausgebracht, das ebenfalls für sehr interessanten Lese-Stoff sorgen sollte.

Line-up Siggi Schwarz:

Tracklist "50 Years Of …":

Spielzeit: 79:42 (CD 1), 76:49 (CD 2), 77:31 (CD 3), Erscheinungsjahr: 2023 (2003-2019)