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Silverfuchs / Teifl eini … – CD-Review

Silverfuchs / Teifl eini … - CD-Review

»Man mag hoffen, dass Sepp Tieber-Kessler mit seinen Mitstreitern den Silverfuchs gut füttert und uns bald ein komplettes Album präsentiert, Themen für Liedermacher gehen ja eigentlich nie aus« schrieb ich vor etwa einem Jahr am Ende des Reviews zum Debüt des steirischen Trios Silverfuchs.

Auf ihrer EP  Es muaß wos weidergehn, deren vier Tracks auch auf vorliegendem Longplayer vorhanden sind, haben sie eine Visitenkarte hinterlassen, die man nicht achtlos weglegte, sondern in die dafür vorgesehene Aufbewahrungsbox steckte, aus der man sie nun gerne wieder hervor holt.

Sepp Tieber-Kessler, Foto © Johannes Gellner

Sepp Tieber-Kessler, Foto © Johannes Gellner

Sepp Tieber-Kessler, der bei allen Stücken für Komposition und Texte zeichnet sowie seine kongenialen Partner Steve Muskatelz und Vlado Vesic haben sich erst einmal richtig entschieden, in ihrem Heimatdialekt zu singen, denn authentischer kann ein Musiker nicht zu Werke gehen, wenn er denn mit seinen Texten etwas aussagen will und das tun die Lyrics. Dann ist es auch eine hervorragend dienliche Sache mit einem Instrumentarium aus Resonator Gitarre, Stehbass und Klavier anzutreten, denn intimer und ehrlicher kann diese Art der Musik wohl kaum daherkommen in dieser ansonsten durchelektrifizierten Welt.

Das dritte Pfund, dass ich dem Trio gerne attestiere, ist die Spielart. Mag man der Texte als auch des Dialektes wegen erst einmal mit der nicht falschen Schublade Liedermacher liebäugeln, so setzen sich doch die Folk – und Blues(Rock)-Anleihen durch. Eigentlich auch kein Wunder, denn Bluesharp und die Blechgitarre sind bei Silverfuchs keine Exoten, sondern viel und gekonnt genutztes Arbeitsgerät.

Gleich der Opener "Gondelbahnwahnsinnsjodler" startet kurz in Wim Wenders-Manier, bis die Gitarre alpenländisch daher slidet und der Text den Ausverkauf der Alpen thematisiert. Überhaupt geht es in den Liedtexten um viele Probleme dieser Zeit. Sei es das Ausweichen von Mensch und Gesellschaft in immer mehr soziale Medien und somit das Verlassen echter sozialer Kontakte oder die scheinbaren Forderungen nach immer Mehr, immer Besser, immer Höher … .

Aber auch zwischenmenschliche Themen werden angegangen, wie z. B. "Bitte gib mir a Wossa", eine Bluesharp-Orgie in flottem Tempo oder das geniale "Das letzte Hemd", in dem es um die Weisheit geht, dass irgendwann ein jeder Mal ins Gras beißt. Getragen wird das Stück von einem Klavierspiel, das einen in längst vergangene Zeiten trägt und durch den fast morbiden Charme der Anschläge das Thema ganz nahe an einen heranbringt.

Eine andere Übernummer (unter vielen) ist "Tiefgefrorener Schrei", bei dem es textlich um die dunkelste Vergangenheit unseres Landes geht. Dieses Stück wurde als erste Singleauskopplung samt Video vor ein paar Tagen bei uns vorgestellt und ist ein perfektes Beispiel, die Schlagkraft der Band aufzuzeigen.

Vlado Vesic, Foto © Johannes Gellner

Vlado Vesic, Foto © Johannes Gellner

"Blaue Marmelad" ist ein schöner Blues im Stil der Fünfziger. Klavier und Bassgeige spielen faszinierend und sorgen für eine traumhafte Atmosphäre. Wenn Vlado mit dem Besen das Fell streichelt und das Klavier hämmert, kommt gar eine leichte Jazz-Note mit ins Spiel.  Überhaupt haben die Musiker genau das richtige Händchen, immer passend zum Thema ihre Instrumente einzusetzen. So in etwa das Slidespiel in "Frischer Wind" oder das in Liedermachermanier daher schleichende "Da Kuckuck" mit dem warmen Gitarrenspiel.

Der "Südsteirischer Hügellandblues" ist quasi die steirische Hillbilly-Nummer. Flott und forsch geht es die Steige hoch und die Musik purzelt trotzdem übermütig aus den Lautsprechern. Ganz anders präsentiert sich "Daham", die wohl persönlichste Nummer auf dem Album, denn Sepp reflektiert da auf seine Fußwanderung von Graz nach Dublin, auf welcher er dieses Stück schrieb. Man kann seine Worte nachfühlen, denn ein jeder kennt das Gefühl, sich, wie schön eine Reise auch ist, nach dem Daheim zu sehnen. Dieses Sehnen wird besonders durch die Resonator-Gitarre sowie das  verloren wirkende Klavierspiel vermittelt. Es ist einfach toll anzuhören, wie sehr die Musiker in der Lage sind, ihrem jeweiligen Spiel nicht nur Töne, sondern auch Tiefgang mitzugeben.

Steve Muskatelz, Foto © Johannes Gellne

Steve Muskatelz, Foto © Johannes Gellne

Es fällt mir äußerst schwer, ein Lieblingsstück auszumachen, denn im jeweilig textlichen Kontext sind das allesamt Perlen. Würde man mich zwingen, dann empfehle ich "Blaue Marmelad", "Tiefgefrorener Schrei" und "Das letzte Hemd".

"Teifl eini …" ist eines dieser Alben, das die üblichen Präferenzen des Hörers in die zweite Reihe stellt. Mag man zum Beispiel keine Musik mit Text in der Muttersprache, weil man dann jeden Mist versteht, so ist das hier geradezu von Vorteil. Noch dazu, wenn es ein Dialekt ist, der fast als eigenes Instrument durchgeht. Ob man nun im normalen Leben eher Rock, Metal, Jazz, oder was weiß ich hört, Silverfuchs legen sich da einfach drüber und überzeugen. "Teifl eini …" ist ein ganz tolles Stück Musik mit Tiefgang und hoher Musikalität.

Nicht verschweigen möchte ich auch die Arbeit des Labels NRT Records. Das schriftliche Beiwerk ist Promotion, wie es professioneller nicht geht. Und als ob das nicht genug wäre, lag dem Rezensionsexemplar auch ein Datenträger bei, dessen Inhalt keine Wünsche offenlässt. Labelchef Philipp Gottfried darauf angesprochen, hat wie folgt geantwortet: »Für uns ist dies aber stets so angedacht, auch mit dem Datenträger, wenn ihr euch schon die Mühe macht, dann möchten wir auch, dass ihr alles beisammen habt und auch Grafiken direkt dabei habt, ohne sie im Netz zusammensuchen zu müssen».

Und wenn sich das Label schon so eine Mühe macht und uns die Genehmigung auch des Fotografen bestätigt, möchte ich die Band auch gerne mit Bild im Review vorstellen.

Silverfuchs, Foto © Johannes Gellner

Silverfuchs, Foto © Johannes Gellner


Line-up Silverfuchs:

Sepp Tieber-Kessler (Blechgitarre, Bluesharp, Gesang)
Steve Muskatelz (Bassgeige, Klavier, Gesang)
Vlado Vesic (Schlagzeug)

Gäste:
Alexander Seidler (Gesang – #6)
Chor: Alexander Seidler, Andrea Janisch, Christian Jungwirth, Florian Kaineder (-#9)

Tracklist "Teifl eini …:"

  1. Gondelbahnwahnsinnsjodler (2:12)
  2. Teifl eini [Album Version] (3:34)
  3. Bitte gib mir a Wossa (3:29)
  4. Frischer Wind (4:55)
  5. Blaue Marmelad (4:55)
  6. Tiefgefrorener Schrei (4:51)
  7. Da Kuckuck (4:41)
  8. Südsteirischer Hügellandblues (3:03)
  9. Daham (5:04)
  10. Red do eini [Album Version] (4:36)
  11. Es muaß wos weidergehn [Album Version] (3:49)
  12. Das letzte Hemd (4:17)

Gesamtspielzeit: 49:26, Erscheinungsjahr: 2021

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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Mail: ulli(at)rocktimes.de

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