Wer bisher glaubte, nur Schiffe können verschollen gehen, der hat die Rechnung ohne den schwedischen Musiker Skold gemacht. Tim Skold, gebürtig Thim Sköld, wurde sein zweites Soloalbum schlichtweg gestohlen. Die Titel der geplanten EP gelangten vor Veröffentlichung über das Internet in die Öffentlichkeit. Damit wurden sie geleakt, wie es deutsch heißt. So ist es zumindest bis heute überliefert. Es hat dazu geführt, dass Skold, wie der Multiinstrumentalist mit Künstlernamen heißt, seine damals geplante EP 20 Jahre später auf ein Album mit insgesamt zehn Tracks erweitert und veröffentlicht hat. "Dead God" ist der Name dieser Produktion, die im Kern lupenreinen Industrial bietet, aber auch harten Alternative-Metal aufweist.
Als Erscheinungsjahr der einzelnen Titel könnte man theoretisch 2002 und 2022 angeben. Allerdings haben alle Lieder 2022 ihren Feinschliff erhalten, während die meisten Kompositionen ebenfalls aus diesem Jahr stammen. Also ist die Richtung klar. Von einem ewigen Talent kann man im Fall Skold wahrhaftig nicht mehr sprechen. Er hat mindestens die Hochschulreife erreicht, um diesen Vergleich zu bemühen. Danach sah es zu Beginn seiner Karriere ab 1996 nicht aus. Mit mäßigem Erfolg biss er sich die Zähne bei mehreren Metalbands aus. Allerdings war da bereits zu erkennen, dass der Skandinavier frühzeitig ins Studio wollte, um selbst Stücke aufzunehmen. Bis heute ist er als Produzent, Gitarrist und Songwriter gleichzeitig tätig. Er singt, spielt Bass und Keyboards.
Im bewussten Jahr 2002 verpflichtete ihn der US-amerikanische Musiker Marilyn Manson in dessen Band. Manson, bürgerlich Brian Hugh Warner, mag man lieber als Kunstgestalt bezeichnen. Ein Künstler allerdings, der nichts dem Zufall überlässt. Bassist Twiggy Ramirez hatte damals die Band Mansons verlassen. Skolds Engagement endete erst 2008, als Ramirez zurück in die Band kam. Der Schwede setzte seine Solo-Laufbahn mit weiteren Soloalben fort. Die große Karriere blieb dem heute 55-Jährigen allerdings versagt. Im Gegenteil: Immer wieder ist vom Comeback des Musikers zu unterschiedlichen Zeiten zu lesen. Die nunmehr aktuelle Platte "Dead God" glänzt jedoch fast schon als Lehrstück im Genre Industrial.
"Don’t Pray For Me" ist dafür ein würdiger Opener. Das folgende "The Point" ist rhythmisch sehr anspruchsvoll. Beide Titel sind vier beziehungsweise fünf Minuten lang. Das entspricht der durchschnittlichen Länge aller Werke. Hammerhart der Titeltrack "Dead God". Das ist druckvoller Alternative Metal, der gut ins Ohr geht. Mit "If" folgt nochmals Alternative Rock, der durchaus an Marilyn Manson erinnert. Die schleppenden, dunklen Anfangstakte klingen wiederum stark nach Black Sabbath.
Bei "Burn" zündet Skold den Turbo. Hier geht die Post richtig ab. Bei allen Einflüssen wahrt Skold, der äußerlich sehr seinem ehemaligen Brötchengeber gleicht, auf dem kompletten Album seine Eigenständigkeit. Neben Eigenständigkeit steht "Dead God" für musikalische Vielfalt. So gibt es mit "Too Weird" einen melodiösen Ausklang, ruhig und mit ein paar elektronischen Klängen. Erst im letzten Drittel blitzen noch einmal krachende Gitarren auf.
Skold ist eine in jeder Hinsicht interessante Erfahrung für Freunde des Industrial und des Alternative Metal. Der schwedische Multiinstrumentalist ist gesanglich ebenso versiert. Es lohnt sich, genauer rein zu hören. Als Anspieltipp bieten sich der Opener "Don’t Pray For Me" und der Titelsong "Dead God" an.
Line-up Skold:
Skold (vocals, guitars, bass)
Track List "Dead God":
- Don’t Pray For Me (4:02)
- The Point (5:05)
- Dead God (3:44)
- If (5:54)
- Believe (3:31)
- Burn (4:55)
- I Hate (3:32)
- Consequence (5:56)
- Don’t Ask Me (4:28)
- Too Weird (3:42)
Gesamtspielzeit:41:49, Erscheinungsjahr: 2022
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