Nicht wirklich viel hat man bislang von SL Theory gehört, jenen Griechen, die sich – ursprünglich in 2009 mal als Ein-Mann-Band gestartet – als Sextett dem Melodic Rock mit Prog-Einflüssen verschrieben haben. Bevor sie zu voller Mannzahl aufstiegen, hatte der Gründer und Mastermind, Sotiris Lagonikas, bereits drei Longplayer in Eigenregie veröffentlich. Als Band brachte man dann in 2017 einen Live-Mitschnitt auf CD und DVD heraus, dessen Streuung sich aber irgendwie eher in überschaubaren Kreisen gehalten hat.
Mit "Cipher" kam nun Ende des letzten Jahres, wenn ich richtig gezählt habe, das erste ordentliche Studiowerk der kompletten Band an den Start. SL Theory hauen dem geneigten Hörer dabei auf einer guten Stunde Spielzeit eine Mixtur diversester Einflüsse um die Ohren, die subjektiv empfunden ein wenig den zumindest musikalischen roten Faden vermissen lässt. Ist der fast 14-minütige Opener, das zehngeteilte "The Life & Death Of Mr. Ess", durchaus noch dem Prog Rock zuzuordnen – Rhythmus- und Tempiwechsel sind da selbstverständlich genauso zu finden wie feine Gitarren- oder Keyboard-Arbeit – so wandern wir bei den nächsten Tracks in die unterschiedlichsten Richtungen.
"You Never Happened" orientiert sich an großen Namen des US-amerikanischen Arena Rocks, Styx, ELO, Kansas und diverse andere springen einem mitten ins Gesicht, kann sich aber nur im Ansatz mit deren Niveau messen. Das folgende "Devil’s Suites" folgt diesem Muster, hat ein paar schöne Tasten-Einsprengsel sowie Gitarrenparts und wartet mit einem durchaus eingängigen Refrain auf. Wer auf Retro steht, dem bietet dieser Track genug Freude.
"Table’s Turned" wendet sich wieder mehr der Prog-Schiene zu und kann mit lockeren hellen Keyboard-Sounds aufwarten, während "Grave Danger" im ersten Moment an die alten Saga erinnert, da kommen so einige Melodien bekannt vor. Auch hier fällt erneut ein gut durchdachtes Wechselspiel zwischen den Gitarren und den Keys auf, das zu genauem Hinhören veranlasst. Ebenso hinhören sollte man unbedingt auch auf die teils brillanten Vocals, speziell, wenn sie mit den vielschichtigen Backings gepaart werden.
"If It Wasn’t For You" verschwindet mit seinem sehr reduzierten Arrangement irgendwie im Nebulösen und auch das unmittelbar folgende "Anyone, Anymore" tut dem gleich, hat allerdings durch das Verwenden einiger düster-dramatischer Elemente im Wechselspiel mit den Vocals ein paar Pluspunkte mehr.
"If You Saw Me Dead" beginnt fast so, als müsste man ganz schnell auf 'Skip' drücken, langsam, fast zäh, und ohne richtig packende Elemente. Übersteht man aber die erste halbe Minute, so wird man dann doch mit ein wenig Drama belohnt, wenngleich die verwendeten Stilmittel in Teilen zu viel des Guten sind. Da schießen Synthesizer-Sounds durch das Arrangement, die zumindest mal eine subjektiv empfundene Überfrachtung verursachen.
Leider dominiert der etwas 'reduzierte' Rahmen in der zweiten Hälfte der Scheibe über mehrere Tracks hinweg und kommt erst bei "A Song About Nothing" wieder zum Erliegen. Hier finden wir erneut Elemente, die an oben erwähnte Vorbilder erinnern lassen. Die Gesangs-Passagen um die Refrain-Abschnitte herum vermögen besonders zu gefallen. Allerdings gehen an anderen Stellen mal wieder die Gäule beim Arrangement durch und es kommt zu leichter Verwirrtheit beim Hörer.
Mit dem funkigen "Happy" beschreitet die Band dann irgendwie komplett andere Pfade, wird ab und an etwas jazzig, verfällt in klassischen Prog-Modus, kommt mit Bläser-Sätzen um die Ecke und unterstreicht die eingangs aufgestellte Behauptung bezüglich des musikalischen 'roten Fadens'.
Die abschließend zur Wahl gestellte alternative Version von "If You Saw Me Dead" hätte anstelle der regulären Fassung eigentlich genügt, da sie mit einer gewissen Portion mehr Eindringlichkeit aufzuwarten vermag, ohne die angesprochene Überfrachtung zu haben.
"Cipher" lässt mich ein wenig fragend zurück, denn wir haben einerseits den durchweg gelungenen Einstieg in die Scheibe, betrachtet man die einzelnen Tracks mal nur jeweils für sich, mit super Instrumentierung und tollen Gesangslinien. Dann schießen sich die Jungs mit einer Reihe von vier oder fünf Songs vorübergehend selbst aus dem Rennen und verlassen die temporeichere Ebene. Erst gegen Ende nimmt die Fahrt wieder auf und entlohnt für die 'Durststrecke'. Am meisten stört mich, dass wir es mit diesem Wechsel von gut arrangierten Songs mit eingängigen Melodien und toller Handwerkskunst in spielerischer und gesanglicher Hinsicht und den eher schleppenden und in Teilen anstrengenden Tracks haben. Aber, hört es Euch selbst an, denn musikalisch haben die schon was drauf.
Line-up SL Theory:
Mike Karasoulis (vocals)
Alex Flouros (guitars)
Yiannis Nigdelis (guitars, backings)
Chris Kollias (bass)
Manos Gavalas (keys, backings)
Sotiris Lagonikas (drums, backings, vocals)
Tracklist "Cipher":
- The Life & Death Of Mr. Ess
- You Never Happened
- Devil’s Suites
- Table’s Turned
- Grave Danger
- If It Wasn’t For You
- Anyone, Anymore
- If You Saw Me Dead
- Silence And Loneliness
- A Song About Nothing
- Happy
- If You Saw Me Dead (alternative version)
Gesamtspielzeit: 58:42, Erscheinungsjahr: 2019
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