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Slaughter And The Dogs / Tokyo Dogs – CD-Review

Slaughter And The Dogs - Tokyo Dogs - CD-Review

Die aus dem englischen Manchester stammende Combo Slaughter And The Dogs war tatsächlich eine der ersten Punk Rock-Bands im Vereinigten Königreich. Bereits im Jahr 1975 kamen der Sänger Wayne Barrett und der Gitarrist Mick Rossi plus zwei weitere Musiker zusammen, um ihrem Unmut hinsichtlich der gesellschaftlichen sowie politischen Gegebenheiten in ihrem Heimatland Luft zu machen. Den Bandnamen bastelten sie sich aus zwei ihrer damaligen Lieblingsalben ("Diamond Dogs" von David Bowie sowie "Slaughter On 10th Avenue" von dessen ehemaligem Gitarristen Mick Ronson) zusammen und in den ersten Jahren standen vor allem Konzerte auf der Agenda – 1976 unter anderem auch als Support für die Sex Pistols in Manchester. Ab 1977 wurden dann fleißig Singles veröffentlicht und ein Jahr darauf kam es zu der Debüt-Scheibe "Do It Dogstyle". Sehr bald danach (nämlich 1979) war nach Barretts Ausstieg, seiner Rückkehr und erneutem Ausstieg allerdings erstmal Feierabend (obwohl einige Mitglieder der Band noch eine Zeitlang als Slaughter weitermachten).

1996 wurde die Band von Barrett und Rossi wieder auf die Beine gebracht, die seither offiziell zusammengeblieben ist und – neben den beiden Bandgründern – mit wechselnden Begleitmusikern mehr oder weniger sporadisch Gigs spielt. 2016 erschien ein neues Studioalbum namens "Vicious", das sehr gute Kritiken einfahren konnte. Davon angetrieben ging es unter anderem auch auf eine Japan-Tour, die nicht nur mitgeschnitten wurde, sondern nun in Form von "Tokyo Dogs" auch als offizieller Output unter die Leute gebracht werden soll. In einer knappen Stunde Spielzeit bringt die Band hier 16 pralle Punk Rock-Tracks der alten Schule auf die Bretter. Will heißen, es kracht und rumpelt ganz kräftig, die Rhythmus-Gitarre ist das dominierende Instrument und alle vier Musiker machen hier mächtig Alarm. Barretts Stimme hört sich dabei erstaunlich ’normal' an, klingt weder rau oder versoffen, noch allzu aggressiv oder die Töne verfehlend. Wobei das ja immer schon ein Merkmal der Punks der ersten Stunde war: Neben viel Aggressivität war immer schon auch sehr viel (wenn auch manchmal versteckte) Melodie mit im Spiel.

Lediglich vier Coversongs sind zu finden, der komplette Rest stammt aus der Feder der Band-Chefs Barrett/Rossi. Bei den Covers stellt sich heraus, dass die alten Recken wohl auch größere Lou Reed-Fans sind, da sich gleich zwei von dem Amerikaner komponierte Velvet Underground-Kultsongs (I’m Waiting For My Man sowie White Light/White Heat) im Programm befanden. Slaughter And The Dogs können diesen beiden Nummern zwar keine neuen Aspekte abgewinnen, bringen sie aber dennoch ansprechend genug, dass man sie gerne anhört und sie darüber hinaus auch noch sehr gut ins restliche Programm passen. Ebenfalls vertreten ist eine coole Version des New York Dolls-Titels "Who Are The Mystery Girls" von deren zweitem Album "Too Much Too Soon". Aber auch die eigenen Songs (beispielsweise "Cranked Up Really High", "You’re A Bore" oder "Where Have All The Boot Boys Gone?") gehen spätestens nach dem zweiten oder dritten Durchlauf ganz hervorragend ins Ohr (selbst wenn die Strophen von "Hell In New York" doch sehr stark nach dem Stooges-Track "I Wanna Be Your Dog" klingen).

Das Gaspedal wurde während des gesamten Konzerts bis zum Anschlag durchgetreten, was aber nicht bedeutet, dass diese Stücke hyperschnell sind. Vielmehr spielt sich alles im gesteigerten Midtempo ab, so wie es in der zweiten Hälfte der Siebziger von den meisten Punk-Rockern wie den Sex Pistols, Johnny Moped, The Damned, Johnny Thunders' Heartbreakers oder auch The Ramones praktiziert wurde. Und nicht zu vergessen: ein gehöriger Anteil Rock’n’Roll sowie Melodie steckt hier auch drin. Alleine deshalb schon ist "Tokyo Dogs" eine sehr coole Platte, die allen, die den Punk Rock der Mitt- bis Spätsiebziger immer noch lieben oder (zumindest) mögen, jede Menge Spaß bereiten sollte.

In dieser guten Form kann man sich eigentlich nur wünschen, dass "Tokyo Dogs" noch lange nicht das letzte Wort dieser Band war. Ach ja, einen kleinen bitteren Nachgeschmack gibt es doch noch, da der auf diesem Album zu hörende Schlagzeuger Noel Kay mittlerweile verstorben ist. Zumindest kann man die Widmung auf CD-Inlay eigentlich gar nicht anders deuten. Rest in peace, Noel.


Line-up Slaughter And The Dogs:

Wayne Barrett (vocals)
Mick Rossi (guitars)
JP Thollet (bass)
Noel Kay (drums)

Tracklist "Tokyo Dogs":

  1. I Got Your Number
  2. Who Are The Mystery Girls
  3. The Bitch
  4. You’re A Bore
  5. Hell In New York
  6. Message From A Ghost
  7. We Don’t Care
  8. Boston Babies
  9. Dame To Blame
  10. I’m Waiting For My Man
  11. I’m Mad
  12. Situations
  13. Quick Joey Small
  14. Where Have All The Boot Boys Gone?
  15. White Light/White Heat
  16. Cranked Up Really High

Gesamtspielzeit: 56:36, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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