Seit dem Jahr 1994 hatten der Organist/Keyboarder Tom Kunkel, der Schlagzeuger Christian Jäger sowie der ein paar Jahre später dazugestoßene Gitarrist Tommy Gorny das Projet Space Debris am Start. 2002 wurde dann das erste Album Krautrock Sessions 1994 – 2001 veröffentlicht, dessen Tracks – wenn man den Zeitraum der Aufnahmen betrachtet – nachvollziehbarer Weise von mehreren unterschiedlichen Besetzungen eingespielt wurden. Zu Anfang des neuen Jahrtausends hatte sich jedoch mit den drei oben genannten Musikern eine feste Besetzung heraus kristallisiert, die noch einige weitere Jahre und Alben halten sollte. So gingen die drei oben genannten Musiker dann auch die Einspielung des zweiten, mir nun in der 2017er Neuauflage vorliegenden, Albums "Kraut Lok" an. Und diese Neuauflage – soviel darf ich bereits verraten – enhält nun auch die ungekürzten Versionen der beiden Songs "Second Sight" sowie "Awakening".
Spacig und supermelodiös startet "Bolivia", das zweite Unterfangen des Trios, mit einem grundsoliden Schlagzeug-Groove, der Hammond als warmem 'Teppich' sowie Tommy Gornys solierender Gitarre obendrauf. Im schönen Wechselspiel tauschen sich die Tasten und Saiten solierend aus und hinterlassen auf knapp acht Minuten somit bereits einen sehr guten Eindruck. Auf dem knapp 21-minütigen Titelsong ist mit D. Sich der erste Gast an der Gitarre vertreten, während Tommy Gorny hier den Bass übernahm. Alleine die Laufzeit des Stücks spricht hier bereits Bände über den ausgiebigen Trip mit vielen Variationen, Parts und Improvisationen. "Capitalist Nightmare" ist eines der ganz wenigen Stücke in der Band-Geschichte, die über Gesang (hier übernommen von Gorny) verfügen. Passt, wackelt und hat Luft. Christian Jäger ist schließlich der Mann, der diese ganzen Stücke zusammenhält, man hat fast das Gefühl, dass er sie führt bzw. durch den Schlagzeug-Groove die Zeichen setzt, in welche Richtung es geht.
Geradezu furios beginnt dann "Trans Odenwald" der dritte Akt dieses Albums in vier Teilen (und entwickelt sich gegen Ende sogar in einen waschechten Rock’n’Roll-Song), selbst wenn "Kraut Lok" durchgängig wie eine einzige Einheit wirkt. Sehr stark kommt auch "Awakening", das einmal mehr mit tollen Melodien und Ideen sowie Vogelgezwitscher aufwarten kann. Musik, wie aus einem Traum. "Purple Dream" ist speziell wegen der durchweg schnell gespielten Einzelschläge auf die Drums eine sehr interessante Nummer, die dem Album nochmal eine zusätzliche Klangfarbe verleiht und schließlich sogar in ein Drumsolo mündet, bevor die komplette Band explodiert. Klasse!
Immer noch nicht genug? Gut, denn auf Seite 4 geht es mit dem für Band-Verhältnisse ziemlich kurzen "Magic Paisleys" und der Gastsängerin Magic P. Klamert sowie dem letzten Long Track "Second Sight" in die letzte Runde. Auch hier gilt wieder: Augen schließen und sich mit auf die Reise nehmen lassen, abheben und sich am Ende ganz behutsam wieder auf festem Boden absetzen lassen. Super!
Wenn das Vorgängeralbum auch alles andere als von schlechten Eltern war, so hat "Kraut Lok" dennoch den riesengroßen Vorteil, dass es in sich geschlossener und wie ein großes Ganzes wirkt. Was natürlich unter anderem der seit diesem Album festen Besetzung geschuldet ist, selbst wenn auch hier wieder eine Handvoll an Gastmusikern beteiligt war. Mit "Kraut Lok" setzte Space Debris zum ersten absoluten Höhenflug an, der danach von dem ebenfalls großartigen Three weitergeführt werden sollte. Wie sein Vorgänger kommt auch dieses Doppelalbum auf prächtig klingendem 140g-Vinyl daher. Die Gestaltung der Innencover besteht aus Fotos, damaligen Reviews zur Scheibe aus Deutschland und den USA (!), zweimal Liner Notes von Christian Jäger (aus den Jahren 2005 und 2017) sowie einer Discografie plus Auflistung aller bisher gespielten Gigs der Band. Bei der Originalausgabe der Doppel-LP gab es damals einen farblichen Druckfehler, der nun mit der 2017er-Auflage bereinigt werden konnte. Dazu sind auf dieser erweiterten Deluxe-Fassung als Bonus Tracks sowohl "Second Sight" (erstmals in einer sechs Minuten längeren Version) sowie "Awakening" (als Longversion erstmals auf Vinyl erhältlich) vertreten. Super gelungene neue Aufbereitung für ein Album, das in den letzten acht Jahren (da zuvor ausverkauft) nicht mehr erhältlich war.
Wieder einmal bärenstarke Arbeit also, was sowohl die Musik als auch das Artwork und die Gestaltung betrifft.
Line-up Space Debris:
Tom Kunkel (Hammond organ, synthesizer)
Christian Jäger (Ludwig drums)
Tommy Gorny (guitars, bass – #B-2, vocals – #A-2)
With:
D Sich (guitar – #B-2)
Eric Bläss (guitars – #C-1,C-3)
Thomas Schütz (bass – #D-1)
Jochen Meister (guitar – #D-1)
Magic P. Klamert (psychedelic vocals – #D-1)
Tracklist "Kraut Lok":
- Bolivia (7:42)
- Capitalist Nightmare (11:58)
- Electric Friends (4:57)
Side 2:
- Xenufo (3:44)
- Kraut Lok (20:52)
- Trans Odenwald (5:55)
- Awakening [complete bird version] (10:24)
- Purple Dream (6:09)
Side 4:
- Magic Paisleys (1:55)
- Second Sight [long version] (21:17)
Gesamtspielzeit: 24:37 (Side 1), 24:36 (Side 2), 22:32 (Side 3), 23:14 (Side 4), Erscheinugsjahr: 2017 (2005)
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