Eines muss man dieser Band lassen, Space Debris sind immer wieder für eine Überraschung gut! Dass die Musiker um den Schlagzeuger Christian Jäger Analog-Fans sind, zeigte sich alleine schon dadurch, dass meines Wissens nach bisher alle oder zumindest die meisten Veröffentlichungen auch auf Vinyl erschienen sind. Das neueste Werk legt da allerdings sogar noch einen drauf, denn neben "Mountain Ultimate" gibt es noch eine zweite Live-Aufnahme, die tatsächlich auf einer Musik-Kassette erscheint. Wer also der Meinung war, dass dieses Medium bereits seit Jahren der Vergangenheit angehört, der sollte vielleicht noch einmal umdenken. Der Space Debris-Fan bzw. der interessierte Käufer hat nun also die Qual der Wahl. Entweder kann er sich für die Musik-Kassette mit dem Auftritt vom 2. Februar 2016 im Jazzkeller Hofheim, das Doppel-Vinyl mit dem Gig auf dem World Music Festival in Loshausen aus dem Jahr 2017 oder aber die Doppel-CD, die auf zwei Silberlingen das komplette Material enthält, entscheiden. Mein Tipp: Am besten alle drei Formate besorgen!
Bei dem Konzert in Loshausen ist bereits Vroni Frisch (die den ausgestiegenen Janni Schmidt ersetzt hat) am Bass zu hören. Und bei dieser erneut superstarken Performance führt sich die Lady ganz hervorragend ein, spielt pulsierend, manchmal rockend und immer voll auf der Höhe des jeweiligen Songs, während sie auch die einfühlsameren Parts der gespielten Nummern perfekt beherrscht. Ganz sicher ein Gewinn für die Band. Aber auch die anderen drei Bandmitglieder Tommy Gorny (Gitarre), Christian Jäger (Schlagzeug) sowie Winnie Rimbach-Sator (Keyboard) befinden sich spielerisch nach wie vor auf sehr hohem Niveau. An dieser Stelle mal ein Kompliment an den für den Mix verantwortlichen Wolle (Loshausen-Konzert) sowie Bandgründer Christian Jäger, der für das Mastering (Mix sowie Mastering bei der Bonus-CD) zuständig war und die diese Aufnahmen unglaublich lebendig, prickelnd und mitreißend auf die Tonträger übertragen konnten. Nicht, dass dies bei vorherigen Alben anders war, wahrscheinlich fällt es mir hier nur wieder neu auf. Aber es ist eh eine ganz große Stärke dieser Band, ihre Songs unglaublich frisch, vibrierend und vital zu präsentieren, was ganz sicher auch daran liegt, dass diese bis auf das Grundmotiv der "Mountain"-Variationen reine Improvisationen sind und immer in dem Moment entstehen, in dem sie gespielt werden.
Die Tracks an sich sind ebenso wieder mal umwerfend. Allen voran natürlich die enthaltene "Mountain…"-Version, die hier auf knapp zwanzig Minuten (die eine komplette Vinyl-Seite füllen) fast die heimischen Wände einstürzen lässt. Super! Aber auch die restlichen Songs sind durchgehend Gewinner. Seine Highlights darf sich jeder selbst heraussuchen, mir persönlich haben es neben dem bereits genannten Titeltsong vor allem "Happy Saucer", der zweite Longtrack "Interstellarus Rex" sowie "Transhuman" angetan. Aber diese sieben Nummern (plus der nicht auf der ersten CD enthaltene Vinyl-Bonustrack "Nodus") sind allesamt verdammt gut! Erneut also großartige Aufnahmen eines wahnsinnig intensiven Gigs, bei dem man das Gefühl hat, dass die Band alles raus haut was sie hat, um an ihr absolutes Limit zu gelangen. Alle Daumen nach oben!
Bei der Bonus-CD (deren Aufnahmen ja auch auf Musik-Kassette erhältlich sind) gehen wir zurück in den Februar 2016. Hier ist noch Janni Schmidt am Bass zu hören, der ja ebenfalls alles andere als ein schlechter Musiker ist. Und auch diese Aufnahmen sind bärenstark ausgefallen. Interessant ist, dass "Interstellarus Rex II" hier komplett anders und durch Soundeffekte wesentlich experimenteller klingt. Sämtliche sechs Tracks gingen bei diesem Auftritt in Überlänge, wobei "Dump Diver" mit 9:39 Minuten der kürzeste und "Spacedelic Odyssey" mit 17:16 Minuten der längste ist. Die pure Spielfreude, die Klasse der einzelnen Musiker sowie der Ideen- und Melodienreichtum lassen auch dieses Konzert als absoluten Gewinner durchs Ziel gehen. Der 2017er-Gig gefällt mir zwar im Moment – da rockiger – etwas besser als der experimentellere, etwas keyboardlastigere aus dem Jazzkeller Hofheim, aber das kann Morgen schon wieder ganz anders aussehen.
Sowohl das 140g-Doppel-Vinyl, die Doppel-CD als auch die (sehr schön gestaltete und auf 175 Exemplare limitierte) Musik-Kassette verfügen über einen spitzenmäßigen Sound, Songs im so ganz eigenen Space Debris-Kosmos sowie superstarke Performances der beteiligten Musiker. Die Aufmachung und Freude am Detail der jeweiligen Covers und Inner Sleeves rundet das Gesamtbild sehr geschmackvoll ab.
Wer auch nur ansatzweise etwas mit instrumentaler Krautrock-Musik inklusive vieler Improvisationen auf höchstem Niveau anfangen kann, der ist hier allerbestens aufgehoben. Aber auch jeder andere Interessierte, der sich mal daran versuchen möchte, wird voll auf seine Kosten kommen. Keine Ermüdungserscheinungen, Space Debris lebt, rockt, hat Luft und scheint vor allen Dingen immer besser zu werden!
Line-up Space Debris:
Christian Jäger (Ludwig drums)
Tommy Gorny (guitars)
Winnie Rimbach-Sator (keyboards)
Vroni Frisch (bass – CD 1, vinyl – #1-7)
Janni Schmidt (bass – CD 2, vinyl – #8 & tape)
Tracklist "Mountain Ultimate":
- Nightslider (5:02)
- Sublunar Overdrive (10:16)
- Happy Saucer (6:14)
- Mountain Ultimate (19:23)
- Interstellarus Rex (14:29)
- Transhuman (6:45)
- Into The Earth (7:57)
- Nodus (12:28) *[vinyl only]
- Nodus (12:28)
- Interstellarus Rex II (13:42)
- Ur (11:38)
- Dump Diver (9:39)
- Spacedelic Odyssey (17:16)
- Into The Wall (14:01)
Gesamtspielzeit: 70:03 (CD 1), 78:26 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2018 (2016, 2017)
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