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Speed Limit / The Broken Record – Digital-Review

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Wer bisher glaubte, nur Seefahrer auf hoher See oder Reisende können als verschollen gelten, der darf seinen Blick guten Gewissens erweitern. Denn auch ein (Musik-)Album kann dieses Schicksal teilen. Im Fall der Salzburger Heavy Metal- und Hard Rock-Urgesteine von Speed Limit trifft dies zu und so haben wir aktuell doppelten Grund zur Freude: Einerseits gibt es sie tatsächlich – die vor mehr als 30 Jahren verschollenen Aufnahmen, die im 40. Jahr der Bandgründung aufgetaucht sind. Das ist dem Zufall zu verdanken: Ein Wasserschaden im Gebäude mit dem früheren Studio brachten die Tapes aus dem Jahr 1990 ans Tageslicht.

Der zweite Grund zur Freude: Was wir zu hören bekommen, ist eine Hommage an die pulsierende Zeit der 1990er Ära, die alles bietet, was rund um Hard Rock und Heavy Metal an diese Zeit erinnert. Gerade 1990 war ein Jahr vieler Umbrüche in diesem Bereich. Speed Limit musizieren hier munter drauf los. Auf "The Broken Record" gibt es zwei Gitarren, einen satten Bass, ein Schlagzeug und großartigen Gesang. Zum Zeitpunkt der Aufnahmen agierte die Band als Quintett. Bester Sound im klassischen Stile der New Wave Of British Heavy Metal, der rund zehn Jahre nach der Blütezeit der gleichnamigen musikalischen Sparte aufgenommen worden ist und seitdem auf eine Veröffentlichung wartete. Ein bunter Stilmix, zeitgemäß und zeitlos zugleich.

Auf Nachfrage von RockTimes erläutert uns die Band um Promoter Philipp Gottfried (NRT-Records), wie der Begriff 'verschollen' einzuordnen ist. »Mit 'Lady' gelang Speed Limit ein internationaler Hit und eigentlich sah die Zukunft rosig für sie aus. Aus irgendeinem Grund jedoch hielt die damalige Plattenfirma, die dieses Album sogar forderte, die Tapes zurück und legte es dann aufs Eis. Speed Limit, die seit 2022 bei mir zuhause sind und von Pure Rock zu NRT-Records gewechselt sind, hatten 1990 eigentlich einen blühenden Frühling, doch durch die Situation mit 'The Broken Record' brach die Band auseinander. Wie ist es nun zum Release gekommen? Der damalige Schlagzeuger Andreas Rethmeier hat sich mit mir angefreundet und mir irgendwann eine Kopie des Albums geschickt. Jedenfalls war ich sofort verliebt in das Album und habe den Gitarristen Joe Eder angerufen.«

In die Freude mischt sich natürlich der Gedanke, dass das Album schon viel früher hätte veröffentlicht werden können, ja normalerweise müssen. »Leider war ich damals noch zu klein und ich bedauere, dass ich keine Zeitmaschine habe, jedenfalls hat Joe den damaligen Produzenten kontaktiert. Dem Masterband ist trotz eines Wasserschadens Gott sei Dank nichts passiert. Er hat es dann digitalisiert und an uns geschickt. Das Artwork ist somit genau richtig.«

Wir haben es hier folgerichtig mit einer einzigartigen Entstehungsgeschichte rund um ein Album und einem versöhnlichen Happy End zu tun. Das erwähnte "Lady" befand sich auf der 1988 veröffentlichten EP "Prophecy". Das Lied schafft es in einigen europäischen Ländern in die Charts. Damit ist "Prophecy" gleichzusetzen mit dem internationalen Durchbruch der Österreicher. Speed Limit, die sich in der Folge der fehlgeschlagenen Produktion von "The Broken Record" 1994 aufgelöst hatten, kamen 2008 neu formiert zusammen und sind seitdem aktiv. Das aktuelle reguläre Album ist Cut A Long Story Short aus dem Jahr 2023.

Auf "The Broken Record", das mit dem damaligen Sänger Steven Hogger eingespielt wurde, hören wir vielfältige Einflüsse. Diese reichen nach Bandangaben von AC/DC über Iron Maiden, Saxon, Whitesnake und Mötley Crüe bis hin zu Twisted Sister. Das Lied "Black Dessous" erinnert im besten Sinne an die guten Zeiten der Scorpions. Anspieltipps sind "Telling A Tale" und "Fly With The Eagle". Die zwölf Kompositionen enthalten zwei Coverversionen: "Don’t Ha Ha" von Casey Jones & The Govenors sowie "Beat It" von Michael Jackson. Beide Stücke unterscheiden sich zwar im Charakter, wissen aber jeweils zu überzeugen. "Don’t Ha Ha" ist feiner Rock’n’Roll im Hard Rock-Gewand, während die Punktlandung "Beat It" im Stil von Mötley Crüe und Twisted Sister dem Original recht nahe kommt.

Unterm Strich bedeutet das vorliegende Release, das es zunächst nur als digitales Album gibt, eine konsequente Fortsetzung der Bandgeschichte mit neuen Veröffentlichungen. Das schließt "Cut A Long Story Short" (2023), das bisher unveröffentlichte "The Broken Record" (1990) und die EP New Horizon, die aus dem aktuellen Album "Cut A Long Story Short" ausgekoppelt wurde, ein. Mit "The Broken Record" holen die Salzburger den Zeitgeist der frühen 1990er Jahre in die Gegenwart und dürften ihren Fans eine große Freude bereiten, Überraschungseffekt inklusive.


Line-up Speed Limit:

Steven Hogger (vocals)
Joe Eder (guitars)
Chris Angerer (guitars)
Chris Pawlak (bass)
Andy Rethmeier (drums)

Tracklist "The Broken Record":

  1. Back In Black
  2. Rock 'N' Roll Insanity
  3. Telling A Tale
  4. Black Dessous
  5. After Midnight
  6. Fly With The Eagle
  7. Higher & Higher
  8. It Ain’t Easy
  9. Nights Alone
  10. Head Over Heels
  11. Don’t Haha (Cover Casey Jones & The Govenors)
  12. Beat It (Cover Michael Jackson)

Gesamtspielzeit: 50:32, Erscheinungsjahr: 2024 (1990)

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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