Mit dem Kopf durch die Wand!!! (»It’s my way or the highway!«) war zumindest sehr lange Jahre und vielleicht auch immer noch der Weg des Steve Earle. Im zarten Teenager-Alter mit einer Akustik-Gitarre, 37 Dollar in der Tasche und vielen gut gemeinten (aber ignorierten) Ratschlägen im Gepäck, machte sich der Amerikaner zu Anfang der siebziger Jahre nach Nashville auf, um den Weg einer ungewissen Musiker-Karriere anzugehen. Glücklicherweise übernahm sehr früh die damals in der Szene bereits anerkannte Größe Guy Clarke die Rolle eines väterlichen Freundes wie auch Mentors und organisierte ein paar Einstiege in die Welt, die zu den Sternen zu führen schien.
Unter anderem konnte der immer noch sehr junge Steve einen Job als Songwriter bei einem Label landen, was unter anderem dazu führte, dass sogar Elvis Presley eine Nummer von ihm aufnehmen wollte. Oh yeah, die große Kohle und ein finanziell relativ unbesorgtes Leben. Aber wie es im Leben so spielt, fühlte sich der King of Rock’n’Roll am geplanten Tag der Aufnahme »nicht gut«, reiste wieder ab und das war das Ende der Geschichte. Aber wie dem auch sei, Steve Earle war mittendrin zu diesem Zeitpunkt bereits mitten drin in der sehr produktiven wie auch spannenden Alternative Country-Szene und sämtliche Haupt-Protagonisten wie der bereits erwähnte Clark, Townes Van Zandt sowie die meisten anderen schworen Hand auf Fuß, dass Earle sein erstes Album noch vor seinem zwanzigsten Geburtstag machen würde.
Fehlanzeige, denn zum Einen kamen dem in Texas aufgewachsenen Musiker Business-Bullshit, zum Anderen seine eigenen Schwächen für Drogen und (»…von 1977 bis 1979 lebte ich in Mexiko, wo es sehr guten und dazu günstigen Tequila gab. Aus diesen Jahren kann ich mich tatsächlich an nichts mehr erinnern, was Abends nach 21:00 Uhr passiert ist…«) Alkohol. Um es kurz zu machen, ergab sich nach ein paar halbherzigen Versuchen im Rockabilly-Sektor aber die erste echte Chance auf ein eigenes Album.
Guitar Town wurde 1986 veröffentlicht und schlug ein wie ein Blitz. Aufgrund dessen Qualität auch vollkommen zurecht, denn Earle verstand es darauf, die Country-Musik so genial mit Rock zu verbinden, dass sogar die Stimmen immer lauter wurden, ihn als den ersten legitimen Nachfolger von Gram Parsons zu adeln. Verdienterweise. Nach dem eher moderaten (und trotzdem mit großartigen Songs gesegneteten) "Exit O" folgte weine bekannteste (und bis heute wohl erfolgreichste) Platte "Copperhead Road", erneut mit Spitzensongs wie beispielsweise "Snake Oil", "Johnny Come Lately" oder dem Titellied gesegnet. Nach einem weiteren Studio- ("The Hard Way") sowie einem Live-Album ("Shut Up And Die Like An Aviator") war die Luft jedoch dahingehend raus, dass Earle körperlich von jahrelangem Alkohol- und Drogenmissbrauch vollkommen am Ende war. Körperlich wie auch psychisch am Abgrund, kam Anfang der neunziger Jahre auch noch eine Haftstrafe hinzu.
Was bei süchtigen Menschen meistens kontraproduktive Wirkung zeigt, erzeugte bei Steve Earle jedoch nach einigen Wochen einen Gedankenruck und den starken Wunsch, nach Jahrzehnten am Abgrund (über-)leben zu wollen. Immer noch angeschlagen, erfolgte nach seiner Entlassung ein erstes (akustisches) Album namens "Train A' Comin'" (1995). Die wahre Auferstehung erfolgte jedoch mit dem ungeheuer kraftvollen wie intensiven "I Feel Alright", nur ein Jahr später.
Seither ist Steve Earle nicht nur musikalisch, sondern auch als Drehbuchautor und politisch aktiver Artist (in erster Linie hinsichtlich der Menschenrechte) unterwegs, ein Roman sowie eine Kurzgeschichten-Sammlung, dazu diverse Kurz-Rollen in Filmen dienten als erfüllende Nebenbeschäftigungen.
Steve Earle war und ist bekannt dafür, grundsätzlich den schwierigen bzw. konfrontalen Weg ("The Hard Way") aus Situationen zu wählen. Zu Ehren seines Vaters, der ihn einmal fragte, warum er nicht auch mal den einfachen Ausweg suche (»Why do you always have to do it the hard way?«) benannte er einst ein ganzes Album. Aber er hat unzählige grandiose Songs erschaffen, die sowohl Rock, Country, Singer/Songwriter, Folk sowie auch den Blues vereinen bzw. zu sehr fruchtbaren Fusionen führen.
Muss man diesen Mann nach Klasiker-Alben wie etwa "Guitar Town", "Copperhead Road", "I Feel Alright" oder "Shut Up And Die Like An Aviator" noch speziell vorstellen? Sicherlich nicht, aber das hält die RockTimes-Redaktion auf der anderen Seite auch nicht davon ab, Steve Earle ganz herzlich zum 65. Geburtstag zu gratulieren.
Roll on, Steve, und bleib uns noch lange erhalten!
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