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Stick Men / Prog Noir – CD-Review

Stick Men, das sind Tony Levin (King Crimson, Peter Gabriel u.v.m.), Pat Mastelotto (King Crimson u.a.) und Markus Reuter. "Prog Noir" ist das sechste Studioalbum der Stick Men, zusätzlich gibt es mehrere Live-Scheiben. Wie schon Steve in seinem Review zu Deep von 2013 feststellte, handelt es sich nicht unbedingt um leichte Kost. Laut Markus Reuter handelt es sich diesmal um Songs, die sie über Jahre komponiert haben. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Alben, bei denen das Material relativ schnell eingespielt wurden, sollen bei "Prog Noir" die Ideen immer weiter verfeinert worden sein, hin zu einer Art Standortbestimmung. Dieser Standort ist Lichtjahre von Mainstream und Eingängigkeit entfernt.

"Prog Noir" ist ein experimentelles, stellenweise verstörendes Werk. Klassische Songstrukturen werden nicht angestrebt, die Freude am Probieren, Frickeln und Tüfteln steht im Vordergrund. Kopfkinomusik, die einen ganz speziellen Film ablaufen lässt. Da fließt ein bisschen "Metropolis", dystopische Science Fiction und surreale Albträume mit abstrakten Frequenzen zusammen. Streng geometrische Stadtbezirke, in denen graue Hochhäuser an Straßenfluchten aufragen bilden ebenso Kulisse wie staubtrockene Wüsten. Die Handlung ist undurchschaubar und verworren und lässt unendliche Interpretationen zu. Gelegentlich beschleicht mich ein Déjá-vu, doch um die nächste Ecke wartet schon wieder eine völlig neue Impression. Teilweise werden die einzelnen Szenen durch flirrendes Geflimmer miteinander verbunden oder voneinander getrennt. Verzerrungen werden von sphärischen Klängen abgelöst, groovende Parts wechseln sich mit gehetzt wirkenden Sequenzen ab. Immer wieder dringen dissonante Klänge durch, Gewisper und Geflüster von Aliens und unheimlicher Sprechgesang durchbrechen die überwiegend instrumentalen Klänge.

Ich habe die CD mehrfach gehört, danach die Texte im Booklet unter die Lupe genommen und dabei festgestellt, dass mein Kopfkino wohl gar nicht so weit von den Ideen der Musiker entfernt läuft. Ob nun im fast schon existentialistischen "Never The Same", der Sternengeburt und Elementbeschreibung in "Plutonium", bei dem auch die Bombe aus diesem Material nicht fehlen darf, ihre Themen passen zu der Stimmung, die sie mit ihrer Musik erzeugen.

Die Musik der Stick Men ist ganz stark rhythmusorientiert, dieser wechselt häufig, gegenläufige und asynchrone Strukturen sind an der Tagesordnung und doch steckt hinter all dem Plan und Kopf – sehr viel Kopf. Das macht es spannend, sofern man sich darauf einlassen will, diese Strukturen quasi akademisch zu suchen. Oder man mit der Musik wirklich einen Soundtrack für das Kopfkino starten will. Wer Musik für Bauch und Seele sucht, wird durch "Prog Noir" wohl eher nicht glücklich.


Line-up Stick Men:

Tony Levin (stick, voice)
Markus Reuter (U8 and U10 Touch Guitars®, voice)
Pat Mastelotto (acoustic and electronic drums, percussion)

Tracklist "Prog Noir":

  1. Prog Noir
  2. Mantra
  3. Plutonium
  4. The Tempest
  5. Schattenhaft
  6. A Rose In The Sand / Requiem
  7. Leonardo
  8. Trey’s Continuum
  9. Embracing The Sun
  10. Never The Same

Gesamtspielzeit: 51:23, Erscheinungsjahr: 2016

Über den Autor

Sabine Feickert

Hauptgenres: Rock, Deutschrock, Mittelalter, 'leise Töne'
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