Witzigerweise startete die nordirische Punk Rock-Band Stiff Little Fingers etwa Mitte der siebziger Jahre und noch unter anderem Namen als Coverband, bis die Gitarristen Jake Burns und Henry Cluney den Punk Rock für sich entdeckten. Der Stil wurde umgehend geändert und das Quartett verpasste sich den Namen Stiff Little Fingers, übrigens ausgeliehen von einem Song der Vibrators. Die ersten beiden Singles "Suspect Device" sowie "Alternative Ulster" (beide 1978) verkauften sich überraschend gut und setzten Stückzahlen im mittleren fünfstelligen Bereich ab. Getoppt wurde das Ganze allerdings noch durch das Debütalbum "Inflammable Material" (1979), das über 100 000 Exemplare absetzen konnte. Nachdem die Band im März 1980 ihre zweite Scheibe "Nobody’s Hero" veröffentlicht hatte, wurde sie in den WDR-Rockpalast eingeladen, für den sie am 30. November 1980 ein Konzert in der Dortmunder Westfalenhalle spielte.
Selbst wenn man die Band vorher nicht kannte, wird direkt bei der eröffnenden Nummer "Nobody’s Hero" klar, dass Stiff Little Fingers den typisch englischen oder besser gesagt britischen Punk Rock der späten Siebziger zelebrierten. Schnelle fetzige Gitarrenakkorde, eine etwas rumpelnde Rhythmus-Abteilung und aggressiver Gesang. Die Vocals kommen zwar nicht so powervoll und brachial wie die eines Johnny Rotten (Sex Pistols) oder Wattie Buchan (The Exploited), machen aber dennoch ausreichend Alarm während sie immer melodisch bleiben. Die Texte beschäftigen sich zumeist mit dem Nordirland-Konflikt und allem Negativem, was dieser für die Leute in Ulster mit sich brachte. Dass man da schon mal so richtig wütend werden kann, dürfte nicht überraschend sein. Richtig klasse kommen Stücke wie beispielsweise "Barbed Wire Love", "Alternative Ulster", "Mister Fire Coal-Man" oder auch "Gotta Get Away" und das Dortmunder Publikum ging ebenfalls ab wie Schmitts Katze. Sehr starker Auftritt, der leider nach etwa einer Stunde schon wieder beendet war.
Fast genau neun Jahre später, am 28. November 1989, war die Band ein zweites Mal beim Rockpalast zu Gast. Leider wurde das Konzert zu jenem Zeitpunkt jedoch nicht filmisch festgehalten, sodass davon lediglich die Audio-Spuren existieren. Die haben es allerdings ebenfalls in sich, wie Stiff Little Fingers schon gleich mit "Alternative Ulster" sowie "Gotta Get Away" klar machen. Eine ebenso gelungene Show, wenn es bis auf drei Ausnahmen ("Listen", "Wild Rover" und "Silver Lining") allerdings keine neuen Tracks zu hören gibt. Bei "Wild Rover" handelt es sich übrigens tatsächlich um das klassische traditionelle irische Trinklied, das hier mit Punk Rock-Stilistiken nochmal eine gute Spur schneller gebracht wurde. Immer ein Gewinner! Den Abschluss des zweiten Gigs bilden mit "Barbed Wire Love", "Fly The Flag" sowie "Tin Soldiers" dann nochmal drei Gassenhauer der Band-Geschichte.
Insgesamt also eine runde Sache, die bei jedem Punk Rock-Fan auf Gegenliebe stoßen dürfte. Schade ist lediglich, dass das zweite Konzert von 1989 nicht auf Film vorliegt und auch deutlich kürzer ist. Aber gut, man kann nicht alles haben und dafür immerhin das vorhandene Material ausgiebig genießen. Stiff Little Fingers ließen übrigens spätestens ab 1980 auch Reggae- bzw. besser gesagt Ska-Einflüsse in ihre Songs Einzug halten, was dem Abwechslungsreichtum ganz sicher nicht geschadet hat. Im Jahr 1983 löste sich die Combo auf, kam 1987 aber wieder zusammen und ist seither bis heute aktiv. Somit ist sie ganz offiziell die dienstälteste Punk Rock-Band Großbritanniens.
Line-up Stiff Little Fingers:
Jake Burns (guitars, lead vocals)
Henry Cluney (guitars, background vocals, lead vocals – CD 1 + DVD – #9)
Ali McMordie (bass)
Jim Reilly (drums – CD 1 & DVD)
Dolphin Taylor (drums – CD 2)
Tracklist "Live At Rockpalast 1980 & 1989":
- Nobody’s Hero
- Barbed Wire Love
- Wait And See
- Gotta Get Away
- Johnny Was
- Back To Front
- Fly The Flag
- Alternative Ulster
- No Change
- Mr. Fire Coal-man
- At The Edge
- Wasted Life
- Tin Soldiers
- Suspect Device
- Alternative Ulster
- Gotta Get Away
- Silver Lining
- Wasted Life
- Listen
- Wild Rover
- Barbed Wire Love
- Fly The Flag
- Tin Soldiers
Gesamtspielzeit: 59:58 (CD 1), 39:24 (CD 2), 60:00 (DVD), Erscheinungsjahr: 2021 (1980, 1989)
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