Stone Vibe sind in erster Linie das Resultat aus der Freundschaft zwischen den beiden Gitarristen Alex Pouget und Albert Ramos, die sich 2015 über den Weg liefen. Die Musiker aus Reus, einer Stadt in Katalonien, etwa sechzig Kilometer von Barcelona entfernt, vereinte die Liebe zu klassischen Rock-Acts der Siebziger wie Black Sabbath, Led Zeppelin oder The Who. So formierte man letztlich eine Band und brachte 2017 die selbst produzierte EP "The Game" auf den Markt – Stone Vibe war geboren.
Jetzt, im unseligen Jahr der Pandemie kommt endlich das zweite Album "Wake Up" als vollständiger Langläufer zu uns. Erschienen Anfang Juni, verzögerte sich die Live-Präsentation der Musik um etwa sechs Wochen, Spanien wurde von Corona zu der Zeit deutlich heftiger erwischt als Deutschland.
Das sphärische Intro, in dem ein Protagonist offenkundig eine Kirche betritt, dient vor allem der Inszenierung des ersten Krachers "In The Name". Der schlägt fast mit Sabbath-getränkten Riffs heftig ein, entwickelt sich dann aber eher wie ein klassischer Seventies-Song. Im Hintergrund höre ich eine sehr dezente Orgel wie zur Verdichtung, ausgewiesen ist die im Line-up aber nicht. Der Song setzt auf knackige Hooklines und kurze Solo-Eskapaden und steht damit synonym für das gesamte Programm. In "Run" überrascht uns eine kurze Passage, die schwer nach einer Sitar oder zumindest einem diesem Sound ähnlichen Effekt klingt. Da bin ich prinzipiell Fan von.
"Wake Up" entwickelt dann einen coolen Drive und hat ein bisschen Hit-Charakter, denn bei aller sauberen instrumentalen Arbeit findet sich hier Potential für eine gewisse Eingängigkeit. Musik, die in lokalen Radios entlang der katalonischen Küste sicher ihre Berücksichtigung gefunden haben dürfte; dort, wo die Band in den besseren Zeiten dieses Virus-Sommers jede Menge Live-Konzerte gespielt hat – und eigentlich waren sie bereit, sich jetzt auch im Großraum Europa blicken zu lassen.
Wenn im Begleitmaterial als Stilrichtung neben klassischem Rock auch Stoner genannt wird, empfinde ich das eher als irreführend, mit dem typischen Wüstenrock aus den Wurzeln von Kyuss hat die Musik nicht allzu viel zu tun. Retro Rock würde es sehr viel besser beschreiben, aber die beiden Begrifflichkeiten werden ja leider oft in einen Topf geworfen. So gesehen sind Referenzen wie die Rival Sons oder The Brew treffender gewählt als eben der Stoner-Begriff, wobei gerade The Brew mit dem Wahnsinns-Gitarrero Jason Barwick deutlich mehr im Blues unterwegs sind. Stone Vibe spielen hingegen klassischen Hard Rock, der hin und wieder auch ein paar Bezüge zu den wilden Neunzigern aufweist. Wen wundert’s, Pearl Jam und Soundgarden werden ja auch als Bezüge genannt. Das passt.
Aber halt. Kurz vor dem Ende gibt es mit "Six Stars" nicht nur den mit knapp fünf Minuten längsten Track, sondern auch sehr schöne Phrasierungen, wie man sie tatsächlich auch bei mehr Blues- und Jam-orientierten Bands finden könnte. Mein Favorit, ein wirklich geiler Song. Und ganz weit hinten scheint wieder ein wenig georgelt zu werden."I’m The Sin" bildet das satte Finale, eine Single, die schon lange vor dem Erscheinen von "Wake Up" das Licht der Welt erblickte und auch als Video veröffentlicht wurde.
Die Songs sind gut geschrieben, sehr sauber produziert und die Soli haben einen schönen kompakten Spannungsbogen. Kleines Manko, die Kompositionen kommen allesamt in einem recht ähnlichen Tempo daher, da kann man in Zukunft sicher noch mehr Abwechslung schaffen. Es ist logisch und der Sache geschuldet, dass man in diesem musikalischen Segment das Rad nicht mehr neu erfinden kann. Ich glaube auch nicht, dass dies der Plan war. Eine junge spanische Band hat vielmehr ihren Sound gefunden und sich auf den Weg gemacht. Dabei waten sie ganz bewusst und gewollt knietief in traditionellen Klängen. Die aber beherrschen sie trefflich. Die dynamisch fetzigen, kurzen Nummern schreien förmlich danach, auf die Bühne gebracht zu werden, wo man die Ventile noch ein wenig aggressiver bedienen und den Druck erhöhen könnte. Wünschen wir ihnen und uns, dass es bis dahin nicht mehr gar so lange dauert.
Line-up Stone Vibe:
Alex Pouget (guitar, lead vocals)
Albert Ramos (guitar, vocals)
Victor Corbi (bass)
David Rodriguez (drums, vocals)
Tracklist "Wake Up":
- Let Us Pray (Intro)
- In The Name
- Nightmare Filter
- Run
- Wake Up
- Until The Last Breath
- Lies
- Rock And Roll Beggar
- Nothing Is Forever
- Boozin' Louie
- Sirens Call
- Six Stars
- I’m The Sin
Gesamtspielzeit: 42:40, Erscheinungsjahr: 2020
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