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Stoned Olympus (V.A.) / Mystic Alchemy – CD-Review

Die Kompilation der vereinigten Bands, die hier unter dem Namen Stoned Olympus agieren, hält, was der Titel verspricht: Feinen griechischen (und rein instrumentalen) Stoner Rock als transzendentale Reise von den Gipfeln der Götter des Mittelmeer-Raums zu den Wüsten von Texas oder Arizona. Eine Angelegenheit, die sich schon seit einigen Jahren trefflich verfolgen lässt, kommen doch immer mehr griechische Bands aus diesem Segment zu den europäischen Festivals und rocken den Kontinent.

Gerade erst vor ein paar Tagen lag das neue Album der Children Of Aegean auf meinem Besprechungstisch, und genau wie dort bilden zwei großartige Gitarreros das Herzstück dieses Albums. Stavros Papadoupulos und Panagiotis Zabourlis müssen Workaholics sein, wenn man die Projekte zählt, für die beide verantwortlich zeichnen. So entstammen sämtliche Songs auf "Mystic Alchemy" ausnahmslos aus den Federn der beiden Saiten-Helden.

So gesehen macht es auch Sinn, dass dieser Sampler zeitgleich mit "Mythologica" von den Children Of Aegean erscheint, bietet es doch die einmalige Gelegenheit, die Stoner-orientierten Projekte der Protagonisten kennen zu lernen, und das sind ja beileibe noch nicht alle Aktivitäten, denen sich die beiden Gitarristen widmen. Die hier vertretenen Bands sind alle zwischen 2015 und 2018 gegründet worden, nur unsere Kinder der Ägäis haben im vergangenen Jahr das Licht der Welt erblickt. Mit sechs Alben haben Stonila mit Abstand den meisten Wüstensand bewegt.

Eines dürfte von Anfang an klar sein. Wenn mehrere Bands derart intensiv von einzelnen Musikern geprägt werden, dann darf man einen roten Faden erwarten, auch wenn fünf verschiedene Combos am Start stehen. Und genauso ist es auch.

Die Musik von Stone Age Mammoth dürfte eindeutige Wurzeln im Blues geschlagen haben, während mir die Songs von Children Of Aegean durch ihre teilweise fast sphärische und leicht progressive Ausprägung ganz besonders virtuos und spannend erscheinen. Es ist ein schöner Zug der Jungs, dass zwei Songs einfließen, die nicht auf dem parallel erschienenen Album abgebildet sind. Diese Nummern bilden sozusagen den mittleren Ruhepol auf "Mystic Alchemy", Stücke, die bei aller unverkennbarer Rhythmusorientierung sozusagen auch innere Werte vermitteln. Hypnotisch schwebende Parts, die der inneren Einkehr dienen. »Let’s get stoned«.

Mit einem tollen, ruhigen Intro nehmen Stone Age Mammoth den Faden kurz noch einmal auf, doch dann rifft es im "Desert Temple" und Panagiotis lässt die schroffe Grundausrichtung seiner geilen Gitarre ein ums andere Mal abfliegen. Starker Gitarrenrock, der in die Knochen fährt. Ein geschickter Spannungsbogen lässt keine Langeweile aufkommen.

Die beiden Songs von Hazy Sea werden von den coolen Slide-Einlagen und sehr melodischen, leicht getragenen Soli von Panagiotis getragen. Der lässige Groove verleiht der Musik weniger Einschläge in Richtung Stoner, sondern lässt freudige Nähe zu klassischen Jam-Rockern erahnen. Die manchmal fast archaisch wirkende Gitarre ist ungeheuer einnehmend und entwickelt immer wieder sehr schöne Kreisel mit einem leicht mystischen Touch. Stark!

Stonilas Intro in "Gators In Attica" lässt einen klassischen, dreckigen Blues vermuten, aber nur für ein paar Sekunden. Auch hier wirkt die Slideguitar von Panagiotis tief und intensiv. Doch die riffigen Seiten- und Saitenwände neben der elaborierenden Sologitarre entwickeln einen durchgängigen Sog heraus aus den 12-Takt-Gefilden. Die Licks klingen hier deutlich forscher als bei Hazy Sea, zusätzliche Effekte verleihen der Gitarre fuzzigen Drive. Und immer wieder macht die Slide den Deckel drauf. Dem entgegen wird die zweite Nummer, "Hypnotic River", dem Titel entsprechend sehr viel psychedelischer angelegt. Ein sanfter Groove und mäandernde Wellen sphärisch dahingleitender Gitarrenklänge lassen uns dahin treiben. Irgendwie kommt mir Eddy van Halens Schluss-Sequenz für den Film "Twister" in den Sinn, dieser Song hier hat etwas ähnlich Erhabenes.

Universal Hippies haben die Ehre, das Album beginnen und beenden zu dürfen. Auch diese Formation hat einen ausgeprägten Hang zum Jam Rock, doch durch die etwas aggressivere Gitarre von Stavros generiert sich ein härterer Touch. Psychedelischer Hardrock würde es wohl einigermaßen zutreffend beschreiben. Auf dem Höhepunkt der Songs entwickelt Stavros Phrasierungen, die schon irgendwo zwischen Hard Rock und Metal zuhause sind, das gibt zusätzlich Schmackes, wenn der Turbo gezündet wird.

Sampler sind gewöhnlich nicht unbedingt mein Ding, weil es bei der Zusammenstellung von Songs unterschiedlicher Bands immer zwei Meinungen gibt, was zusammen passt und was nicht. Sagte ich zwei? Hier sieht das völlig anders aus. Bedingt durch die außergewöhnliche Präsenz und Dominanz der beiden Haupt-Protagonisten beinhaltet der Stoned Olympus, der berauschte Götterberg mit seiner mystischen Alchemie eine klare und inhaltlich stimmige Anordnung von Songs, die sich gegenseitig stützen und tragen. Der Duktus der fünf verschiedenen Bands ist genetisch eng verwandt, es sind eher subtile Unterschiede, die die eine Combo von der anderen unterscheidet. Im Sinne eines durchgängigen Hörvergnügens ist das kein Mangel, sondern ein ausgesprochener Vorzug.

Und wieder glühte die Sonne über der Ägäis und trieb seltene Knospen von spröder Schönheit aus den heißen Ebenen mediterraner Sandansammlungen. Wüste wäre ja ein bisschen weit gegriffen. Stoner geht in Griechenland, und wie …


Line-up Stoned Olympus:

Universal Hippies
Stone Age Mammoth
Stonila
Hazy Sea
Children Of Aegean

Tracklist "Mystic Alchemie":

  1. Monument (Universal Hippies)
  2. Mountain Riders (Stone Age Mammoth)
  3. Gators In Attica (Stonila)
  4. Haunted Ship (Hazy Sea)
  5. Circle (Children Of Aegean)
  6. Road To Troy (Children Of Aegean)
  7. Desert Temple (Stone Age Mammoth)
  8. Hypnotic Rivers (Stonila)
  9. Sailing The Unknown (Hazy Sea)
  10. Mediterranean’s Gate (Universal Hippies)

Gesamtspielzeit: 51:39, Erscheinungsjahr: 2020

Über den Autor

Michael Breuer

Hauptgenres: Gov´t Mule bzw. Jam Rock, Stoner und Psychedelic, manchmal Prog, gerne Blues oder Fusion

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