«

»

Stoppok / Jubel – CD-Review

stoppok-jubel

Die Fans von Stefan Stoppok dürfen jubeln: Denn "Jubel" heißt dessen neue CD. Es ist bereits das 18. Album des Musikers, der im Ruhrgebiet aufgewachsen ist und noch immer für die Bodenständigkeit der Menschen aus dieser Region steht. Schon seit 1982 steht der 64-Jährige auf der Bühne.

Im ersten Titel "Verjubeln" geht es allerdings nicht um das Jubeln. Das Gegenteil ist der Fall. Stoppok, wie sich der Sänger und Multiinstrumentalist offiziell nennt, besingt hier den verschwenderischen Umgang der Menschen mit unserem Planeten. »Alles vergeigt, was nur irgendwie geht. Ein Wunder, dass die Erde sich immer noch dreht«, heißt es programmatisch. Es geht darum, wie die Erde einmal aussehen könnte, wenn nicht alles zertrampelt und zubetoniert wäre. Das Ganze führt uns in weite Ferne, wenn »Platz für neues Leben und neue Ideen« geschaffen ist. Schließlich lautet die Zukunftsprognose düster: »Schade, dass wir nicht mehr dabei sind.«

Stoppok geht auf allen Liedern unverblümt mit der Wahrheit um. Das geschieht aber nicht mit erhobenem Zeigefinger und er spielt auch nicht den Moralapostel. Die Botschaften sind ehrlich und direkt. Er beschreibt auf seine Weise die Dinge, wie sind und kommt dabei schnell auf den Punkt.
In "Geld oder Leben" stellt er nicht nur diese zentrale Frage. Vielmehr fragt er, ob man im Leben die Wahl bei kniffligen Fragen hat.
Ein gutes Beispiel für die Lieder mit Tiefgang ist "Pack mit an". »Nimm Deine Hand, mit der Du gerade schlagen wolltest, und pack einfach hier mit an. Wir brauchen Dich dabei und wir brauchen Deine Kraft, damit wir irgendwann sicher landen«, nimmt er den Hörer mit und setzt auf einen Planeten, »auf dem man nur Liebe spürt und keine Kriege führt.« Stoppok, der Kämpfer mit Zukunftsvision.

"Wenn 2 (zueinander passen)" ist ein wunderschönes Liebeslied und zeigt die Bandbreite des vielseitigen Künstlers, dessen Songs in keine Schublade passen. Es stammt von Stoppoks Freund Danny Dzuik. Alle anderen zehn Texte steuerte der Sänger selbst bei.
In "Lass sie rein" widmet sich der Künstler der schwierigen Thematik Flüchtlingspolitik und liefert gleich eine Antwort dazu.
Mein eindeutiger Favorit auf dem Album ist "Mal Dein Herz an". Das Stück ist ein Ohrwurm, der einfach nur gute Laune verbreitet. Es erinnert mich stark an den Evergreen "Kling Klang" (1993) der Potsdamer Band Keimzeit. Die zentrale Botschaft des Songs lautet: »Mal Dein Herz mit Farbe an, möglichst bunt, steck ’ne Rose dran. Dann stell Dich auf den höchsten Berg, breit die Arme aus und zeig der Welt Deinen Berg. Sing dazu eine schöne Melodie mit klarer Stimme, ganz egal wie oft die Töne stimmen oder ob es schief klingt. Hauptsache, Dein Herz singt mit.«

Stoppoks Stücke insgesamt haben nicht unbedingt Kuschelfaktor, aber dennoch trägt seine Musik trotz der kritischen Texte zum Wohlfühlen bei. Genau das ist die Kunst, Dinge des Alltags mit positivem Blick, nach vorn gerichtet, zu sehen.
Wie unschwer zu hören ist, ist Stoppok im analogen Hier und Jetzt zu Hause. Die Lieder "100 Mio Follower" und "Kein Update" sind eine Absage an die digitale Abhängigkeit. In "100 Mio Follower" rechnet er mit falschen virtuellen Freunden ab.

Stoppok, der live abwechselnd mit Verstärkung oder solo zu erleben ist, hat die Produktion mit einer vorzüglichen Band eingespielt und geht mit dieser auch auf die kommende Album-Tour. Zur Band gehören, neben Reggie Worthy am Bass, der amerikanische Schlagzeuger Wally Ingram sowie auch Multiinstrumentalist Sebel an der Hammond-Orgel und dem Wurlitzer-Piano.
Stoppok liefert mit seiner Mischung aus facettenreicher Rockmusik und dem Songwriting eines Liedermachers ein Album ab, das ausgezeichnet unterhält. In der Bandinformation zur neuen CD heißt es treffend: »Der Musiker hat das Talent eines Entertainers, der sehr genau das richtige Maß aus Nonsens, Ernsthaftigkeit und Gefühl trifft.« Dem ist nichts hinzuzufügen.

Das Album ist nicht nur eine Empfehlung für seine Fans, sondern ein Tipp für alle Interessenten, die Stoppok schon immer einmal kennenlernen wollten, dies bisher jedoch versäumt hatten.
Die Poesie in den Texten, aber auch die Musik, rufen bei mir Vergleiche zu Rio Reiser, City und Keimzeit hervor – jeweils von mir allseits geschätzte Künstler.
Ich hatte Stoppok 2011 im Rahmen eines Solokonzerts im ostthüringischen Neustadt an der Orla kennengelernt. Schnell war damals, dank des rührigen Veranstalters, das Eis gebrochen und der Künstler stand mir bereitwillig für ein Interview, auf das ich an diesem Abend gar nicht vorbereitet war, Rede und Antwort. Spätestens seitdem ist er für mich ein fester Begriff. Das Album "Jubel" hat mich aber noch näher an den Sänger herangeführt. Und diese CD erhält von mir das Prädikat besonders wertvoll.


Line-up Stoppok:

Stoppok (Gesang, Gitarren, Banjo, Mandoline, Waldzither, Schlagzeug)
Reggie Worthy (Gesang, Bass)
Sebel (Gesang, Hammond-Orgel, Wurlitzer-Piano, Piano)
Wally Ingram (Perkussion)

Gäste:
Sönke Reich (Schlagzeug)
Hanmar Spiegel (Violine)
Tess Wiley (Gesang)
Aino Löwenmark (Gesang)
Christina Lux (Gesang)
Love Newkirk (Gesang)
Viktoria Lee (Gesang)
Karoline Kupperroth (Gesang)
Sofia Faulseit (Gesang)
Sonja Tusch (Gesang)
Christiane Athmer (Gesang)
Eva Vahrenwald (Gesang)

Tracklist "Jubel":

  1. Verjubeln (3:27)
  2. Geld oder Leben (3:00)
  3. Pack mit an (3:59)
  4. 100 Mio Follower (3:21)
  5. Wenn 2 (zueinander passen) (4:34)
  6. Kein Update (3:52)
  7. Eine Annahme (4:14)
  8. Ein Sternehotel (3:22)
  9. Mal Dein Herz an (3:23)
  10. Lass sie rein (4:28)
  11. Morgen kommt die Müllabfuhr (2:28)

Gesamtspielzeit: 40:08, Erscheinungsjahr: 2020

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>