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Sun Temple Circus / Sun Temple Circus – CD-Review

Sun Temple Circus / Sun Temple Circus - Verlosung

Der norddeutsche Musiker Tom Redecker hat nicht nur ziemlich viele eigene Projekte wie etwa die Electric Family, The Perc Meets The Hidden Gentleman, Koto Funk (als The Perc) oder eben auch Sun Temple Circus am Start, sondern ist so ganz nebenbei auch noch Betreiber des sich auf die Ausgrabung älterer und jüngerer Schätze spezialisierten Labels Sireena Records, von dessen Veröffentlichungen ja auch in unserem Magazin schon so einiges zu lesen war. Aber nicht nur das, denn sogar die hier zu reviewende Scheibe hatte mein geschätzter Kollege Ulli bereits kurz nach deren Erscheinen im Jahr 2015 in der Mangel. Damals kam das Album jedoch ’nur' auf Vinyl und in einer limitierten Auflage von 500 Stück auf den Markt, die dann wohl auch ziemlich schnell vergriffen waren. Drei Jahre später nun also die Neuauflage im CD-Format und als kleines Bonbon oben drauf auch noch mit zwei Bonus Tracks versehen, die zusammen zeitlich immerhin an der 15 Minuten-Marke kratzen.

Die vier Tracks der Original-Scheibe wurden am Ende einer Tour auf einem der letzten Konzerte in Bremen aufgezeichnet und neben Redecker (guitars, keyboards, vocals) selbst besteht die Band aus Harry Payuta (sitar, bass), dem Gitarristen Jochen Schoberth (unter anderem auch Electric Family) sowie dem Schlagzeuger Marlon Klein (Dissidenten) und das Programm bestand aus älteren, dafür neu aufbereiteten Stücken, aber auch freien Improvisationen, bei denen gerne auch mal die Instrumente gewechselt wurden. Dabei verzichteten die Musiker sehr selbstbewusst auf jegliche Overdubs für die fertige Platte. Somit darf man also auch ohne schlechtes Gewissen die leicht abgewandelte Floskel 'What you get is what you hear' verwenden. Aber was wir hier hören, ist ein bockstarker Kraut-/Ethno-/Psychedelic-Mix, der nicht nur sehr authentisch die Atmosphäre eines Live-Konzerts rüberbringt, sondern dazu auch noch durch seine Vielseitigkeit ungeheuren Spaß macht.

"Out Of India" aus Harry Payutas Soloalbum Between A Rock And A Hard Place entführt den Hörer gleich zu Beginn in genau das Land, das im Titel auftaucht. Ein tolles Stück, bei dem die Sitar die Melodien und die Führung übernimmt, während im Hintergrund sphärische Keyboards die Atmosphäre noch verstärken und die Percussion das Bild abrundet. Ein starkes Instrumental und sehr gelungene Eröffnungs-Nummer. Das knapp viertelstündige "Sun Madness" driftet deutlich in die Psychedelic- und Space-Zone, während Payuta und Klein einen so soliden wie hypnotischen Rhythmus legen, über den sich die Gitarren und der Gesang ausbreiten können. Wer die bereits angesprochenen Stile mag, wird hier voll auf seine Kosten kommen. Der erste Bonus Track "Sun Killer" stammt aus dem Proberaum aus der gleichen Zeit (April 2014, die Tour fand einen Monat später im Mai statt) und hier ist nach einer zunächst musikalisch aufgebauten dichten Atmosphäre der Sänger Tony McLoughlin zu Gast. Nicht der stärkste Track des Albums, dennoch reibungslos ins Konzept und den Kontext passend.

Die zweite Zugabe stellt das ebenfalls auf der 2014er-Tour (allerdings nicht in Bremen) aufgenommene "Slide Out, Slide In" dar. Hier hat Redecker ein feines Rhythmus-Geflecht am Start, das er mit seiner dunklen Stimme ergänzt. Cooles Teil und das wahrscheinlich rockigste Stück der Platte. Mein absolutes Highlight hört allerdings auf den Namen "Lighthouse", das eine unglaublich starke Aura verbreitet und bei weitem nicht nur von tollen Sitar-Melodien, sondern auch von den superben Gitarren sowie dem genial dazu passenden Gesang lebt. Bärenstark! Abgerundet wird diese Neuauflage schließlich von dem französischen Titel "Et Moi, Et Moi, Et Moi" von Jacques Dutronc, der zwar bereits so einige Jährchen auf dem Buckel hat, zumindest in der hier dargebrachten Version aber deutliche Sympathien zu Punk Rock erkennen lässt. Dem Punk Rock der siebziger Jahre wohlgemerkt, doch der hatte sowieso seinen ganz eigenen Charme und hat diesen auch nach rund vierzig Jahren noch nicht verloren.

Knapp fünfzig Minuten an herrlicher Live-Musik gibt es hier auf die Mütze, herrliche Melodien, dichte Atmosphären, wunderbares Jammen und richtig cooles Songwriting. Dicker Tipp also an die Psychedelic-/Krautrock-Fraktionen da draußen. "Sun Temple Circus" wird euch nicht enttäuschen!


Line-up Sun Temple Circus:

Tom 'The Perc' Redecker (12-string guitar, keyboards, lead vocals)
Harry Payuta (bass, sitar, background vocals)
Marlon Klein (drums & percussion)
Jochen Schoberth (electric guitars)

With:

Uli Bösking (mandola – #2,4)
Alpha Halley (keybords – #4)
Peter Apel (electric guitar – #5)
Tony McLoughlin (vocals – #5)
Thomas Blumensaat (drums – #6)

Tracklist "Sun Temple Circus":

  1. Out Of India (6:05)
  2. Lighthouse (10:15)
  3. Et Moi, Et Moi, Et Moi (5:25)
  4. Sun Madness (14:10)
  5. Sun Killer [bonus track] (7:40)
  6. Slide Out, Slide In [bonus track] (6:18)

Gesamtspielzeit: 49:40, Erscheinungsjahr: 2018 (2015)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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