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T.G. Copperfield with Ben Forrester / Out In The Desert – CD-Review

T.G. Copperfield with Ben Forrester / Out In The Desert

Das Ende der Welt in gefälliger Verpackung

Puh, es ist heiß, die Sonne brennt vom wolkenlosen Himmel erbarmungslos auf die trockene Natur und heizt die Häuser auf, die starr vor Angst einer ominösen Heizungswende entgegen bibbern.
Die drohende Omega-Wetterlage mit wochenlangem UV-Beschuss, Wasserknappheit, ausgetrockneten Flussläufen, epischen Ernteausfällen und vorhersagbaren apokalyptischen Waldbränden – ein temporäres Wetterphänomen, ganz natürliche Klimaentwicklung oder gar doch vom Menschen und seinem Handeln befeuerter Klimawandel in Zeitraffergeschwindigkeit?

Ein Magier namens Copperfield hat dafür einen passenden Titel gefunden: "Out In The Desert"

Selbiger stammt aber nicht aus New Jersey, sondern aus der Oberpfalz, heißt bürgerlich Tilo Preißer und lässt keine Freiheitsstatuen verschwinden, sondern zockt Musik, zunächst mit den programmatischen 3 Dayz Whizkey, seit Ende 2016 auch solo mit schwindelerregend hohem quantitativen Output.
Die optische Stilistik an den frühen Clint Eastwood angelehnt, verströmt auch seine Musik den Flair der unbarmherzigen Prärie, welche von der Oberpfalz als solche (noch) nicht repräsentiert wird.
Seinem Künstlernamen setzt er noch Tilo George voran, nicht ohne Augenwinkern mit T.G. abgekürzt … und tatsächlich lässt sich auf dem aktuellen Album hier und da eine gewisse J.J. Cale-Attitüde nicht leugnen.

Interessanterweise klingt allerdings das Vorgängeralbum "Snakes & Dust" aus dem letzten Jahr musikalisch insgesamt deutlich mehr nach Wüste als "Out In The Desert", welches seinen Titel aber zumindest optisch mit der Front- und Innengestaltung des einfach klappbaren Digi-Packs explizit unterstreichen kann.
Eine signifikante Änderung im Soundbild ist hörbar dem Gitarristen Ben Forrester geschuldet, der mithin nicht zufällig auf dem Frontcover Erwähnung findet. Bekannt durch die in diesem Magazin bisher hochgelobte Allen-Forrester Band, bringt sich der sympathische Wahl-Nürnberger aus New York auf dem kurzen Dienstweg mit seinem sämigen Gibson Les Paul-Sound gewinnbringend ein und gemahnt einmal mehr an seine großen Vorbilder, die vormals bei Lynyrd Skynyrd und der Allman Brothers Band die Saiten schwingen ließen. Beim besten Stück des Albums und Anspieltipp "The Old Man On The Mountain", einem cinemaskopisch atmosphärischen Programmtitel, steht beispielsweise unmissverständlich Derek Trucks ein Stück weit Pate, aber auch Warren Haynes spielt im Kosmos des Ben Forrester keine Nebenrolle.
Damit prägt er gitarristisch das Geschehen auf "Out In The Desert", da sich der Hauptprotagonist diesmal auf die Akustische beschränkt. Doch abgesehen von einem sporadisch passend genau eingesetzten, flehentlichen Signatur-Sehnsuchtston, kann Ben Forrester trotz der Lobeshymnen des geschätzten Kollegen Brookes nicht verhehlen, dass ihm bei der Annäherung in die Liga seiner Vorbilder noch ein weiter Weg bevorsteht.

Dieser Weg ist auch bei der Gesangsperformance von T.G. Copperfield noch ein weiter, die zwar jederzeit angenehm und unaufgeregt ausfällt, aber wie bei seinem Kompagnon an der Elektrischen einfach Druck und facettenreichen Ausdruck vermissen lässt.
Überhaupt waltet hier eine imaginäre angezogene Handbremse. Alles versprüht zwar den süßen Duft gehobener Handwerkskunst, Rhythmussektion und stimmig eingebaute Tastenelemente sind ohne Fehl und Tadel, aber letzten Endes ist das Malen nach Zahlen, sehr gefällig, solide, mit Potential, aber irgendwie zahnlos, ohne große Ecken und Kanten.
Doch immerhin schließt sich zu eher in Moll gehaltenen Klängen thematisch der Kreis, wenn auf den Start mit "Born To Die" schlüssiger Weise die letzten

beiden Stücke des Albums bestimmt nicht zufällig mit "The End Of The World" und "Out In The Desert" betitelt sind.

Fazit:
»Herr Sohn« (16 Jahre alt), »was denkst Du, wenn Du dieses Album hörst?«
»Puh, Ü50-Mucke, amerikanisch, wtf … der kommt aus Regensburg?, Hintergrundmusik, mir würde es arg schwerfallen, hier länger die Augen offen zu halten.«
»Passt das Album denn zum Wetter?«
»Nicht staubig genug, zu sehr Komfortzone, schau Dir unseren Garten an … der ist im Arsch!«


Line-up T.G. Copperfield with Ben Forrester:

T.G. Copperfield (vocals, acoustic guitars)
Ben Forrester (electric guitars)
Michael Air Hofmann (drums, percussion, backing vocals)
Claus Bächer (keys)
Robert Hubi Hofmann (bass)

Tracklist "Out In The Desert":

  1. Born To Die (4:43)
  2. The Old Man On The Mountain (5:16)
  3. Jericho (4:52)
  4. Who Reigns The Wild Ones (5:02)
  5. Start To Run (4:30)
  6. Love Fool (4:05)
  7. Where Are You (4:17)
  8. Night Crawler (4:49)
  9. Sleeping In A Snakepit (4:19)
  10. The End Of The World (4:17)
  11. Out In The Desert (4:24)

Gesamtspielzeit: 50:34, Erscheinungsjahr: 2023

Über den Autor

Olaf 'Olli' Oetken

Beiträge im Archiv
Hauptgenres (Hard Rock, Southern Rock, Country Rock, AOR, Progressive Rock)

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