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Tarja / In The Raw- CD-Review

Tarja / In The Raw

Ein Name, ein (Marken-)Begriff. Denn dort, wo Tarja draufsteht, steckt in Wirklichkeit Tarja Turunen drin. Doch die ehemalige Nightwish-Sängerin, die der finnischen Band seit deren Gründung von 1996 bis 2005 ihre Stimme lieh, hat sich längst als Solokünstlerin etabliert und wird außerhalb ihres Landes nur noch als Tarja wahrgenommen.

Mit "In The Raw" legt die Sopranistin, Komponistin und Songwriterin bereits ihr siebentes Soloalbum vor. Es bietet eine Palette eingängiger Songs, die der  42-Jährigen auf den Leib geschrieben sind. Tarja revolutioniert den Symphonic Metal damit zwar nicht, was auch nicht zu erwarten war, die Stücke haben sich aber den Zusatz Metal redlich verdient und dies ist für die Wahrnehmung des Genres wichtig.

Das beginnt bereits mit dem Opener "Dead Promises". Druckvoller Metal mit der markanten Stimme der Sopranistin, die es immer wieder schafft, dadurch Gänsehauterlebnisse beim Hörer zu entfachen. An ihrer Seite singt auf diesem Track Björn Ove "Speed" Strid – ein in mehreren Bands und Projekten tätiger schwedischer Sänger. Zweifelsohne ein immer stärker zu beobachtender Trend der Szene, Gastsänger für eigene Vorhaben zu verpflichten.

Auch die folgenden Stücke wie "Goodbye Stranger" und "Tears In Rain" lassen sehr gut den Stil erkennen, wie Metal-Musik in Verbindung mit Tarjas Sopran-Lead-Gesang klingt.
"Railroads", mit einer mittleren Spiellänge (4:01) erhärtet den bereits beschriebenen Gänsehauteffekt. Ein zu Beginn schleppender Rhythmus wird umrahmt von Streichern. Tarjas klassische Stimme nimmt den Hörer mit, die Gitarren halten sich hier ausnahmsweise dezent im Hintergrund.
Das Liebeslied "You And I" (Eigentlich "For You And I") setzt in puncto Emotionalität noch eine Schippe drauf. Tarjas Stimme – einfach nur wunderschön.

Diesen sanften Klangteppich nimmt das längere Stück, "The Golden Chamber" (07:06), auf. Eine sphärische Reise, abermals umgeben von Streichern. Tarja holt alles aus ihrer Stimme, der Metal rückt für einen Moment in den Hintergrund. Dafür ist Zeit für große Gefühle. Man braucht sich nur darauf einzulassen.
Mystisch und geheimnisvoll geht es weiter mit "Spirits Of The Sea." Der Name ist hier Programm. Willkommen zurück, hören wir wieder mehr Gitarren im klassischen Gewand und lauschen abermals den sinnlichen Vocals.

Das anschließende "Silent Masquerade" ist ein starkes orchestrales Werk mit Gastsänger Tommy Karevik, seit 2012 die Stimme der US-amerikanischen Melodic Power Metal-Band Kamelot. Es ist ein Stück, welches das Genre Symphonic Metal in jeder Hinsicht treffend umreißt. Ein hinreißend schönes Duett.

Kurz vor dem finalen Abgesang lassen es Tarja und ihre Bandkollegen bei "Serene" noch einmal standesgemäß krachen, bevor "Shadow Play" den Reigen der zehn Titel beschließt. Das mit 7:23 Minuten längste Stück auf dem Album mit Chorgesängen und Orchesterbegleitung ist wahrlich ein Meistwerk des Symphonic Metal und damit ein Meilenstein, nicht nur in Tarjas Schaffen.

Fazit: Tarja hat Nightwish längst hinter sich gelassen: Musikalisch und gedanklich. Der Bandname wird aber mit ihr immer in Verbindung stehen. Denn Nightwish begründete mit ihr als Frontfrau dieses neue Genre. Die bis heute konsequente Weiterentwicklung hat ihr den Namen 'Queen Of Metal' eingebracht.

Ihre Aura wird vor allem auf den Bühnen lebendig und ist dort förmlich zum Greifen nah. Fans dürfen sich deshalb auf die anstehende Tour im Frühjahr 2020 freuen. Dann gibt sie in Deutschland im April acht Konzerte.
Mit dabei ist ihre international besetze  fünfköpfige Live-Band:  Dazu zählen neben dem argentinischen Gitarristen Julian Barrett der US-amerikanische Bassist Doug Wimbish, die beiden deutschen Musiker Christian Kretschmar (Keyboards) und Timm Schreiner (Schlagzeug) sowie am Cello Tarjas Landsmann Max Lilja, Gründungsmitglied bei Apocalyptica.

Was das Cover-Artwork betrifft, so setzt die CD Maßstäbe. Das in Gold gehaltene Album besticht nicht nur durch die Vielzahl der Fotos mit der bezaubernden Tarja, sondern vor allem durch die optisch ansprechende Gestaltung. Und es setzt ein Zeichen, welch wichtige Funktion doch die gute, alte CD in Zeiten endlos anmutender Downloads und von Streaming-Diensten besitzt, um den staunenden Hörer einfach nur glücklich zu stimmen.


Line-up Tarja:

Julian Barret (guitars)
Doug Wimbish (bass)
Christian Kretschmar (keys)
Timm Schreiner (drums)
Max Lilja (cello)

Tracklist "In The Raw":

  1. Dead Promises (05:52 )
  2. Goodbye Stranger (05:12)
  3. Tears In Rain (04:28)
  4. Railroads (04:01)
  5. You And I (04:08)
  6. The Golden Chamber (07:06)
  7. Spirits Of The Sea (06:56)
  8. Silent Masquerade (07:32)
  9. Serene (04:42)
  10. Shadow Play (07:23)

Gesamtspielzeit:  57:20, Erscheinungsjahr: 2019

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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