Wenn man ein Album einer aus den USA stammenden und persönlich vielleicht bisher nur vom Namen bekannten Punk Rock-Band in den Händen hält, weiß man vorher nie so ganz genau, was denn nun in dieser Wundertüte drin ist. Ist es tatsächlich Punk Rock oder doch eine dieser (für den Verfasser dieser Zeilen eher schwer verdaulichen) Mutationen wie Surf Punk oder Fun Punk?) Was solls, einfach mal rein in die Anlage damit und ab geht die Post. Sehr schnell wurde mir glücklicherweise im Fall von The Adolescents klar, dass diese Jungs keine Gefangenen machen. Gegründet wurde die Band bereits 1980, veröffentlichte im Folgejahr ihr gleichnamiges Debüt, bevor es wegen Umbesetzungen, Trennungen und weiteren Schwierigkeiten bis 1987 dauerte, bevor das zweite Werk "Brats In Battalions" erscheinen konnte. Nach "Balboa Fun Zone" (1988) war dann aber bereits erneut Feierabend und erst seit der ersten Hälfe der 2000er ist die Combo wieder fest zusammen.
Nach der letzten Scheibe "Cropduster" (2018) bat ihr Label die Band um ein Coveralbum. Ein Unternehmen, das sich fast zwei Jahre hinzog, da am 27. Juni 2018 unmittelbar im Anschluss mit dem Bassist Steve Soto das neben Frontmann Tony Reflex letzte Originalmitglied starb und erstmal alle Pläne zur Seite geschoben wurden. Mittlerweile liegt die Platte jedoch vor und The Adolescents machen darauf mächtig Alarm. Ausgewählt wurden ausschließlich Tracks, von denen die Band maßgeblich beeinflusst wurde. Und wie könnte man ein Punk-Album besser beginnen, als mit einer Nummer, die den Namen "Fuck You" (original von The Canadian Subhumans) trägt? Die Gitarren hauen ihre Riffs raus, die Rhythmus-Abteilung steht dem in nichts hinterher und Tony Reflex shoutet die Texte extrem angepisst und aggressiv ins Mikro.
Bei den insgesamt 15 Tracks gibt es nur eine Marschrichtung, nämlich in halsbrecherischer Geschwindigkeit nach vorne. Wobei die Musiker durchaus qualitativ hochwertig agieren und in fast jedem Stück gibt es trotz deren Kürze (15 Titel werden in 33 Minuten 'verballert') mindestens ein Gitarrensolo. Gecovert werden standardgemäß Songs anderer Punk Bands wie Muletrain ("Back Door"), The Dils ("I Hate The Rich"), Toxic Reasons ("God Bless America") oder Electric Frankenstein ("Not With You"), witzigerweise findet sich hier mit "I Got A Line On You" von Randy California bzw. dessen Band Spirit eine Nummer mit ganz anderem Hintergrund. Selbstverständlich wird auch diese mit doppelter Geschwindigkeit in Grund und Boden gerockt, wodurch sie immerhin auch nicht aus dem Rahmen fällt. Ansonsten wird stilecht über soziale Missstände geschimpft wie ein Rohrspatz und lautstark das Recht auf individuelle Persönlichkeitsentfaltung eingefordert, was dann auch sehr schön bei Songs wie "Class War", "I Like Drugs", "Fast, Fucked & Furious" oder "Not Going Back Home" nachvollziehbar ist.
The Adolescents haben mit "Russian Spider Dump" ein richtig gutes Punk Rock-Album abgeliefert. Zwar handelt es sich nicht um eigene Stücke, dafür wurden sie jedoch sehr powervoll und überzeugend eingespielt. Sogar so überzeugend, dass man beim Anhören Lust bekommt noch tiefer in der Bandgeschichte zu kramen und sich auch mal ältere Scheiben zu Gemüte zu führen.
Line-up The Adolescents:
Tony Reflex (lead & background vocals)
Dan Root (guitars, background vocals)
Mike Cambra (drums, background vocals)
Brad Logan (bass, background vocals)
Ian Taylor (guitars, background vocals)
With:
Steve Soto (guitar – #12)
Tracklist "Russian Spider Dump":
- Fuck You
- Lion’s Share
- Just Say Yes
- Class War
- Crayon World
- Dirty Bomb
- Pink Piece Of Peace
- Fast, Fucked & Furious
- God Bless America
- Home Is Where
- I Like Drugs
- I Got A Line On You
- Not Going Back Home
- Not With You
- Back Door
Gesamtspielzeit: 33:08, Erscheinungsjahr: 2020
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