Es gibt schon komische Zufälle im Leben… Gerade, als ich bestürzt die Nachricht über den Tod des ehemaligen Black Crowes-Keyboarders Eddie Harsch zu Kenntnis nehmen musste, flatterte dieses Crowes-Album, Ausschnitte eines Konzerts aus dem Jahr 1993 auf meinen Schreibtisch. Das mutet fast wie ein letzter Gruß aus dem Jenseits an, aber – um mal in der Realität zu bleiben – war das sehr wahrscheinlich tatsächlich einfach nur Zufall. Dennoch ein sehr trauriger Nebenaspekt zu diesem Review, hatte der Verfasser dieser Zeilen seinerzeit noch eines der letzten Konzerte des in Kanada geborenen Tastenartisten mit den Crowes beiwohnen dürfen.
Aber wie dem auch sei, The Black Crowes waren zum Zeitpunkt des mir nun hier vorliegenden Gigs ganz oben auf der Erfolgsleiter angekommen. Das zweite Album "The Southern Harmony And Musical Companion" war auf Platz 1 der Billboard Charts geklettert und machte die Band somit zu absoluten Superstars. Somit hatte die Gruppe neben diversen Single-Hits jede Menge bärenstarker Songs in der Hinterhand und diese Karte spielte das Sextett dann auch gekonnt aus. Dabei ging es Schlag auf Schlag: Angefangen mit dem coolen "No Speak No Slave" über das mitreißende "Sting Me" bis hin zu dem deutlich bluesigeren "Thorn In My Pride" wird hier so ziemlich alles abgeräumt, was es zu holen gibt.
Die Crowes hatten nicht allzu lange davor bereits in derselben Location in Houston gespielt und während der Show gab es ziemlichen Ärger mit der Security, da sich ein Chris Robinson nur äußerst selten den Mund verbieten lässt, wenn ihm etwas nicht passt. In diesem Fall das Vorgehen der Security gegen die Fans. Bei dem mir nun vorliegenden Gig vom 6. Februar 1993 gab es ebenfalls Ärger, allerdings eher aufgrund von eindeutig uncoolem Verhalten einiger Konzertbesucher. Aber auch hier hielt sich der gute Chris nicht zurück und unterbrach sogar Songs, um die wenigen Chaoten in der Menge mit deutlichen Worten daran zu erinnern, worum es bei einem Rockkonzert eigentlich wirklich geht (»…wenn ihr euch mehr reinpfeift, als ihr vertragen könnt, dann geht einfach nach Hause und nicht allen anderen auf den Sack, die hier ein Konzert genießen wollen!«).
Dass der Frontmann nach dem Ende von "Thorn In My Pride" als nächste Nummer "Bad Luck Blue Eyes" ankündigt, es im direkten Anschluss aber mit "Twice As Hard" weitergeht, ist wohl dem begrenzten Fassungsvermögen einer CD geschuldet, die mit den zwölf vorhandenen Stücken und einer Laufzeit von über 79 Minuten schon extrem ausgereizt wurde. Die zwölf vorhandenen Titel lassen dafür aber nichts anbrennen und "Sometimes Salvation" mag dann auch einen kleinen Trost für den herausgeschnittenen Track darstellen. Dass die ursprünglich aus Atlanta, Georgia stammende Band sehr gerne jammt, ist schon lange kein Geheimnis mehr, wovon auf dieser CD vor allem das abschließende "Remedy" mit einer Laufzeit von knapp zwölf Minuten profitiert.
Der Rezensent hatte die Band im Jahr 1995 auf einem Open Air-Konzert bereits einmal gesehen, wo sie ihn allerdings nicht wirklich überzeugen konnte. Danach bekam ich im Jahr 2005 noch einmal die Chance, sie in einem kleinen Nest, in einem kleinen Club unter dem Decknamen Mr. Crowes Garden als Warm-up für die anstehende Reunion-Tour (drei Jahre war zuvor Funkstille gewesen) zu genießen. Also, 1995er Konzert erstmal ausblenden, neuer Anfang, neue Chance. Was mich dann bei diesem Gig erwartete, haute mich so dermaßen aus den Latschen, dass mir fast das Bier im Becher schal wurde… Direkt der erste Track war "My Morning Song" und obwohl mir das Stück damals gar nicht geläufig war, war ich wie vom Schlag getroffen.
Diese Nummer ist glücklicherweise auch auf der vorliegenden CD vertreten und nimmt für mich eine Sonderstellung im Backkatalog der Band ein. Diese unglaubliche Power, dieses Arrangement bzw. Dramatik ist kaum schlagbar. Zumindest, wenn die Band einen guten Abend hat – und den hatte sie an diesem Wintertag des Jahres 1993 zweifelsohne. Müßig zu erwähnen, dass deshalb auch Titel wie "Jealous Again", "Black Moon Creeping", "Hotel Illness" oder "Thick’n’Thin" erst gar nichts anbrennen lassen.
Die vorliegenden Aufnahmen entstammen einer Radio-Übertragung und liegen daher qualitatsmäßig auf sehr hohem Niveau. Die einzige Nerverei stellt die Tatsache dar, dass zwischen den Tracks immer wieder diese halbe Sekunde des Ausklickens liegt, die Geschichte also nicht sauber und ohne Unterbrechung durchläuft. Davon abgesehen bekommt hier jeder Interessierte knapp achtzig Minuten allerfeinsten Rock auf die Ohren, gespielt von den Black Crowes, einer der besten und aufregendsten Rockbands der letzten 25 Jahre. Bleibt zu hoffen, dass sich die Combo bzw. vor allem die beiden Brüder Robinson doch noch einmal zusammenraufen und es vielleicht zu einer Fortsetzung der Bandgeschichte kommt.
Line-up The Black Crowes:
Chris Robinson (lead vocals)
Rich Robinson (guitars, background vocals)
Marc Ford (guitars, background vocals)
Eddie Harsch (keyboards)
Johnny Colt (bass, background vocals)
Steve Gorham (drums)
Tracklist "A Texan Tornado":
- No Speak No Slave
- Sting Me
- My Morning Song
- Thorn In My Pride
- Twice As Hard
- Black Moon Creeping
- Thick’n’Thin
- Hotel Illness
- Stare It Cold
- Sometimes Salvation
- Jealous Again
- Remedy
Gesamtspielzeit: 79:09, Erscheinungsjahr: 2015/2016 (1993)
2 Kommentare
Markus
19. November 2016 um 17:09 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Danke für den Bericht, die Aufnahmen kursieren aber seit vielen Jahren in gleicher Qualität und komplett im Internet. Meiner Meinung nach ist diese CD wieder nur Abzocke…
Guenter Lotz
18. November 2016 um 17:06 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Da kann ich nur zustimmen, gute CD-Beschreibung! Habe das Teil vor kurzem günstig erwerben können.